Pfand der Leidenschaft
ihm aufstieg, seinen Feind niederzuschlagen – während alles von dem Wunsch überschattet wurde, das Richtige für seine Familie zu tun.
»Außerdem«, sagte Cam, »würde sich der Gadjo wieder an Amelia heranmachen, falls ich sie nicht heirate. Und Ihr wisst, dass ich das kleinere Übel bin.«
Merripens Augen wurden zu Schlitzen. »Frost hat ihr das Herz gebrochen. Ihr habt ihr die Unschuld geraubt. Was soll daran besser sein?«
»Ich werde sie nicht verlassen. Und im Unterschied zu den Gadjos sind die Roma ihren Frauen treu.« Cam machte eine Pause und zählte innerlich bis fünf, bevor er nachdrücklich hinzusetzte: » Ihr wisst das womöglich sogar besser als ich.«
Merripen ließ den wutentbrannten Blick zu einem Punkt in der Ferne wandern. »Wenn Ihr Amelia irgendein Leid zufügen solltet«, sagte er schließlich, »werde ich Euch umbringen.«
»Meinetwegen.«
»Vielleicht töte ich Euch sowieso.«
Cam lächelte nachsichtig. »Ihr wärt überrascht, wie viele Menschen mir das bereits angedroht haben.«
»Nein«, erwiderte Merripen, »das wäre ich nicht.«
Amelia wartete nervös an der Tür zu Cams Schlafgemach. Aus dem Zimmer drangen Geräusche zu ihr heraus: laute Schritte, das Öffnen und Schließen
von Schubladen, Gegenstände, die bewegt wurden. Er traf wohl die letzten Vorbereitungen für seine Reise nach London, dachte sie.
Die Bewohner und Gäste von Stony Cross Manor hatten vorsichtshalber die Terrasse verlassen, bevor Cam und Merripen zurückgekehrt waren. Amelia hatte Merripen vor seinem Zimmer abpassen wollen, doch er war mit einem mürrischen Gesichtsausdruck an ihr vorbeigehastet, der sich bei ihrem Anblick nur noch weiter verfinstert hatte. Sie hatte den Mund geöffnet, um ihn etwas zu fragen, sich zu entschuldigen, gleich was, doch er hatte sie mit einer jähen Geste zum Schweigen gebracht. »Deine Wahl«, hatte er gemurmelt. »Aber sie betrifft uns alle. Vergiss das nicht.« Mit diesen Worten hatte er ihr die Tür vor der Nase zugeschlagen.
Nachdem sich Amelia versichert hatte, dass sie unbeobachtet war, klopfte sie zart an Cams Tür und schlüpfte ins Zimmer.
Cam legte gerade einen fein säuberlich gefalteten Berg Kleidung in eine Truhe am Fußende des Bettes. Er sah zu Amelia hoch, wobei ihm das seidig schimmernde Haar ins Gesicht fiel. Seine Haut glich poliertem Palisanderholz. Cam war unbeschreiblich schön, eindrucksvoll und männlich.
Amelias Stimme klang belegt, ihre Kehle war wie zugeschnürt. »Ich hatte schon Angst, Merripen hätte dich in Stücke gerissen.«
Cam trat vom Bett weg und kam auf sie zu. »Alles noch ganz.«
Als Amelia den schlanken, faszinierenden Umriss seines Körpers sah, stieg ihre Körpertemperatur sprunghaft an. Sie drehte sich zur Seite und redete
hastig: »Ich habe über alles nachgedacht, was du mir vorhin gesagt habt. Aber zuerst möchte ich betonen, dass es nichts mit deinen Vorzügen zu tun hat, die beträchtlich sind. Es ist nur …«
»Meinen Vorzügen?«
»Ja. Deiner Intelligenz. Deinem guten Aussehen.«
»Oh.«
Verwundert, warum seine Stimme so sonderbar klang, wagte Amelia einen fragenden Blick in seine Richtung. Was hatte sie gesagt, das ihn derart belustigte? »Hörst du mir überhaupt zu?«
»Glaub mir, wenn meine Vorzüge besprochen werden, höre ich immer gebannt zu. Fahr fort!«
Sie runzelte die Stirn. »Cam, obwohl mir dein Antrag sehr schmeichelt, und die gegenwärtige Situation so ist, wie sie nun einmal ist …«
»Komm zum Punkt, Amelia.« Seine Hände umfassten ihre Schultern. »Willst du mich heiraten?«
»Ich kann nicht«, erwiderte sie schwach. »Ich kann einfach nicht. Wir passen nicht zusammen. Es gibt keine größeren Gegensätze als uns. Du triffst lebensverändernde Entscheidungen im Bruchteil einer Sekunde, während ich ausgiebig über die Dinge nachdenke, mich dann zu etwas entschließe und dabei bleibe.«
»Gestern warst du allerdings spontan. Und du musst zugeben, dass es sich gelohnt hat.« Bei ihrem Gesichtsausdruck musste er lachen. »Ich entscheide nicht unüberlegt, Liebes. Ich weiß jedoch, wann etwas zu bedeutend ist, um es allein dem Verstand zu überlassen.«
»Und eine Ehe fällt unter diese Kategorie?«
»Natürlich.« Cam legte eine Hand auf ihre Brust,
genau auf ihr wild pochendes Herz. »Du musst es hier wissen.«
Amelias Brust schien bei seiner warmen Berührung beinahe zu explodieren. »Ich kenne dich erst seit ein paar Tagen. Wir sind immer noch Fremde. Ich kann nicht die Zukunft
Weitere Kostenlose Bücher