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Pfad der Seelen

Pfad der Seelen

Titel: Pfad der Seelen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anna Kendall
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es falsch verstanden?
    Das hatte ich nicht. Weitere Paare aus Höflingen und Hofdamen bildeten sich, die sich gegenüber an kleine Tische setzten, die Würfel zwischen sich. Diejenigen, die nicht spielen wollten oder vielleicht übrig geblieben waren, umringten die Spieler, von aufgeregtem Neid erfüllt.
    Lady Cecilia stand mitten im Raum, ihr Gesichtsausdruck angespannt, aber ansonsten nicht zu deuten. Sie war niemand, der sich zu den Zuschauern gesellte und von irgendeiner Unterhaltung ausgeschlossen wurde, die sich anbot.
    Plötzliche Eifersucht durchfuhr mich wie ein Sturm. Wenn sie mit einem jener jungen Lords um ihre Keuschheit wettete, wenn sie verlor, wenn sie mit ihm in irgendeiner abgeschiedenen Kammer verschwand … ich konnte nicht mehr atmen. Auf einmal konnte ich wieder Hartahs Messer in meiner Hand spüren, das in sein Fleisch glitt, und ich wusste, dass ich das jedem Mann antun konnte, der mit Cecilia um ihren anmutigen und unberührten Körper wettete. Dumm, unvernünftig, irr … wer war ich, dass ich solche Gedanken hegte? Und dennoch durchdrangen sie mich.
    Ein hübscher, unbedeutender Höfling, Lord Dillingham, ging auf Cecilia zu. Sein Schwert glänzte an der Hüfte. Er grinste sie an, aber sie ging dieses eine Mal nicht auf die Tändelei ein. Statt dessen eilte sie vor und packte mich an beiden Händen. » Roger! Ich werde mit dir wetten! Um eine Silbermünze, auf die das Bild Ihrer Gnaden geprägt ist! Komm!«
    Jane Sedley, die gegenüber von Lord Thomas saß, blickte auf und lachte verächtlich in sich hinein. Aber ehe ich mich’s versah, saßen Lady Cecilia und ich schon an einem der kleinen Tische, und Leute versammelten sich um uns, um sich diese neue Belustigung anzuschauen. Eine Hofdame der Königin, die mit dem gelbgesichtigen Narren der Königin wettete!
    Aber Cecilia saß mir still gegenüber, mit einem Mal so ruhig wie Lady Margaret selbst, und legte eine Silbermünze auf den Tisch. » Wir werden um fünfzig Punkte spielen«, sagte sie. Das war eine unglaublich hohe Zahl; ein einziges Spiel würde die ganze Nacht dauern. Wir fingen an, und sie blieb ruhig, redete kaum, ihr Blick löste sich nie von den Würfeln. Nach einer Weile wanderten die Zuschauer enttäuscht zu anderen Tischen weiter. Keine Tändeleien, keine schlüpfrigen Scherze, kein verbotenes Übertreten der Standesgrenzen. Wir waren zu öde.
    Verwirrt würfelte ich und zählte die Punkte, wie man es mir aufgetragen hatte. Was tat Cecilia? War sie im Geheimen genauso entsetzt von der Zügellosigkeit der jungen Hofdamen und Höflinge und hatte daher diesen Weg gewählt, um ihre Keuschheit zu erhalten? Aber sicher hätte sie einfach nur verkünden können, dass sie lieber nicht spielen wollte, oder sich sogar für die Nacht zurückziehen? Das hatte außer Lady Margaret noch eine weitere Hofdame getan. Was ging hier eigentlich vor?
    Wir spielten weiter. Cecilia sah mich niemals an. Schließlich drang von einem der anderen Tische großes Geschrei herüber; jemand hatte gewonnen. Oder verloren. Im Lärm des Geplappers, das darauf folgte, neigte Cecilia den Kopf über die Würfel und sagte: » Roger, bist du mein Freund?«
    Wie sollte ich das beantworten? Eine Hofdame konnte nicht mit dem Narren der Königin befreundet sein. Aber ich ließ mein Herz antworten.
    » Ja, meine Lady.«
    » Und Freunde tun sich gegenseitig Gefallen, richtig?«
    » Ja.« In meinem Magen breitete sich Eiseskälte aus.
    » Ich erwarte einen Gefallen von dir, Roger.«
    » Ich muss mich für die Königin bereithalten …«
    » Nicht immer. Im Augenblick nicht. Bitte … bitte. Es ist sehr wichtig.«
    Sie hob den Kopf, und ich sah, dass Tränen in ihren grünen Augen schimmerten. Tränen und Angst. Ich wäre überall hingegangen, hätte alles getan, um diesen Ausdruck von ihrem hübschen Gesicht zu tilgen.
    » Geh durch das Küchentor, dort kennst du dich ja aus. Die Königin hat dich doch in jener Nacht in der Küche gefunden?« Irgendeine verborgene Erinnerung ließ sie das Gesicht vor Kummer verziehen. » Geh in die Stadt. Frag dich zu Mutter Chilton durch, es ist nicht weit. Sag ihr, dass du einen › Jungferntrunk‹ brauchst. Und du musst maskiert gehen, und in gewöhnlicher Kleidung.«
    Von den ganzen Anweisungen wurde mir schwindlig. Das Einzige, was ich hervorbrachte, war: » Was ist ein › Jungferntrunk‹?«
    » Das braucht dich nicht zu kümmern. Es ist nur etwas, das ich brauche. Oh, Roger, lass mich jetzt nicht im Stich!«
    » Aber Ihr habt

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