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Pfarrers Kinder Muellers Vieh

Pfarrers Kinder Muellers Vieh

Titel: Pfarrers Kinder Muellers Vieh Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Amei Müller
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Leute den Suppenteller dicht neben die Terrine, kippten die volle Kelle hinein und klatschten überhängende Nudeln mit dem Suppenlöffel zurück in die Terrine. Andere schnitten die Nudeln kurzerhand am Terrinenrand ab. Dies galt aber als unfein. Nach dem Schöpfen schrumpften alle Gäste zu Sitzzwergen zusammen. Sie beugten den Kopf tief über Tisch und Teller, führten den Löffel das kleine Stück zum Munde, bissen zu lange Nudeln ab oder schlürften sie geräuschvoll in den Mund.
    Dies alles sah ich mit Staunen und Entsetzen. Von meiner Mutter in zermürbendem Kleinkrieg zu feinen Eß manieren gedrillt, litt ich nun meinerseits unter Schmatz- und Schlürfgeräuschen und war jederzeit bestrebt, anderen Tischgenossen das beizubringen, was ich selbst so mühselig hatte erlernen müssen. Manfred konnte ein Liedchen davon singen. Keine Mahlzeit verging ohne leidvolle Blicke und tadelnde Bemerkungen.
    »Du schmatzt!«
    »Ich kann nicht geschmatzt haben, weil mein Mund leer ist!«
    »Ja, jetzt ist er leer, aber vorhin war er’s nicht, weil du nämlich schlingst!«
    »Ich schlinge nicht, und ich schmatze nicht, und ich will beim Essen meine Ruhe haben!«
    »Ich will auch meine Ruhe haben, deshalb kann ich’s nicht ertragen, wenn du so fürchterlich schmatzt!«
    »Weiß Gott, du hast einen richtigen Schmatztick!«
    Wir starrten uns beide wütend an und hatten keine rechte Freude mehr, nicht am Essen und nicht an unserer Zweisamkeit.
    Beim Konfirmationsmahl versuchten wir auf anständige Weise mit den langen Suppennudeln fertig zu werden. Aufrecht sitzend führten wir den Löffel zum Munde. Spätestens auf halber Höhe glitten die Nudeln vom Löffel und fielen zurück in den Teller. Die Suppe spritzte nach allen Seiten und hinterließ häßliche Flecken auf unserer Festtagskleidung. Auch zu den Nachbarn hatte es hinüber gespritzt. Sie sahen uns mißbilligend an. Ja, was machten denn ‘s Pfarrers? Bespritzten anständige Leute mit Suppe! Ich versuchte, die Nudeln zu zerkleinern, aber es war eine arge Mühe, und meine Mutter hätte es nicht gerne gesehen. Wir löffelten noch, als alle anderen schon lange fertig waren und uns schadenfroh zusahen.
    Nach der Suppe gab es Bratkartoffeln, gekochtes Rindfleisch, Meerrettichsoße und verschiedene Beilagen. Meerrettichsoße hatte mir schon als Kind zu manchem Schock verholfen. Sie schoß mir die Nase hoch, trieb Tränen in meine Augen. Verzweifelt riß ich den Mund auf und schnappte nach Luft. Die Geschwister betrachteten dies Schauspiel immer wieder gerne.
    »Schaut nur, Pickdewick kämpft mit der Soße! Laß dir’s nur schmecken, Kind. Meerrettichsoße ist ja so gesund! Willst du noch ein wenig Soße? Du bekommst sie solange, bis du sie gerne magst!«
    Nun saß ich an festlich gedeckter Tafel und sah die gefährliche Soße vor mir stehen. Ich bediente mich bescheiden. Schon eilte die Hausfrau herzu, ergriff den Schöpflöffel und kippte mir einen großen weißen See über den Teller. »Sent se net so scheniert, Frau Pfarrer, die isch fei guat!« Rindfleisch, Bratkartoffeln, Beilagen, alles schwamm in Soße. Gleich würden meine Augen ebenfalls schwimmen, allerdings in Tränen. Meine Nase würde tropfen, und alle Leute lachen. Ich schielte zu Manfred hinüber. Er aß mit gutem Appetit.
    »Kannst du mir was abnehmen?« Er schüttelte den Kopf. »Mir langt’s, und wir müssen heute noch viel essen.« Gut, er hatte seine Chance verpaßt und wollte offenbar, daß wir uns beide fürchterlich blamierten. Es würde ihm noch leid tun! Zornig füllte ich die Gabel mit Fleisch, tunkte sie in die Soße, steckte sie in den Mund und wartete auf den Schock. Er kam nicht.
    Die Weidener Meerrettichsoße hatte nichts gemein mit dem scharfen Teufelszeug aus meiner Kindheit. Sanft und sahnig, mit viel Butter und wenig Meerrettich versehen, floß sie mir leicht durch die Kehle. Ich aß den Teller leer und blickte triumphierend um mich. Wieder einmal hatte ich ein kindliches Trauma siegreich überwunden. Leider fand diese große Tat wenig Beachtung. Die Tischnachbarn schauten nicht rechts noch links, lagen über ihren Tellern und genossen die Meerrettichsoße mit hörbarem Behagen. Auch Manfred zeigte wenig Verständnis. Ich hielt ihm den leerenTeller hin.
    »Da schau, ich hab alles aufgegessen!«
    »Schling nicht so! Wir müssen noch bei drei Konfirmationen essen!« Das war alles, was er zu sagen wußte.
    Der Hauptgang bestand aus gemischtem Braten, Kartoffelsalat, breiten Nudeln und Soße. Zur

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