Pfad des Tigers - Eine unsterbliche Liebe: Roman (German Edition)
ist für uns wie eine Schwester! Du hattest nie solche Gefühle für sie!«
»Ihre Gegenwart ist angenehm«, erwiderte Ren sanft. »Sie hat keine großen braunen Augen, die mich gekränkt und voller Verzweiflung anschauen.«
Beide Brüder schwiegen eine Weile. Ich hatte mir fest auf die Lippe gebissen und schmeckte Blut, aber der Schmerz berührte mich nicht.
Kishan redete nun eindringlich auf Ren ein. »Kelsey ist alles , was sich ein Mann nur wünschen kann. Sie passt perfekt zu dir. Sie liebt Poesie und lauscht dir stundenlang, wenn du singst oder Gitarre spielst. Sie hat schon mehrmals ihr Leben riskiert, um dir das räudige Fell zu retten. Sie ist wunderbar und liebevoll und warmherzig und schön und würde dich restlos glücklich machen.«
Es folgte eine lange Pause. Dann hörte ich Ren ungläubig sagen: » Du liebst sie.«
Kishan zögerte mit einer Antwort, aber dann sagte er leise, für mich kaum vernehmbar: »Jedem Mann, der klar bei Verstand ist, würde es so ergehen, was bedeutet, dass du nicht alle Tassen im Schrank hast.«
»Vielleicht war ich ihr dankbar«, sagte Ren nachdenklich, »was sie zu der Annahme verleitet hat, dass ich sie liebe, doch diese Gefühle sind Vergangenheit.«
»Glaube mir, Dankbarkeit war sicherlich nicht das Gefühl, das du für sie empfunden hast. Du hast dich monatelang nach ihr verzehrt. Du bist verzweifelt in deinem Zimmer auf und ab geschritten, bis der Teppich ein Loch hatte. In Tausenden von Liebesgedichten hast du dich über ihre Schönheit ausgelassen und wie unglücklich du ohne sie bist. Wenn du mir nicht glaubst, geh hoch in dein Zimmer und lies sie.«
»Ich habe sie gelesen.«
»Was ist dann dein Problem? Ich habe dich während deines ganzen armseligen Daseins nie glücklicher gesehen als in der Zeit, in der du mit ihr zusammen warst. Und deine Gefühle waren echt.«
»Ich weiß es nicht! Vielleicht ist die Folter schuld. Vielleicht hat mir Lokesh etwas in den Kopf gepflanzt, das sie mir für immer unerträglich gemacht hat. Sobald ich ihren Namen oder ihre Stimme höre, zucke ich zusammen. Ich erwarte dann Schmerz. Ich will das nicht. Das ist ihr und mir gegenüber unfair. Sie verdient nicht, dass man sie anlügt. Selbst wenn ich lernen könnte, sie wieder zu lieben, ist da immer noch die Folter, die ich nicht ausblenden kann. Jedes Mal, wenn ich sie ansehe, sehe ich Lokesh vor mir, der mich ausfragt, immer ausfragt. Mir schreckliche Qualen zufügt, und alles wegen eines Mädchens, das ich nicht kenne. Das ist zu viel verlangt, Kishan.«
»Dann … verdienst du sie nicht.«
Langes Schweigen folgte.
»Nein, vermutlich hast du recht.«
Ich biss mir in die Hand, um ein Schluchzen zu unterdrücken, doch sie hörten mich trotzdem.
»Kells?«, rief Kishan.
Ich rannte die Treppe hinauf.
»Kells! Warte!«
Kishan folgte mir, und ich hastete, so schnell mich meine Beine trugen, die Stufen hinauf. Wenn ich mich nicht beeilte, würde mich einer von ihnen erwischen. Ich schlug die Tür zur Waschküche hinter mir zu, nahm die andere Treppe, rannte in mein Bad und sperrte die Tür ab. Ich kletterte in die trockene Badewanne und zog die Knie an die Brust. Ein Klopfgewitter brach über die Tür herein – erst laut und eindringlich, dann leiser, kaum hörbar. Sie schienen sich alle abzuwechseln. Selbst Ren. Irgendwann ließen sie mich in Ruhe.
Verzweifelt presste ich die Hand auf mein Herz. Das Band zwischen uns war durchschnitten. Der wunderschöne Tigerlilien-Strauß, den ich seit Rens Verschwinden gehegt und gepflegt hatte, war vertrocknet. Mein Herz war von einer gnadenlosen Dürre heimgesucht. Eine weiche, wohlriechende Blüte nach der anderen war verwelkt und abgefallen.
Kein Flehen und Bitten, kein Zurückschneiden und Wässern könnten sie retten. Die Stiele waren verkümmert, die Blütenblätter verdorrt, zu Staub zerfallen und vom steifen, heißen Wind weggeweht. Übrig waren nur ein paar braune Stümpfe – ein trauriges Andenken an ein ehemals kostbares und wertvolles Blumengesteck.
Tief in der Nacht schlüpfte ich aus meinem Zimmer, zog meine Sneakers an und schnappte mir die Schlüssel zu meinem neuen Auto. Unbemerkt schlich ich aus dem Haus und glitt in den weichen Ledersitz. Mit geöffnetem Verdeck schoss ich die Straße hinab und fuhr weiter, bis ich auf einem Hügel einen wunderbaren Aussichtspunkt mit Blick auf das bewaldete, sich bis zum Horizont erstreckende Tal fand. Ich klappte den Sitz zurück und blickte zum Himmel empor.
Mein Dad hatte
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