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Pfand der Leidenschaft

Titel: Pfand der Leidenschaft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lisa Kleypas
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…?«
    »Nein.« Merripen wich zurück. »Großer Gott!« Langsam schlich er um das Fußende des Bettes und betrachtete erstaunt die reglose Gestalt, als handelte es sich um ein Fabelwesen, das er nie zuvor gesehen hatte. Dann nahm er eine Schere vom Tablett.
    Instinktiv stellte sich Win an die Seite des schlafenden Mannes. Als Cam ihre beschützende Geste bemerkte, murmelte er: »Keine Sorge, kleine Schwester. Ich will nur das tote Gewebe entfernen.«
    Er beugte sich über die Wunde und arbeitete konzentriert. Nachdem Win ihm eine Minute zugesehen hatte, wie er die Wunde säuberte und versorgte, eilte sie zu einem Stuhl und setzte sich so plötzlich, als hätte man ihr den Boden unter den Füßen weggezogen.
    Amelia stand neben Cam und spürte, wie leichte Übelkeit in ihr aufstieg. Cam hingegen war so in seine Arbeit versunken, man hätte glauben können, dass er gerade die komplizierte Mechanik einer Uhr reparierte und nicht, dass er das eiternde Fleisch eines Kranken herausschnitt. Auf sein Geheiß hin holte Amelia die Schüssel mit dem Sud, der herb und gleichzeitig sonderbar süß roch.
    »Du darfst nichts davon in die Augen bekommen«, warnte Cam und reinigte die Wunde mit einer Salzlösung.
    »Es riecht fruchtig.«
    »Das ist das Gift.« Cam zerschnitt ein Stück Stoff in Vierecke und tauchte eines in die Schüssel. Behutsam fischte er es wieder heraus und legte den tropfenden Stoff auf die Wunde. Trotz seiner tiefen Bewusstlosigkeit zuckte Merripen stöhnend zusammen.
    »Ganz ruhig, Chal .« Cam legte ihm die Hand auf den Nacken und drückte ihn in die Kissen zurück. Als er sicher war, dass Merripen wieder still dalag, legte er ihm einen Verband an. »Wir werden den Sud jedes Mal erneuern, wenn wir die Wunde säubern«, sagte er. »Aber seid vorsichtig mit der Schüssel! Ich könnte mir Angenehmeres vorstellen, als mich noch einmal auf die Jagd nach Bienen zu begeben.«
    »Woher wissen wir, dass die Behandlung anschlägt?«, fragte Amelia.
    »Das Fieber sollte nach und nach sinken, und morgen zu dieser Zeit sollte sich bereits eine hübsche Kruste gebildet haben.« Er legte die Hand an Merripens Kehle. »Sein Puls ist stärker.«
    »Was ist mit den Schmerzen?«, erkundigte sich Win besorgt.

    »Die sollten bald nachlassen.« Cam lächelte sie an und zitierte ein lateinisches Sprichwort: » Pro medicina est dolor, dolorem qui necat .«
    »Ein Schmerz, der Schmerzen tilgt, wirkt wie ein Heilmittel«, übersetzte Win.
    »Das macht wohl nur für einen Roma Sinn«, sagte Amelia, und Cam grinste.
    Er legte die Hände auf ihre Schultern. »Jetzt trägst du wieder die Verantwortung, kleiner Kolibri. Ich muss noch einmal los.«
    »Sofort?«, fragte sie verwundert. »Aber … wohin willst du?«
    Seine Miene veränderte sich. »Deinen Bruder finden.«
    Amelia starrte ihn mit einer Mischung aus Dankbarkeit und Besorgnis an. »Du solltest dich erst ein wenig ausruhen. Du bist die ganze Nacht geritten. Es könnte eine Weile dauern, bis du ihn findest.«
    »Nein, das wird es nicht.« Seine Augen glitzerten schelmisch. »Dein Bruder ist im Moment nicht in der Lage, seine Spuren zu verwischen.«

Zwanzigstes Kapitel
    Ungefähr sechs Stunden, nachdem Cam die Suche nach Leo begonnen hatte, klopfte er an der Haustür eines eindrucksvollen Landguts. Die Klatschgeschichten in der Dorfschenke hatte ihn zu einem Mann geführt, der Ramsay mit jemandem gesehen hatte, der zusammen mit ihm zu einem anderen Etablissement weitergezogen war, wo jemand zufällig ihre Pläne mitangehört hatte, was Cam letztlich zu diesem Ort geführt hatte.
    Das große Gutshaus aus der Zeit der Tudors, über dessen Eingangstür die Jahreszahl 1620 eingraviert war, befand sich beinahe zehn Meilen von Stony Cross Park entfernt. Von den Informationen, die Cam gesammelt hatte, wusste er, dass das Anwesen einst einer adligen Familie aus Hampshire gehört hatte, aber aufgrund einer finanziellen Notlage an einen Londoner Kaufmann veräußert worden war. Nun diente es als Rückzugsort für die verschwenderischen Söhne des Kaufmannes und ihre ebenso ausschweifenden Freunde.
    Es war nicht verwunderlich, dass sich Leo zu dieser dekadenten Gesellschaft hingezogen fühlte.
    Die Haustür wurde geöffnet, und ein fischgesichtiger Butler erschien. Beim Anblick von Cam verzogen sich seine Lippen verächtlich.
    »Euresgleichen ist hier nicht willkommen.«
    »Das trifft sich vortrefflich, denn ich habe nicht die
Absicht, lange zu bleiben. Ich bin hier, um Lord Ramsay

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