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Pfand der Leidenschaft

Titel: Pfand der Leidenschaft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lisa Kleypas
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keuchende Worte von Merripen … eine lange Stille. Und dann wieder Win, die sanft zu singen begann. Das Lied war so wunderschön und traurig, dass sich ein schwermütiger Frieden auf Amelias Seele senkte. Schließlich verstummte der engelsgleiche Gesang, und eine beklemmende Ruhe kehrte ein.
    Nach einer Stunde, die sich schier endlos hinzog, stand Amelia ungelenk auf und schüttelte ihre eingeschlafenen Beine aus. Mit äußerster Vorsicht öffnete sie die Tür.
    Win erhob sich gerade vom Bett und schob die Decke über Merripens ausgestreckten Körper.
    »Hat er alles getrunken?«, flüsterte sie und ging auf ihre Schwester zu.
    Win sah erschöpft und angespannt aus. »Das meiste.«

    »Musstest du ihn belügen?«
    Ein zögerliches Nicken. »Es war viel einfacher, als ich immer dachte. Siehst du? Ich bin also doch keine Heilige.«
    »Doch, das bist du«, erwiderte Amelia und umarmte sie fest. »Das bist du.«
     
    Selbst Lord Westcliffs stoische Bedienstete waren geneigt, sich lautstark zu beschweren, als Cam mit zwei Gläsern voller lebender Bienen zurückkehrte und in die Küche ging. Die Mägde rannten schreiend ins Dienstbotenzimmer, die Haushälterin zog sich in ihr Schlafgemach zurück, um einen entrüsteten Brief an den Earl und die Komtesse zu verfassen, und der Butler erklärte einem der Lakaien, dass er ernsthaft darüber nachdachte, in den wohlverdienten Ruhestand zu treten, falls das der Gast war, den er auf Lord Westcliffs Anwesen zu umsorgen hatte.
    Da Beatrix der einzige Mensch in Stony Cross Manor war, der es wagte, die Küche zu betreten, blieb sie bei Cam, half ihm beim Kochen, Passieren und Verrühren, und erzählte später ihren entsetzten Schwestern, dass es großen Spaß machte, Bienen zu zerdrücken.
    Schließlich brachte Cam das Gebräu, das einem Hexentrunk glich, in Merripens Zimmer. Amelia wartete dort bereits auf ihn, nachdem sie saubere Messer, Scheren, Pinzetten, frisches Wasser und einen Stapel weißer Verbände auf dem Tisch bereitgelegt hatte.
    Sehr zu Poppys und Beatrix’ Empörung mussten sie den Raum verlassen, während Win die Tür fest hinter ihnen verschloss. Sie nahm eine Schürze von
Amelia entgegen, band sie sich um ihre schmale Taille und eilte ans Krankenbett. Als sie behutsam die Finger an Merripens Kehle drückte, sagte sie ängstlich: »Sein Puls geht schwach und langsam. Es muss am Morphium liegen.«
    »Das Bienengift wird sein Herz ankurbeln«, erwiderte Cam und rollte die Hemdsärmel hoch. »Glaubt mir, in ein oder zwei Minuten wird es rasen.«
    »Soll ich den Verband abnehmen?«, fragte Amelia.
    Cam nickte. »Das Hemd auch ausziehen.« Er ging zur Waschschüssel und reinigte seine Hände gründlich mit Seife.
    Win und Amelia zogen Merripen, der mit dem Gesicht nach unten lag, das Leinenhemd über den Kopf. Sein Rücken war immer noch muskulös, aber der Roma hatte erschreckend an Gewicht verloren. Seine Rippen ragten wie ein Schiffskiel unter seiner bronzefarbenen Haut hervor.
    Während Win das zerknitterte Hemd auf einen Stuhl legte, löste Amelia das Ende des Verbands und wickelte ihn auf. Da sah sie auf einmal eine sonderbare Zeichnung auf Merripens Schulter, beugte sich zu ihm hinab und nahm das schwarze Muster genauer in Augenschein. Ein überraschter Schauder lief ihr den Rücken herab.
    »Eine Tätowierung«, war alles, was sie herausbrachte.
    »Ja, die habe ich auch vor ein paar Tagen bemerkt«, stimmte ihr Win zu und kam zurück zum Bett. »Es ist merkwürdig, dass er nie darüber gesprochen hat, nicht wahr? Kein Wunder, dass er früher ständig Pookas gezeichnet und sich Geschichten über sie ausgedacht hat. Es muss irgendeine Bedeutung haben …«
    »Was habt Ihr gerade gesagt?« Cams Stimme war leise, aber so scharf, dass er genauso gut hätte schreien können.
    »Merripen hat eine Pooka auf seine Schulter tätowiert«, antwortete Win und starrte Cam fragend an, als er mit drei schnellen Schritten das Bett erreichte. »Wir haben nichts davon gewusst. Es ist eine ungewöhnliche Darstellung … so etwas habe ich noch nie …« Überrascht keuchte sie auf, als Cam den Unterarm ausstreckte und neben Merripens Schulter hielt.
    Die schwarz geflügelten Pferde mit den schwefelgelben Augen waren identisch.
    Amelia löste den Blick von den eigentümlichen Tätowierungen und sah in Cams ausdrucksloses Gesicht. »Was hat das zu bedeuten?«
    Er starrte wie gebannt auf Merripens Schulter. »Das weiß ich nicht.«
    »Kennst du noch jemanden, der eine solche

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