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Pfand der Leidenschaft

Titel: Pfand der Leidenschaft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lisa Kleypas
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nicht von ihrer Arbeit abhalten, nur weil unser Bruder jegliche Selbstbeherrschung verloren hat.«
    »Er trauert, Amelia«, flüsterte Poppy.
    »Das weiß ich. Doch allmählich habe ich es satt – obwohl ich mich schlecht fühle, diese Worte überhaupt laut ausgesprochen zu haben.«
    Poppy starrte sie mitleidig an und umarmte sie. »Du darfst dich nicht schlecht fühlen. Leider fällt es
immer dir zu, den Scherbenhaufen zu beseitigen, den er hinterlässt – und den von allen anderen. Ich hätte es an deiner Stelle wohl auch satt.«
    Amelia erwiderte die Umarmung und trat dann einen Schritt zurück. »Wir kümmern uns später um Leo. Im Moment mache ich mir größere Sorgen um Merripen. Hast du ihn heute Morgen schon gesehen?«
    »Nein, aber Win. Sein Fieber ist gestiegen, und die Wunde verheilt nicht. Ich glaube, sie hat einen Großteil der Nacht bei ihm verbracht.«
    »Und jetzt ist sie wahrscheinlich vor Erschöpfung einer Ohnmacht nahe«, seufzte Amelia verärgert.
    Poppy zögerte und legte die Stirn in Falten. »Amelia … ich weiß nicht, ob jetzt der beste oder ungünstigste Augenblick dafür ist … aber im Erdgeschoss gibt es eine Kleinigkeit zu erledigen. Anscheinend ist etwas Silberbesteck abhandengekommen.«
    Amelia ging zum Fenster und starrte flehentlich zum wolkenverhangenen Himmel. »Lieber, gütiger Herr, lass es nicht Beatrix gewesen sein.«
    »Amen«, fügte Poppy hinzu. »Aber wer soll es sonst gewesen sein?«
    Überwältigt von all den Neuigkeiten, dachte Amelia verzweifelt: Ich habe auf ganzer Linie versagt. Das Haus liegt in Schutt und Asche, Leo ist verschwunden, Merripen ist verletzt, Win ist krank, Beatrix wird ins Gefängnis geworfen, und Poppy wird ihr Leben als alte Jungfer fristen . Doch über ihre Lippen kamen nur die Worte: »Merripen zuerst«, bevor sie mit Poppy dicht auf den Fersen aus dem Zimmer eilte.
    Win saß an Merripens Bett und war so erschöpft,
dass sie sich kaum aufrecht halten konnte. Ihr Gesicht war aschfahl, ihre Augen blutunterlaufen, ihr gesamter Körper zusammengesunken. Sie besaß nur wenige Reserven, die in kürzester Zeit aufgebraucht waren. »Er hat Fieber«, sagte sie, wrang einen feuchten Lappen aus und fuhr Merripen damit über den Nacken.
    »Ich lasse den Arzt kommen.« Amelia stand neben ihr. »Geh ins Bett.«
    Win schüttelte den Kopf. »Später. Er braucht mich.«
    »Ihm würde es überhaupt nicht gefallen, wenn du seinetwegen krank wirst«, erwiderte Amelia scharf, schlug dann jedoch einen sanfteren Ton an, als sie die Angst im Blick ihrer Schwester sah. »Bitte geh zu Bett, Win. Poppy und ich werden uns um ihn kümmern, solange du schläfst.«
    Win senkte langsam den Kopf, bis sie Merripens Stirn berührte. »Es läuft alles falsch, Amelia«, flüsterte sie. »Er hat so fürchterlich schnell an Kraft verloren. Und das Fieber hätte nicht so rasch ansteigen dürfen.«
    »Wir päppeln ihn schon auf.« Selbst in Amelias Ohren klangen ihre Worte hohl. Sie rang sich ein aufmunterndes Lächeln ab. »Geh und ruh dich aus, Liebes.«
    Win gehorchte nur widerwillig, während sich Amelia über den Kranken beugte. Merripens bronzefarbener Teint war einer ungesunden Blässe gewichen, von der sich die schwarzen Augenbrauen und dichten Wimpern erschreckend dunkel abhoben. Er schlief mit halbgeöffnetem Mund, und flache Atemzüge flatterten über die aufgesprungenen Lippen. Es schien
fast unmöglich, dass dies derselbe Merripen war, den sie kannten.
    Als ihm Amelia über die Wange strich, war sie entsetzt über die Hitze, die von seiner Haut ausging. »Merripen«, murmelte sie. »Wach auf, meine Lieber. Poppy und ich werden jetzt deine Wunde säubern. Du musst kurz stillhalten. In Ordnung?«
    Er schluckte und nickte. Seine Augen öffneten sich nur einen Spaltbreit.
    Die Schwestern arbeiteten Hand in Hand, flüsterten ihm mitleidvolle Worte ins Ohr und schlugen die Bettdecke zurück, bevor sie den Saum seines Hemdes bis zur Schulter hochschoben, saubere Tücher auslegten und die Töpfe mit Honig und der Salbe sowie einen frischen Verband holten.
    Amelia zog an der Dienstbotenglocke, während Poppy den alten Verband entfernte. Beim stechenden Geruch der nässenden, offenen Wunde rümpfte sie die Nase. Die Schwestern tauschten besorgte Blicke aus.
    Amelia arbeitete so rasch und behutsam wie möglich, säuberte die Wunde, trug eine Schicht Salbe auf und legte einen neuen Verband an. Merripen war die ganze Zeit über still und rührte sich nicht, obwohl die Muskeln an

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