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Pfand der Leidenschaft

Titel: Pfand der Leidenschaft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lisa Kleypas
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folgte ein bedrohliches Knurren, das nur von Merripen stammen konnte. Missmutig ging Win rasch den Korridor entlang. Im nächsten Moment verließ eine entrüstete Zofe Merripens Zimmer.
    »Das würde ich niemals tun!«, rief die Zofe mit hochrotem Kopf und vor Wut schnaubend. Dann wandte sie sich an Win: »Ich bin hineingegangen, um das Feuer zu schüren und etwas Holz nachzulegen – und dieser garstige Zigeuner hat mich angeschrien und eine Teetasse nach mir geworfen.«
    »Du meine Güte! Das tut mir leid. Ihr seid doch nicht verletzt, oder? Es war sicherlich nur ein Versehen …«
    »Nein, das war es nicht, aber er hat dennoch nicht getroffen«, sagte die Zofe mit einem Ausdruck tiefster Zufriedenheit. »Durch die Medizin ist er so benebelt
wie ein Besucher der Cable Street.« Das Dienstmädchen spielte auf eine Straße in London an, die für ihre Opiumhöllen bekannt war. »An Eurer Stelle würde ich da nicht hineingehen, Miss. Er reißt Euch in Stücke, noch bevor Ihr ein Wort an ihn richten könnt. Welch ein Tier!«
    Besorgt legte Win die Stirn in Falten. »Ja. Vielen Dank. Ich werde vorsichtig sein.« Drogen … Der Arzt musste ihm ein sehr starkes Schmerzmittel gegeben haben, um die Höllenqualen einer Verbrennung zu lindern. Wahrscheinlich war es mit einem opiathaltigem Sirup und Alkohol versetzt gewesen, und da Merripen nie Medizin einnahm und nur in Ausnahmefällen ein Glas Wein trank, reagierte sein Körper empfindlich auf ein solches Rauschmittel.
    Nachdem Win das Zimmer betreten hatte, schob sie mit dem Rücken die Tür zu und stellte das Tablett auf den Nachttisch. Beim Klang seiner Stimme zuckte sie zusammen.
    »Ich hab dir doch gesagt, dass du verschwinden sollst!«, fauchte er. »Du sollst verschwin…« Er verstummte, als er sah, wer gerade gekommen war.
    Nie zuvor hatte Win ihn in einem derartigen Zustand gesehen. Er schien benommen zu sein, sein Gesicht war gerötet, seine Augen huschten unruhig hin und her. Er lag auf der Seite, verkrampft und angespannt. Sein weißes Hemd war aufgeknöpft und gab den Blick auf einen dicken Verband und stahlharte, glänzende Muskeln preis.
    »Kev«, flüsterte sie sanft und sprach ihn bei seinem Vornamen an.
    Als Win am Scharlachfieber erkrankt war, hatte sie sich standhaft geweigert, ihre Medizin zu nehmen.
Daraufhin hatten sie eine Abmachung getroffen. Er hatte ihr seinen Namen verraten, und im Gegenzug hatte sie die Medikamente geschluckt. Allerdings hatte sie ihm das Versprechen gegeben, ihn niemandem weiterzuerzählen, was sie auch nicht getan hatte. Vielleicht hatte er sogar angenommen, dass sie ihn vergessen hatte.
    »Bleib still liegen«, ermahnte sie ihn liebevoll. »Du darfst dich nicht so aufregen. Du hast die Zofe zu Tode erschreckt.«
    Merripen beobachtete sie mit trägem Blick. »Sie vergiften mich«, sagte er. »Haben mir die Medizin mit Gewalt in die Kehle geschüttet. Mein Kopf dreht sich. Will nicht mehr … davon … haben.«
    Win nahm die Rolle der unerbittlichen Krankenschwester an, obwohl sie ihn viel lieber wie ein Kleinkind verzärtelt und umhegt hätte. »Dir ginge es viel schlechter, wenn du die Medizin nicht geschluckt hättest.« Sie setzte sich auf den Rand des Bettes und griff nach Merripens Hand. Sein Unterarm war schwer und hart wie Stahl, während er in ihrem Schoß ruhte. Mit ausdruckslosem Gesicht legte sie die Finger an sein Handgelenk. »Wie viel von der Medizin haben sie dir gegeben?«
    Sein Kopf rollte schlaff hin und her. »Zu viel.«
    Als Win spürte, wie schwach sein Puls war, stimmte sie ihm innerlich zu. Sie ließ seine Hand los und berührte seine Stirn. Er brannte regelrecht. War es der Beginn eines Fieberschubs? Ihre Sorge schwoll mit jeder Sekunde an. »Lass mich deinen Rücken sehen.« Sie wollte aufstehen, aber er packte ihre kühle Hand und legte sie sich wieder auf die Stirn.
    »Heiß«, sagte er und schloss die Augen.

    Win saß reglos da, nahm jede Kleinigkeit seines schweren männlichen Körpers in sich auf, spürte die weiche, glühende Haut unter ihren Fingern.
    »Verschwinde aus meinen Träumen«, flüsterte Merripen in die angespannte Stille. »Kann nicht schlafen, wenn du hier bist.«
    Win gestattete sich, ihn zu streicheln und ihm durch das dicke schwarze Haar zu fahren. Sein wunderschönes Gesicht war frei von der mürrischen Strenge, die es sonst fest im Griff hatte. Sie konnte seine Haut riechen, seinen Schweiß, seinen nach Opium schmeckenden Atem, den köstlichen Duft nach Honig. Merripen war

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