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Pfand der Leidenschaft

Titel: Pfand der Leidenschaft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lisa Kleypas
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wohl damals, beim Scharlachfieber.«
    »Ja.«
    »Ihr werft ihm vor, dass er Euer Leben gerettet hat?«
    »Ja.«
    »Falls Euch das ein Trost sein mag«, sagte Cam trocken und lehnte sich in seinem Sitz zurück. »Ich bin sicher, dass es ihm allmählich leidtut.«
    Anschließend schwiegen sie einige Minuten, während Cam sich entspannte und seinen Gedanken freien Lauf ließ. Als die Dunkelheit sich herabsenkte und Leo in den Schatten verschwand, funkelten seine beunruhigenden Augen silbrig blau auf …
    … Und Cams Erinnerungsvermögen kehrte schlagartig zurück.
    Es war in seiner Kindheit gewesen, als Cam noch bei seiner Sippe gewohnt hatte. Damals hatte er einen Mann mit ausgezehrtem Gesicht und farblosen Augen gekannt, dessen Seele durch den kummervollen Tod seiner Tochter aufgefressen wurde. Cams Großmutter hatte ihn gewarnt, sich von ihm fernzuhalten. »Er ist ein Muladi «, hatte sie gesagt.
    »Was bedeutet das, Mamì?«, hatte Cam gefragt und
sich ängstlich an ihre warme Hand geklammert, die knotig und rau gewesen war, ihm jedoch wie die Wurzeln eines alten Baumes Trost und Sicherheit gespendet hatte.
    »Er wird von einer Toten heimgesucht. Geh nicht in seine Nähe, er hat die Romanìja aus dem Gleichgewicht gebracht. Er hat seine Tochter zu sehr geliebt.«
    Da Cam Mitleid mit dem Mann hatte und gleichzeitig um sein eigenes Seelenheil besorgt war, fragte er: »Werde ich auch ein Muladi sein, wenn du stirbst, Mamì?« Er war überzeugt gewesen, seine Großmutter ebenfalls zu sehr zu lieben.
    Ein Lächeln war in den weisen schwarzen Augen seiner Großmutter aufgeblitzt. »Nein, Cam. Ein Muladi lässt die Seele des geliebten Menschen in der Zwischenwelt verharren, weil er sie nicht loslassen kann. Dieses Schicksal würdest du mir nicht antun, nicht wahr, kleiner Fuchs?«
    »Nein, Mamì.«
    Der Mann war kurze Zeit später gestorben. Er hatte den Freitod gewählt. Die ganze Sippe war entsetzt und gleichzeitig erleichtert gewesen.
    Jetzt, da Cam auf die Ereignisse mit der Erfahrung eines Erwachsenen und nicht mit der eines kleinen Jungen zurückblickte, spürte er, wie ihn eiskaltes Verständnis packte, und er von brennendem Mitgefühl überrollt wurde. Es wäre ihm schier unmöglich, eine Frau aufzugeben, die er liebte. Wie sollte er aufhören, sie nicht mehr zu begehren? Jede Faser seines Herzens würde vor Traurigkeit dahinwelken. Natürlich würde er alles in seiner Macht Stehende tun, um sie bei sich zu behalten.
    Oder ihr folgen.

    Als Cam Stony Cross Manor mit dem verlorenen Sohn an seiner Seite betrat, eilten Amelia und Beatrix ihnen entgegen. Die Ältere mit einem Stirnrunzeln, die Jüngere lächelnd.
    Amelia öffnete den Mund, um Leo auszuschelten, aber Cam fing ihren wütenden Blick auf und schüttelte warnend den Kopf. Zu seiner Überraschung gehorchte sie, schluckte die scharfen Worte hinunter und streckte stattdessen den Arm nach Leos Gehrock aus. »Ich nehme ihn«, sagte sie leise.
    »Vielen Dank«, sagte ihr Bruder. Sie sahen sich nicht an.
    »Wir haben gerade zu Abend gegessen«, murmelte Amelia. »Der Auflauf ist noch heiß. Möchtest du etwas?«
    Leo schüttelte den Kopf.
    Beatrix, die die unterschwellige Anspannung nicht bemerkte, die in der Luft hing, stürzte sich auf Leo und schlang ihm die Arme um die beleibte Hüfte. »Du bist so lange fort gewesen! So viele Dinge sind passiert – Merripen ist krank, und ich habe geholfen, eine Paste anzurühren, und …« Sie verstummte und verzog das Gesicht. »Du riechst nicht gut. Was …?«
    »Erzähl mir, wie du die Tinktur zubereitet hast«, sagte Leo rasch und schleppte sich zur Treppe. Beatrix, die ihn begleitete, plapperte munter weiter.
    Cam ließ den Blick vorsichtig über Amelia gleiten. Ihr Haar war zerzaust und fiel ihr in sanften Wellen über den Rücken. Ihre Augen glänzten dumpf. Sie brauchte Ruhe.
    »Vielen Dank, dass du ihn gefunden hast«, sagte sie. »Wo hat er gesteckt?«
    »In einem Landhaus, mit Freunden.«

    Unschlüssig kam sie auf ihn zu und schnupperte an ihm. »Dieser Geruch … er klebt an euch beiden …«
    »Opium. Dein Bruder hat einen kostspieligen neuen Zeitvertreib.«
    »Wir konnten uns schon den alten nicht leisten.« Amelia blickte finster drein, und ihr Fuß begann unter ihren Unterkleidern mit einem rastlosen Stakkato. Sie war so klein und entschlossen und hinreißend, dass Cam sich kaum zurückhalten konnte, sie einfach in die Arme zu nehmen und mit unzähligen Küssen zu bedecken. »Der einzige Grund, warum ich

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