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Pfand der Leidenschaft

Titel: Pfand der Leidenschaft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lisa Kleypas
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müssen. Aber es gelang ihr nicht. Noch nicht.
    »Du musst die ganze Nacht gereist sein«, hörte sie sich sagen.
    »Ich musste so schnell wie möglich zurückkehren.« Sie spürte, wie seine Lippen ihr offenes Haar liebkosten. »Ich habe in London nicht alles geschafft, was ich mir vorgenommen habe. Irgendwie hatte ich jedoch das Gefühl, du könntest mich brauchen. Erzähl mir, was geschehen ist, Liebling.«
    Amelia öffnete den Mund, um ihm alles zu erklären, doch zu ihrer großen Schmach brachte sie nichts weiter als ein jämmerliches Krächzen heraus. Ihre Selbstbeherrschung zersplitterte in tausend Teile. Kopfschüttelnd unterdrückte sie ein Schluchzen, aber je mehr sie gegen ihre Gefühle ankämpfte, desto schlimmer wurde es.
    Cam zog sie enger an sich. Der erschreckende,
nicht enden wollende Tränenfluss schien ihn nicht zu stören. Er nahm Amelias Hand und legte sie auf seine Brust, bis sie seinen starken, ruhigen Herzschlag spürte. In einer Welt, die um sie herum auseinanderzubrechen drohte, war er der Fels in der Brandung. »Alles wird gut«, hörte sie ihn murmeln. »Ich bin hier.«
    Entsetzt über ihre hilflose Ohnmacht, machte Amelia einen wackeligen Versuch, wieder selbstständig zu stehen, doch Cam verstärkte seine Umarmung. »Nein, bleib bei mir.« Als er bemerkte, wie Poppy erschrocken zurückwich, lächelte er sie beruhigend an. »Keine Sorge, kleine Schwester.«
    »Amelia weint normalerweise nie«, sagte Poppy. »Es geht ihr gut.« Cam streichelte ihr besänftigend über den Rücken. »Sie braucht nur …«
    »Eine Schulter zum Anlehnen«, vervollständigte Poppy seinen Satz.
    »Ja.« Er schob Amelia zur Treppe und gab Poppy mit einer Geste zu verstehen, sich neben sie zu setzen.
    Während Cam Amelia auf seinen Schoß zog, suchte er in seinem Jackett nach einem Taschentuch, trocknete ihre Tränen und schnäuzte ihre Nase. Da ihre gestammelten Worte keinerlei Sinn für ihn machten, brachte er Amelia sanft zum Schweigen und presste sie an seinen großen, warmen Körper, während sie schluchzend das Gesicht an seiner Schulter barg. Überwältigt von Erleichterung ließ sie es sogar zu, dass Cam sie sanft wiegte, als wäre sie ein kleines Kind.
    Amelia beruhigte sich allmählich in seinen Armen. Währenddessen befragte Cam ihre Schwester, die ihm treuherzig von Merripens Zustand, Leos Verschwinden
und sogar vom fehlenden Silberbesteck berichtete.
    Als Amelia schließlich ihre Selbstbeherrschung wiedergewonnen hatte, räusperte sie sich leise. Dann hob sie den Kopf von Cams Schulter und blinzelte verstört.
    »Besser?«, fragte er und hielt ihr das Taschentuch ans Gesicht.
    Amelia nickte und putzte sich gehorsam die Nase. »Es tut mir leid«, flüsterte sie. »Ich hätte nicht wie ein Schlosshund heulen dürfen. Aber jetzt bin ich fertig.«
    Cam schien bis tief in ihre Seele zu blicken. Seine Stimme war sehr sanft. »Das muss dir nicht leidtun. Und du kannst so lange weinen, wie du möchtest.«
    Auf einmal erkannte Amelia, dass ihn nichts schockieren würde, egal, was sie tat oder sagte oder wie lange sie schluchzte. Er würde ihr Trost spenden. Bei dieser Erkenntnis traten ihr erneut Tränen in die Augen. »Denkst du, dass Leo tot sein könnte?«, flüsterte sie.
    Er machte ihr keine falschen Hoffnungen, gab keine leeren Versprechungen, sondern liebkoste ihre feuchte Wange. »Was auch immer geschieht, wir werden es gemeinsam überstehen.«
    »Cam … würdest du mir einen Gefallen tun?«
    »Jeden.«
    »Könntest du die Pflanze suchen, die Merripen Win und Leo damals beim Scharlachfieber verabreicht hat?«
    Er lehnte sich nach hinten und sah sie an. »Tollkirschen? Liebling, das würde in diesem Fall nicht helfen.«
    »Aber er hat doch Fieber.«

    »Das von einer eitrigen Wunde herrührt. Man muss die Ursache des Fiebers bekämpfen.« Seine Hand glitt zu ihrem Nacken und massierte die verkrampften Muskeln. Gedankenversunken starrte er auf einen weit entfernten Punkt am Boden. Seine dichten Wimpern warfen lange Schatten über seine haselnussbraunen Augen. »Lasst uns zu ihm gehen.«
    »Könnt Ihr ihm vielleicht helfen?«, fragte Poppy und sprang begeistert auf.
    »Entweder das, oder meine Bemühungen werden ihn schneller ins Grab bringen. Was ihm womöglich in seinem jetzigen Zustand nicht unrecht wäre.« Er schob Amelia behutsam von seinem Schoß und stellte sie auf die Beine. Während die drei die Treppe hinaufgingen, blieb Cams Hand die ganze Zeit über an Amelias Hüfte, eine sanfte, wenn auch

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