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Pfefferbeißer - Harz Krimi

Pfefferbeißer - Harz Krimi

Titel: Pfefferbeißer - Harz Krimi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: emons Verlag
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hochoffiziellem Ton, »da zu dem Zeitpunkt keine
Notwendigkeit bestand, anzunehmen, dass Milda Auseklis fluchtbereit war.
Schließlich stand sie unter dem Einfluss starker Psychopharmaka und war nur
eingeschränkt handlungsfähig.«
    Damit musste sich Keilberth zufriedengeben.
    Wenn sie so darüber nachdachte, verstand Sina allerdings selbst
nicht, wie die junge Lettin Niebuhr, der keine zwei Meter vor ihrer Zimmertür
Wache geschoben hatte, so einfach durch die Lappen gehen konnte. Er hatte ihr
versichert, dass er keine Sekunde eingenickt, wohl aber mal zur Toilette
gegangen sei, und als er später nach Milda gesehen habe und sie fragen wollte,
ob er ihr eine Tasse Kaffee mitbringen solle, sei sie spurlos verschwunden
gewesen. Milda hätte also auf der Lauer liegen und abwarten müssen, bis sich
Niebuhr entfernte, und dabei riskiert, dass eine Krankenschwester oder ein Arzt
nach ihr sehen wollte und dabei entdeckte, dass sie drauf und dran war,
abzuhauen. Irgendwie kam ihr die Sache unglaubwürdig vor.
    Nach der Standpauke verzog sich Niebuhr schleunigst. Sina blieb.
    »Das konnte keiner ahnen, Heinz«, versuchte sie eine Entschuldigung.
    Keilberth sagte nichts, winkte ab. Schlapp und ausgelaugt sank er
förmlich hinter seinem Schreibtisch zusammen. Der Mann wirkte resigniert, was
Sina noch nie an ihm festgestellt hatte. Was nahm den alten Rammbock bloß so
mit? Sie versuchte, einen Blick auf das Bild in dem silbernen Rahmen zu werfen,
das mit dem Rücken zu ihr auf dem Schreibtisch stand. Das, was sie erspähen konnte,
genügte ihr, obwohl das Foto schon älter war. Das weibliche Gesicht, fein und
hellhäutig, mit glutvollen Augen, eingefasst von tiefschwarzen Haaren, kannte
sie.
    Keilberth versuchte ihr mit einer schlappen Geste klarzumachen, dass
die Unterredung beendet war. Doch sie ließ sich nicht abwimmeln.
    »Was ist mit deiner Frau?«, fragte sie.
    Wieder überraschte er sie, schien angstvoll und hilflos, war nicht
die Spur empört, dass sie sich in seine Angelegenheiten und obendrein in seine Privatangelegenheiten mischte, war nur ein zutiefst
getroffener, ratloser Mensch.
    »Carmen ist weg«, kam ihm heiser und kraftlos über die Lippen.
    Nie hätte Sina gedacht, dass ein Mann wie Keilberth auch ehrlich
lieben könnte. Dieser Egomane, eitel bis zur Unkollegialität, der dazu neigte,
andere zum eigenen Vorteil schlecht aussehen zu lassen.
    Aber wie er jetzt so dasaß … Vielleicht war sein bisheriges dienstliches
Gehabe auch nur Schutz gewesen, aus Angst, dass seine Autorität nicht anerkannt
werden könnte.
    Sina fiel wieder ein, dass sie Keilberth einmal ganz anders erlebt hatte,
auf einer Betriebsfeier, als er seine Frau Carmen mitgebracht hatte, eine Spanierin
mit südlichem Charme und Temperament. In ihrer Gegenwart war Keilberth
plötzlich ein anderer Mensch gewesen, riss Witzchen, wirkte frei. Damals hatte
er Sina auch überraschend das Du angeboten. Aber der Abend war schnell in
Vergessenheit geraten, der alltägliche Keilberth einfach zu erdrückend gewesen.
Und dass sich seine Frau aus dem Staub gemacht hatte, war noch lange kein
Grund, seinen Frust an den Kollegen auszulassen.
    »Du kannst so nicht weitermachen, Heinz.«
    »Ich weiß. Vielleicht will ich ja auch nicht weitermachen«,
antwortete er mit Tränen in der Stimme.
    Es war schlimmer, als Sina gedacht hatte.
    »Melde dich doch ein paar Tage krank, dann kannst du in deinem Kopf
aufräumen. Vielleicht überlegt sich deine Frau die Sache noch einmal.«
    Es fiel ihr nicht ganz leicht, ein zuversichtliches Lächeln
aufzulegen; in letzter Zeit hatte sie zu viel Kontra von ihm bekommen. Doch sie
hatte das Gefühl, dass er es dringend brauchte.
    ***
    Als Sina in Niebuhrs Büro kam, saß er an seinem
Schreibtisch, vor sich den Goslarschen Boten.
    »Hör dir das an«, rief er ihr fast gut gelaunt entgegen. Offenbar hatte
ihm der Rüffel von Keilberth nicht das Geringste ausgemacht.
    » OB will durchstarten
    Es sei Zeit, die Hemmschuhe, wo auch
immer sie im Wege lägen, fortzuräumen. So meldete sich gestern Geert Sandrock,
der amtierende  OB der Kreisstadt, auf seiner Pressekonferenz im Haus des
Goslarschen Boten nach einer Zeit von Krankheit und Stillstand zurück. Er sei
bereit, anzupacken, aber nur zusammen könne man die angestrebten Ziele
erreichen. Er würde damit insbesondere diejenigen ansprechen, die seine Arbeit
konsequent blockierten.
    ›Ich werde mich als kampfbereit
erweisen, wenn es gilt, Verhinderer in die Schranken zu

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