Pfad des Tigers - Eine unsterbliche Liebe: Roman (German Edition)
Wände eingelassene Steine zu glühen. Je länger die Fledermäuse lärmten, desto heller wurde das Licht. Als die Fledermäuse schließlich verstummten, war die Höhle hell erleuchtet.
»Diiiese Liiiichter weeerden verglüüühen, weeenn seiiine Zeiiit um iiiist. Eeeer mussss diiir vorheeer heeelfen. Eeer muuussss beiiiide Teiiile nuuutzen, Meeensch uuuund Tiiiger. Saaag eeees iiiihm.«
»Okay«, meinte ich, bevor ich mich brüllend an Kishan wandte: »Die Fledermäuse sagen, dass du beide Hälften von dir benutzen musst, um zu mir zu kommen, bevor das Licht verloschen ist. Sie sagen, du musst den Tiger in dir annehmen.«
Nun da es taghell war, war das Ausmaß der Gefahren deutlich zu erkennen. Eine Abfolge von Stalagmiten mit abgeflachten Spitzen erhob sich aus dem Boden der Höhle. Sie waren zu weit voneinander entfernt, als dass ein Mensch sie erreichen konnte, einem Tiger hingegen könnte es gelingen.
Kishan richtete den Blick nach oben und warf die Chakram in die Luft. Während die Waffe in die Höhe schnellte, verwandelte er sich in den schwarzen Tiger und machte einen gewaltigen Satz. Und das blitzschnell. Ich hielt den Atem an, als er schnell von einer dünnen Holzformation zur nächsten sprang, ohne auch nur ein einziges Mal innezuhalten. Entsetzt keuchte ich auf, da jeder Sprung seinen Tod bedeuten konnte. Als er den letzten Stalagmiten erreichte, schoss er ein wenig zu weit über das Ziel, krallte sich mit den Tatzen am fauligen Holz fest und schlang den Schwanz darum, um das Gleichgewicht zu halten.
Er verwandelte sich in einen Menschen, fing die Chakram auf und schleuderte sie wieder hoch. Der Absatz war winzig, kaum groß genug für seine Füße. Kein anderer Stalagmit war von dort zu erreichen. Nichts war nahe genug, selbst für einen Tiger. Kishan sah sich einen kurzen Moment um, durchdachte seinen nächsten Zug. Die Fledermäuse blinzelten träge und beobachteten ihn dann mit weit aufgerissenen Augen, während sie kopfüber herabhingen. Das Licht wurde schwächer, und je dunkler es wurde, desto gefährlicher war Kishans Kletterpartie.
Ich wusste, dass er im Dunkeln besser sah als ich, aber der Weg war trotzdem unglaublich tückisch. Er schien eine Entscheidung getroffen zu haben, ging in die Hocke, verwandelte sich in den schwarzen Tiger und machte einen riesigen Satz. Da war nichts, worauf er hätte landen können.
»Kishan! Nein!«, schrie ich.
Mitten im Sprung verwandelte er sich in einen Menschen zurück und fiel. Erschrocken rutschte ich auf dem Bauch vor, um über den Rand meines kleinen Vorsprungs zu spähen – und atmete erleichtert auf, als ich ihn an einer langen Liane baumeln sah. Langsam hangelte er sich hoch, aber er war immer noch weit entfernt. Er fing die Chakram auf, hielt die gefährliche Waffe mit den Zähnen und schwang vor und zurück, bis er einen herausstehenden Ast zu fassen bekam. Er kletterte höher und ruhte sich eine Minute auf einem winzigen Absatz aus. Nachdem er seine Situation genau erfasst hatte, schnappte er sich eine neue Rebe, sprang und holte wieder Schwung.
Kishan vollführte eine Reihe komplizierter akrobatischer Stunts. Mindestens dreimal verwandelte er sich in einen Tiger und wieder zurück. An einer Stelle schleuderte er die Chakram , die durch die Höhle sauste, eine Liane durchschnitt und zurück zu seiner Tigertatze flog, die in letzter Sekunde zur Hand wurde und die Waffe auffing. Die Chakram wieder im Mund schwang er unterhalb von mir durch die Höhle und stieß sich auf der anderen Seite ab, schnappte sich das obere Stück der Rebe, die er vorhin zerschnitten hatte, und vollendete seine zirkusreife Nummer. Als er auf mich zuflog, erkannte ich erschrocken, dass die Liane nicht lang genug war und er mehrere Meter vor meinem Vorsprung in die Tiefe stürzen würde.
Am liebsten hätte ich die Augen geschlossen, aber ich fühlte mich verpflichtet, sie offen zu halten, riskierte Kishan doch für mich sein Leben. Kishan schwang zurück und drückte sich erneut ab. Als seine Füße diesmal die Wand berührten, schleuderte er die Chakram ein weiteres Mal in die Höhe, packte die Liane mit den Zähnen, verwandelte sich rasch in den schwarzen Tiger und stieß sich mit seinen kräftigen Hinterpfoten ab. Dann wurde er wieder zum Menschen, flog so hoch, wie die Liane ihn trug und ließ dann los. In einer geschickten Drehung mitten in der Luft verwandelte er sich in den Tiger zurück. Sein gestreifter schwarzer Körper streckte sich mit aller Gewalt zu
Weitere Kostenlose Bücher