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Pfarrers Kinder Muellers Vieh

Pfarrers Kinder Muellers Vieh

Titel: Pfarrers Kinder Muellers Vieh Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Amei Müller
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beherzt in unser Modderloch.
    »Was sollen wir tun?« stöhnte Manfred. »Wo fangen wir an? Sollen wir es nicht einfach bleiben lassen? Wer schaut schon in den Keller?«
    »Noi«, sagte die Mesnerin, »jetzt wird gschafft!«
    Wir ordneten uns ihrer Autorität unter. Unsere Willenskräfte waren gebrochen, eine Herkulesarbeit wartete auf uns, und wir hatten nicht damit gerechnet.
    »Wasser!« befahl unsere Vorarbeiterin, und schon schleppten wir Eimer um Eimer die Treppe hinunter. Wir setzten den Keller unter Wasser. Es entstand allerdings keine Überschwemmung, vielmehr ein Sumpf. Die Stiefel klebten am Boden, nur ungern und mit schmatzenden Geräuschen gab der Morast sie frei. Wir schaufelten den Dreck in Eimer, trugen sie hoch und leerten sie oben auf den Abfallhaufen. »Dend’s in de Garde«, riet die Mesnerin, »des isch so guat wie Mischt!«
    Wir gehorchten ihr nicht. Mit Vorgängers Schnecken hatten wir uns abgefunden, seine Ratten bekämpften wir, sein Dreck aber sollte unsere Finger fürderhin nie wieder beschmutzen. Immer größer wurde die Fläche des sauberen, mattglänzenden Fußbodens. Es stank zwar immer noch im Keller, aber wir hofften zuversichtlich, daß sich dieser Geruch bald verflüchtigen werde, denn Stein stinkt nicht! Als wir die eine Seite des Kellerbodens freigelegt und gesäubert hatten, stießen wir auf eine Rinne, die an der Mauer entlanglief bis zu einem Loch in der äußeren Kellerwand. Diese Rinne war gefüllt mit stinkendem Schlamm, sie war die eigentliche Duftquelle, nicht meine Mistecke. Wahrscheinlich führte das Loch in der Wand zu einem Abflußgraben. Dies war auch der Privateingang der Ratten. Wir putzten die Rinne. Es wurde uns abwechselnd schlecht dabei, so daß wir Schicht arbeiten mußten. Einer war immer draußen, um sich an der frischen Luft zu erholen, die beiden anderen arbeiteten Rücken an Rücken, um einen Angriff der Ratten zurückschlagen zu können. Das Loch müßten wir mit einem Eisengitter versperren, meinte die kluge Mesnerin, dann hätten wir vielleicht Ruhe vor den Ratten. Sie hatte recht. Mochten die bösen Nagetiere auch noch so verzweifelt an den Gitterstäben rütteln, sie kamen nicht mehr in unseren Keller hinein. Ihr jahrhundertealtes Vorrecht war gebrochen. Das Haus gehörte uns ganz allein, vom Speicher bis zum Keller. Auch die Treppe kratzten wir ab, Stufe um Stufe. Ich hatte es bisher immer für eine der unangenehmen Überraschungen dieses Hauses gehalten, daß man bei feuchter Witterung die Kellertreppe nicht begehen, sondern nur berutschen konnte. Darum hatten wir ein starkes Seil an der Kellerwand entlang gezogen. Daran hielten wir uns, wenn wir die Treppe hinunterglitten. Nun aber war unsere Treppe aus grauem Stein trocken und rutschfest. Wir arbeiteten von morgens bis abends mit einer kurzen Mittagspause, in der wir über der Abfallgrube hingen und uns übergaben, doch unser Keller strahlte in jungfräulicher Sauberkeit.
    »Jetzt könnet er vom Bode esse«, sagte die Mesnerin, als sie ging, und sie fügte nicht ohne Anerkennung hinzu: »Heut hent er gschafft!«
    Unsere Säuberungsaktion war Tagesgespräch im Dorf. Der Nachbar brachte einen Sack Kartoffeln. »Für euern Keller«, sagte er und trug die milde Gabe gleich selbst hinunter, um unser Werk in Augenschein zu nehmen. Er war kein Freund von vielen Worten. Sein Lob äußerte er in dem Satz: »Jo, wenn d’Frieda schafft, no gibt’s a Stück!« Frieda war die Mesnerin.
    Die Ratten hatten wir endgültig vergrault. Ab und zu erschien noch eine Maus, die sich im Haus geirrt hatte, und durch die offene Hintertür in unseren Keller gelangt war. Sie blieb nie lange. Die Kellergewölbe waren sauber und öde, die Vorratshaltung begrenzt. Außer Kartoffeln gab es nichts zu holen, Büchsen und Gläser waren fest verschlossen. Auch die genügsamste Maus wurde schließlich vom sanftsäuerlichen Geruch aus den Bohnen- und Gurkentöpfen wieder die Treppe hinaufgetrieben.
    »Jetzt hen mir die Sauerei«, knurrte der Nachbar, »jetzt hocket au no eure Mäus bei ons im Keller. Mer kennt se glei, weil se so mager sen und verheulte Auge hen!«
    Von der Kellertreppe aus gelangte man mit zwei großen Schritten in den Garten — sofern die Hintertür offenstand. War sie geschlossen, mußte man sich auf längere Mühe und auf schlimme Verletzungen gefaßt machen. Nicht, daß wir je den rostigen Schlüssel gedreht hätten! Er ließ sich nicht drehen. Er stak fest im Schloß und war auch nicht mehr herauszuziehen,

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