Pfad der Seelen
Wand. Auf anderen Regalen gab es scharfe Seife. Ich schrubbte mich sauber, zog das Hemd wieder an, das Kit mir gegeben hatte, und säuberte im Wasser meine Stiefel. Da ich es nicht ertragen konnte, meine stinkenden Unterkleider wieder anzuziehen, knüllte ich sie zusammen, ließ sie in einer Ecke zurück und ging ohne Unterwäsche hinaus. Ich konnte auch nichts für meine dreckigen Hosen tun, aber das Hemd ging mir bis zu den Hüften und verbarg das meiste davon. Da ich keinen Kamm hatte, fuhr ich mir immer wieder mit den Fingern durchs nasse Haar, bis es nicht mehr so wirr war.
Kit wartete im Hof, er hatte sich umgezogen. Diesmal trug er keine Reitkleider, sondern ein Gewand aus grünem Samt, eine weiße Seidenhose und grüne Schuhe. Sein dunkles Haar glänzte, und im rechten Ohr hing ein silberner Ohrring. Ich sah, dass er trotz seiner geringen Größe ansehnlich war: ein stämmiger kleiner Mann.
Er ließ den Blick über mich gleiten und seufzte. » Ich nehme an, das wird genügen müssen. Komm.«
Weitere Höfe tauchten auf, und meine Verblüffung wuchs, bis ich schließlich dachte, meine Augen und mein Gehirn könnten nichts mehr aufnehmen.
Jeder Hof war üppiger als der vorhergehende. Weitläufig, ruhig und hell, mit Bäumen und spätsommerlichen Blumen, von Gebäuden aus bemaltem, grauem Stein umschlossen. Dann kamen Gebäude, die mit glattem, weißem Marmor verschalt waren. Schließlich Gebäude, an deren Wänden Mosaike aus Perlen und Quarz angebracht waren, allesamt in unaufdringlichen Elfenbein- und Beigetönen, allesamt mit unaufdringlichen Mustern, die sich veränderten, wenn das Licht sich darauf bewegte. Kleine Springbrunnen tauchten auf, aus denen sich Wasser in anmutigen, glitzernden Bögen ergoss. Alles war gedämpft, leise, von einer ausgeglichenen und anmutigen Schönheit, wie ich sie in der ganzen, weiten Welt noch nie gesehen hatte. Selbst die Leute, an denen wir vorübergingen, in edle grüne Gewänder gekleidet, bewegten sich mit einer stillen Anmut. Ein paar nickten Kit zu.
Kit sagte: » Mund zu, Roger.« Er schien immer angespannter zu werden, je näher wir an unser Ziel gelangten, wie auch immer das aussehen mochte.
Ich wünschte mir beinahe, ich wäre wieder bei Hartah und Tante Jo und würde von unserem Wagen durchgeschüttelt werden. Dies war alles so seltsam, so anders. Ich würde nie hierhergehören.
Kit sagte: » Hier lasse ich dich allein. Die Unterkünfte der Hofdamen von Königin Caroline sind dort drüben, durch dieses Tor. Zeig der Wache dein Empfehlungsschreiben. Ich muss das Wrack der Frances Ormund dem Amt für maritime Aufzeichnungen melden und die Neuigkeiten von dem gehängten überlebenden Strandräuber weiterleiten. Mögen ihre Seelen alle auf ewig brennen.«
Ich hätte ihm verraten können, dass dem nicht so war. Ich hätte ihm verraten können, dass die Strandräuber gemeinsam mit ihren Opfern am Strand und auf den Felsen saßen und die stille See betrachteten. Ich hätte ihm verraten können, dass sein Glaube, die Seelen würden brennen oder aber ins Paradies eingehen, weiter von der Wahrheit entfernt war, als der ländliche Glaube, sie würden in ihrem eigenen Reich weiterexistieren. Ich verriet ihm nichts.
» Was für ein Pech, dass es mich treffen musste«, sagte Kit düster. » Nie ist ein blauer Kurier zur Hand, wenn man einen braucht.«
Dies war sein einziger Hinweis auf die seltsame Lage, die meines Wissens bei Hofe herrschte. Kit Beale ging fort. Mit dem Brief der Witwe Conyers in meiner verschwitzten Hand begab ich mich zur gelangweilten Wache, um mich mit der mir nicht bekannten Emma Cartwright zu treffen, in deren Händen mein Schicksal lag.
Sie war deutlich älter als die Witwe Conyers, stämmig und runzlig, genauso eindeutig zur Dienerin geboren, wie die andere zur Herrin geboren war. Emma Cartwright trug ein einfaches Kleid in einem gedämpften Grünton, ihr Haar war zu ordentlichen grauen Zöpfen geflochten, die um ihren Kopf lagen. Aber ihr Blick war stechend. » Hast du diesen Brief gelesen, Junge?«
» Ich kann nicht lesen, Herrin.«
» Ah ja. Und die Witwe Conyers glaubt, dass du in der höfischen Wäscherei arbeiten könntest.«
» Ja.«
» Ein Junge. Als Wäscherin.«
Ich sagte nichts, was hätte ich auch sagen können? Hätte ich mich hinknien sollen? Kit hatte mich ausgelacht, weil ich versucht hatte, vor ihm zu knien. Mein Unwissen beschämte mich.
Wir standen in einer kleinen Kammer mit einem Wandbehang, der Adlige bei der Jagd
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