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Pfand der Leidenschaft

Titel: Pfand der Leidenschaft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lisa Kleypas
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immer sorgfältig rasiert, aber heute bemerkte sie, wie seine kurzen Bartstoppeln sanft ihre Hand kratzten. Am liebsten hätte sie ihn umarmt und wie einen kleinen Jungen an die Brust gezogen.
    »Kev … lass mich einen Blick auf deinen Rücken werfen.«
    Merripen bewegte sich selbst jetzt noch rasch und geschmeidig, und in seinem betäubten Zustand wirkte er geradezu aggressiv. Er hatte Win stets mit übertriebener Rücksicht behandelt, als würde sie sonst wie die reifen Samen des Löwenzahns davongetragen werden. Doch in diesem Moment, als er sie auf die Matratze drückte, war sein Griff hart und unnachgiebig.
    Schwer atmend starrte er sie mit glasigen, angriffslustigen Augen an. »Ich sagte, verschwinde aus meinen Träumen!«
    Sein Gesicht glich dem einer uralten Kriegsgottheit, war wunderschön und rachsüchtig, mit verzerrtem Mund und leicht geöffneten Lippen, so dass die Spitzen seiner weißen Zähne hervorblitzten.

    Win war bestürzt, erregt und ein klein wenig verängstigt … aber das dort war Merripen … und während sie ihn ansah, verging ihre Furcht. Sie zog seinen Kopf zu sich, und er küsste sie.
    Sie hatte immer angenommen, dass etwas Wildes und Ungebändigtes, etwas zügellos Grobes in ihm steckte. Aber seine Lippen waren weich und liebkosten ihren Mund wie warme Sonnenstrahlen oder ein süßer Sommerregen. Sie gab sich ihm voll Verwunderung hin, genoss das harte Gewicht in ihren Armen, während sich sein Körper an die zerknitterten Lagen ihrer unzähligen Unterröcke drängte. In diesem Aufruhr der Sinne vergaß Win die Welt um sich herum und schlang ihm die Arme um den Hals, bis er schmerzgepeinigt aufstöhnte, und sie den dicken Verband an ihren Fingerspitzen spürte.
    »Kev«, hauchte sie atemlos, »es tut mir so leid. Ich … nein, beweg dich nicht. Bleib ruhig liegen.« Sie glitt mit den Händen zärtlich an seinen Kopf und erbebte, als er ihren Hals mit Küssen bedeckte. Er schmiegte sich an das sanfte Heben ihrer Brust, drückte die Wange an ihr weiches Oberteil und seufzte genüsslich.
    Nach einer langen Minute, in der sich keiner der beiden rührte, flüsterte Win zögerlich: »Kev?«
    Ein leises Schnarchen kam als Antwort.
    Es war ihr erster Kuss, dachte Win enttäuscht, und Merripen war einfach eingeschlafen.
    Sie wand sich behutsam unter ihm hervor, stand auf, schlug die Decke zurück und griff nach seinem Hemd. Das Leinen schien an seinem Rücken zu kleben. Win zog den Saum so weit wie möglich hoch und hob vorsichtig eine Ecke des Verbands an. Der weiche
Baumwollmull haftete an der Wunde und roch stechend nach Honig. Beim Anblick der Wunde, die sich entzündet hatte und flammend rot war, schloss Win für einen Moment die Augen. Der Arzt hatte gesagt, dass sich ein Schorf bilden würde, aber die blutende, eitrige Kruste sah beunruhigend aus.
    Als Win auf einmal eine schwarze Tätowierung auf seinem Rücken bemerkte, runzelte sie neugierig die Stirn und schob das Hemd noch ein Stück höher. Was sie dann sah, ließ ihr den Atem stocken, und sie riss die Augen weit auf.
    Trotz Merripens prachtvollem Körper war er immer ein ausgesprochen zurückhaltender Mann gewesen. Die Familie hatte ihn aufgezogen, weil er sich strikt geweigert hatte, in Anwesenheit eines anderen ein Bad zu nehmen oder das Hemd selbst bei anstrengender Arbeit auszuziehen.
    War das der Grund?, fragte sich Win. Welche Bedeutung lag in dieser sonderbaren Zeichnung, und was mochte sie über seine Vergangenheit aussagen?
    »Kev«, murmelte Win verwirrt und fuhr das Muster auf seiner Schulter mit den Fingern nach. »Welche Geheimnisse verbirgst du?«

Neunzehntes Kapitel
    Am nächsten Morgen erfuhr Amelia von Poppy die unerfreuliche Nachricht, dass Leo nachts nicht in seinem Bett geschlafen hatte und nirgends zu finden war. Außerdem hatte sich Merripens Zustand verschlechtert.
    »Leo, Leo«, murrte Amelia, kroch aus dem Bett und schnappte sich ihren Morgenmantel und die Pantoffeln. »Er hat gestern schon am frühen Nachmittag mit dem Trinken angefangen und wahrscheinlich nicht aufgehört. Es interessiert mich nicht, wo er sich aufhält oder was ihm zugestoßen ist.«
    »Und wenn er aus dem Haus geschlichen ist und … über einen Baumstumpf gefallen ist? Sollten wir nicht die Gärtner oder ein paar Dienstboten bitten, nach ihm zu suchen?«
    »Großer Gott! Wie demütigend!« Amelia zog den Morgenrock an und knöpfte ihn hastig zu. »Mach ihnen aber eindringlich klar, dass die Suche keine Priorität hat. Ich will sie

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