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Pfand der Leidenschaft

Titel: Pfand der Leidenschaft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lisa Kleypas
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aufgesetzte Selbstbeherrschung zerbrach in dem Moment, als sich die Tür hinter ihrer Schwester schloss. Cam zog sich bereits in großer Eile an und sprang in die Stiefel, während Amelia die Nachttischlampe entzündete. Mit zitternder Hand reichte sie ihm das Papier. »Das sind keine leeren Worte.« Das Atmen fiel ihr schwer. »Er will es tun. Vielleicht hat er sich bereits …«
    »Wohin würde er wohl gehen?«, unterbrach Cam ihren Gedankengang. »Wo auf dem Anwesen könnte er sein?«
    Da fiel Amelia Lauras geisterhaftes Gesicht im Fenster ein. »Er ist im Ramsay House«, sagte sie durch zusammengepresste Zähne. »Bring mich dorthin. Bitte!«
    »Natürlich. Aber zuerst solltest du dir vielleicht etwas anziehen?« Cam warf ihr ein ermutigendes Lächeln zu und fuhr mit der Hand über ihre Wange. »Ich helfe dir.«
    »Jeder Mann«, murmelte Amelia, »der nach all dem in die Hathaway-Familie einheiraten will, sollte in eine Institution eingeliefert werden.«
    »Die Ehe ist eine Institution«, erklärte er vernunftbetont und hob ihr Kleid vom Boden auf.
     
    In halsbrecherischem Galopp ritten sie zum Ramsay Anwesen. Amelia hatte das Gefühl, in einem Alptraum gefangen zu sein: die vorbeisausende Dunkelheit,
die nagende Kälte, die entsetzliche Angst, aus dem Sattel geschleudert zu werden, zerrten an ihren Nerven. Doch hinter ihr saß Cam, stark und beruhigend, hatte einen Arm um sie geschlungen und gab ihr Sicherheit. Sie fürchtete sich vor dem, was sie im Ramsay House vorfinden könnten. Aber immerhin war sie nicht allein. Sie war mit dem Mann zusammen, der jede Windung ihrer Seele kannte und verstand.
    Als sie sich dem Haus näherten, bemerkten sie ein Pferd, das verlassen auf einem kleinen Stück Rasen neben einem Stechginster graste. Amelia seufzte erleichtert auf. Leo war also hier, und sie mussten auf der Suche nach ihm nicht ganz Hampshire durchkämmen.
    Nachdem Cam ihr beim Absteigen geholfen hatte, nahm er ihre Hand in seine. Amelia sträubte sich jedoch, als er sie zur Eingangstür ziehen wollte. »Vielleicht«, sagte sie zögerlich, »solltest du lieber draußen warten, während ich …«
    »Auf gar keinen Fall!«
    »Er könnte empfänglicher sein, wenn ich ihm allein entgegentrete, später könntest du dann …«
    »Im Moment ist er nicht bei Verstand. Du wirst dort nicht ohne mich hineingehen.«
    »Er ist mein Bruder.«
    »Und du bist meine Romni .«
    »Was ist das?«
    »Das erkläre ich dir später.« Cam gab ihr einen flüchtigen Kuss auf die Wange, legte ihr den Arm um die Schulter und führte sie ins Haus, in dem es so still wie in einem Mausoleum war. Die eisige Luft roch nach Rauch und Staub. Lautlos erkundeten sie
das Erdgeschoss, fanden jedoch keine Spur von Leo. Es war schwierig, sich in der Dunkelheit zurechtzufinden, aber Cam schlich mit der geschmeidigen Eleganz einer Katze von einem Zimmer zum nächsten.
    Da hörten sie ein Geräusch von oben, das leise Knarren eines Dielenbretts. Amelia spürte, wie sie ein ängstliches Zittern packte und wie sie gleichzeitig von Erleichterung durchflutet wurde. Sie hastete zur Treppe, doch Cam legte ihr sanft die Hand auf den Arm und hielt sie zurück. Amelia wusste, dass sie nicht Hals über Kopf in die Finsternis stürzen durfte.
    Gemeinsam bahnten sie sich einen Weg zur Treppe, wobei Cam vorausging und bei jedem Schritt vorsichtig mit der Fußspitze über den Boden tastete, bevor er Amelia gestattete, ihm zu folgen. Schotter und kleine Kieselsteine knirschten unter ihren leisen Sohlen. Während sie die Stufen hinaufstiegen, wurde die Luft immer kälter, bis sie so eisig war, dass Amelia das Gefühl hatte, jemand ramme ihr winzige Nadeln in die Haut. Es war eine gespenstische Kälte, die zu schneidend und bitter war, um aus dem Diesseits zu stammen. Eine Kälte, die Amelia die Lippen austrocknete und einen stechenden Schmerz durch ihre Zähne jagte. Ihre Finger verkrampften sich in Cams Hand, und sie drängte sich so nah wie möglich an ihn.
    Ein schwaches, fahles Licht fiel aus einem Zimmer am Ende des Korridors im ersten Stock. Amelia stöhnte gequält auf, als sie erkannte, woher genau der Schein der Laterne kam.
    »Das Bienenzimmer«, flüsterte sie.
    »Bienen fliegen nachts nicht«, murmelte Cam. Seine Hand glitt zu ihrem Nacken und strich ihr liebevoll
über die Gänsehaut. »Aber wenn es dir lieber ist, hier zu warten …«
    »Nein.« Amelia nahm all ihren Mut zusammen, straffte die Schultern und schlich mit Cam den Flur hinab. Das sah Leo

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