Pfad des Tigers - Eine unsterbliche Liebe: Roman (German Edition)
besonders viel Schlaf bekommen.
Im Stillen dankte ich Ren, dass er mich vor den Baumnymphen oder männlichen Sirenen oder was auch immer sie waren, gerettet hatte. Völlig erschöpft rollte ich mich im Schlafsack zusammen und schlief ein. Irgendwann mitten in der Nacht stupste mich Kishan an.
»Hi.«
Gähnend stützte ich mich auf einen Ellbogen. »Kishan? Das hat aber lange gedauert.«
»Ja. Es war nicht einfach, die Frauen da drinnen abzuschütteln.«
»Ich weiß, was du meinst. Ich musste die Kerle mit Pfeil und Bogen bedrohen, bis sie mich endlich in Ruhe gelassen haben. Im Grunde bin ich überrascht, dass du überhaupt rausgekommen bist. Wie hast du dich ihrem Bann entziehen können?«
»Besprechen wir später. Ich bin müde, Kells.«
»Okay. Hier, nimm meine Steppdecke. Ich würde dir anbieten, dass du in den Schlafsack schlüpfst, aber für heute habe ich genug von Männern.«
»Das kann ich nachvollziehen. Danke. Gute Nacht, Kells.«
Nachdem wir aufgewacht waren, gegessen und gepackt hatten, setzten wir unseren Weg den Weltenbaum hinauf fort. Helles Licht blitzte weiter vorne auf. Ein Loch im Stamm brachte uns ins Freie. Der warme Sonnenschein war eine angenehme Abwechslung, aber die Stufen lagen nun völlig frei. Ich klammerte mich am Baumstamm fest, darauf bedacht, unter keinen Umständen nach unten zu schauen.
Kishan wiederum war fasziniert von der schwindelerregenden Höhe, in der wir uns befanden. Trotz seiner Super-Tiger-Augen konnte er den Erdboden nicht sehen. Riesige Äste wuchsen aus dem Baum. Sie waren so breit, dass zwei Menschen problemlos würden darauf nebeneinander hergehen können. Ab und an erkundete Kishan einen der Äste, lief ein Stück auf und ab, während ich mich keinen Zentimeter vom Stamm wegbewegte.
Nachdem wir mehrere Stunden in unserem langsamen Tempo weitergewandert waren, blieb ich vor einem dunklen Loch stehen, das zurück in den Baumstamm führte. Ich wartete, bis Kishan von seiner jüngsten Entdeckungstour zurückgekehrt war, damit wir gemeinsam durch die Öffnung gehen konnten. Dieser Teil des Stamms war dunkler und feucht. Wasser rieselte und tröpfelte leise von irgendwo über unseren Köpfen herab. Die Wände waren nicht mehr glatt und weich, sondern gesplittert und rau, und ließen unsere Stimmen widerhallen. Der Baum schien an dieser Stelle bis tief ins Innere ausgehöhlt zu sein.
»Dieser Teil des Baums fühlt sich abgestorben an, als wäre er krank«, sagte ich.
»Ja. Das Holz unter unseren Füßen ist faulig. Bleib, so nah du kannst, beim Stamm.«
Ein paar Minuten vergingen, bevor die Treppe genau unter einem schwarzen Loch aufhörte, das gerade einmal groß genug war um hindurchzuklettern.
»Es gibt keinen anderen Weg. Sollen wir es versuchen?«
»Es wird ganz schön eng.«
»Dann lass mich zuerst gehen«, schlug ich vor. »Wenn der Gang weiter vorne versperrt ist, musst du dich überhaupt nicht durchzwängen. Dann komme ich einfach zurück, und wir überlegen uns eine andere Lösung.«
Er stimmte zu und tauschte die Taschenlampe gegen den Rucksack. Anschließend stemmte Kishan mich hoch, und ich quetschte mich ins Loch und kroch auf Händen und Füßen weiter, bis der Gang schmaler und höher wurde. Nun konnte ich mich nur noch weiterbewegen, indem ich mich seitlich stehend nach vorne schob. Dann wurde der Gang wieder niedriger, und ich sank auf die Knie.
Der Gang fühlte sich wie versteinerter Fels an. Ein riesiger Stalaktit hing herab, versperrte die obere Hälfte des Durchgangs. Ich legte mich auf den Bauch und schlängelte mich hindurch. Auf der anderen Seite öffnete sich der Gang zu einer riesigen Höhle. Es kam mir vor, als wäre ich unendlich weit gegangen, wo ich wahrscheinlich nur zehn Meter hinter mich gelegt hatte. Für Kishan würde der enge Gang zum Spießrutenlauf werden. Falls er es denn überhaupt hindurchschaffte, würde es sehr knapp werden.
»Versuch dein Glück«, rief ich ihm zu.
Während ich auf ihn wartete, tastete ich mich über den Boden vor, der weich wie ein Schwamm war. Wahrscheinlich verfaultes Holz. Die Wände waren mit etwas überzogen, das wie verkrusteter brauner Senf aussah. Über mir hörte ich das Flattern eines Vogels und leises Kreischen. Dort oben ist wohl ein Nest. Das Geräusch hallte von den Wänden wider, wurde zunehmend lauter und heftiger.
»Äh, Kishan? Beeil dich!«
Besorgt hielt ich meine Taschenlampe hoch. Ich sah nichts, aber die Luft bewegte sich. Es schien, als würde ein ganzer Schwarm
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