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Pfeilgift: Katinka Palfys Siebter Fall

Pfeilgift: Katinka Palfys Siebter Fall

Titel: Pfeilgift: Katinka Palfys Siebter Fall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Friederike Schmöe
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Äußeren. Ich interessierte mich mehr für die Mädchen, die richtig aufkrachten, mit knallengen Jeans und Tünche im Gesicht. Jungs sind vermutlich so. Aber Paula war scharf auf mich und setzte alles daran, dass wir zusammenkamen. Als wir beide dann ein Paar waren, wurde ich plötzlich uninteressant.«
    Katinka blickte in den Himmel. Der Sonnenuntergang hinterließ violette Streifen.
    »Nach dem Abi verloren wir uns aus den Augen. Ich machte Zivildienst in einem Altersheim und bekam zum ersten Mal mit, wie grausam das Leben sein kann. Dann hatte ich eine andere Freundin, ging zum Studium nach München. Bekam eine Stelle in Schweinfurt. Kein sehr aufregendes Leben!«
    »Haben Sie mal mitbekommen, dass Paula Tranquilizer verschrieben bekam?«
    »Paula?« Henz überlegte. »Sie hat nie etwas gesagt, und ehrlich gesagt, wenn, dann hätte Hagen ein Beruhigungsmittel gebraucht. Er war den ganzen Sommer über aufgedreht und durch den Wind.«
    »Wie das?«
    »Ich habe ihn nur selten gesehen. Wenn Paula und ich uns trafen, dann bei mir oder an einem neutralen Ort. Aber Paula erzählte oft, dass Hagen nicht schlafen könnte, und dass ein befreundeter Arzt ihm ein Mittel verschrieben hätte.«
    Katinka holte tief Luft. Der letzte Tuschestrich Farbe am Himmel verblasste.
    »Herr Henz, Paula hat heute welche von diesen Tabletten geschluckt. Sie ist ins Krankenhaus gebracht worden.«
    Michael Henz war eine ganze Weile still. Dann brach es aus ihm heraus:
    »Sie miese, miese…Haben Sie mir dieses ganze Gespräch aufgehängt, um…warum haben Sie mir das nicht sofort gesagt?«
    Er legte auf.
    Puuh, dachte Katinka und steckte das Handy weg. Es war dunkel. Sie verspürte die Melancholie der Herbstabende, die vom nahenden Winter erzählten. Das würde nun ein halbes Jahr so bleiben. Mehr Schwärze als Licht. Wer jetzt kein Haus hat, baut sich keines mehr, dachte sie. Rilke hat recht.
     
    Tom war nicht zu Hause. Die Wohnung war dunkel, einen Zettel hatte er nicht hinterlassen, und sein Handy war nach wie vor ausgeschaltet. Nachdenklich stand Katinka ein paar Minuten im Flur und lauschte in die Stille. In der Küche trank sie ein Glas Wasser. Vishnu hockte auf dem Küchenschrank, wohin er sich seit neuestem am liebsten zurückzog.
    »Na, hast du Tom gesehen, Vishnu?«, raunte sie ihm zu. Seine grünen Augen glommen. »Also nicht«, gab sie sich enttäuscht selbst die Antwort. Sie ging ins Arbeitszimmer, um in ihrem Lyrikband nach dem Rilke-Gedicht zu suchen, aber sie fand es nicht gleich und verlor die Geduld. Sie setzte sich im Dunkeln ins Wohnzimmer. Nur der Schein der Straßenlaternen huschte ins Zimmer. Tom hatte Cunos Übernachtungsspuren weggeräumt. Ich habe ein Haus, dachte Katinka. Wenigstens eine Wohnung. Ich sollte in Schweinfurt anrufen und mich nach Paula erkundigen. Aber ich kann nicht. Wenn sie gestorben ist…das halte ich nicht aus.
    Sie hatte genug von ihrem Job und dem Tod. Zerfahren rupfte sie den Verband von ihrer Hand. Hautfetzen lösten sich von den Brandwunden. Sie ging ins Bad und wusch die Hand mit lauwarmem Wasser. Es tat nicht einmal weh. Plötzlich wollte sie sich Schmerz zufügen, aus einem rasenden, zornigen Drängen in sich, das nach Gewalt schrie. Sie trommelte mit den Fäusten auf den Wannenrand, sank dann auf die Klobrille und blieb eine Weile still sitzen. Vishnu schlich herbei, schnupperte an ihren Hosenbeinen und verzog sich.
    »Bleib gefälligst hier!«, schrie Katinka ihm nach, aber der Kater wandte nicht einmal den Kopf.
    Sie sprang auf, riss sich ihre Sachen herunter. Stellte sich unter die Dusche und ließ erst heißes und dann kaltes Wasser über ihren Körper laufen. Trocknete sich ab, zog sich an und verließ das Haus. Sie ging in die Sandstraße. Sie würde in jeder einzelnen Kneipe ein Glas trinken, egal von welchem Getränk, Hauptsache, es enthielt Alkohol. Sie begann im Live-Club mit einem Bier. Trank es zur Hälfte aus, zahlte und trat auf die Straße. Wenn sie Britta anriefe…einfach nur, um mit jemandem zu reden? Doch irgendetwas ließ sie zögern. Ist es mir peinlich, dass ich verlassen worden bin?, überlegte Katinka. Gerade vor Britta brauchte sie keine verklemmten Gedanken zu hegen, denn ihre Freundin war in Sachen Partnerschaft mehr als entspannt. Eine Abteilung in Katinkas Kopf diktierte Brittas Handynummer. Aber Katinka wollte nicht mit ihr sprechen. Nicht jetzt. Nicht sofort. Sie fürchtete harsche Nachfragen ebenso wie Mitleid. Gedemütigte brauchten oft lange, bis sie

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