Pfeilgift: Katinka Palfys Siebter Fall
gesorgt, dass der Weg des Geldes nachvollziehbar ist.«
»Das Geld könnte von Wertinger stammen«, schlug Katinka vor. »Vielleicht hat er die Kohle eingezahlt. Paula sagte, für das Finanzielle sei Wertinger zuständig gewesen.«
»Aber an Wertingers Konten kommen wir nicht ran«, entgegnete Cuno erregt.
»Er ist bei den Bullen. Fahren wir in seine Wohnung.«
»Spinnst du? Ich habe mal im Bau gesessen. Ich habe kein Interesse daran, wieder dort zu landen.«
»Dann bleibst du hier und passt auf Paula auf. Wenn sie aufwacht, frag sie nach den Kontobewegungen.« Katinka hatte schon das Telefonbuch in der Hand und suchte nach Wertingers Adresse.
»Übrigens«, sagte Cuno. »Die Stein sagte, an der Gasheizung könnte einer was gedreht haben.«
Katinka nickte abwesend.
Sie brauchte eine knappe Dreiviertelstunde, um zu Wertingers Haus zu finden. Der dichte Verkehr am Montagmittag hielt sie auf, und schließlich verfranste sie sich mehrfach in den unbekannten Straßen, bis sie sich an dem großen Leopoldina-Krankenhaus orientierte. Die Sonne löste den Morgendunst auf und brannte heiß vom Himmel. Das ist nicht normal, dachte Katinka, wahrscheinlich wachsen hier demnächst Palmen. Sie parkte auf dem Klinikparkplatz, löste ein Parkticket und ging zu Fuß zu Wertingers Haus. Katinka musterte die akkurat gestutzte Hecke und den ebenso militärisch kurzen Rasen. Sie probierte ihren Dietrich nicht an der Eingangstür, wo sie für sämtliche Nachbarn ein geeignetes Beobachtungsobjekt abgegeben hätte, sondern entschied sich für die Kellertür. Das Schloss wehrte sich hartnäckiger, als sie gedacht hatte, aber schließlich war sie im Haus. Sie schlich die Treppen hinauf und stand in einer geräumigen Diele. An der Garderobe hing kein einziges Kleidungsstück. Katinka tappte durch das Erdgeschoss. Wohnzimmer, Küche, alles picobello. Das Haus schien völlig leblos, als seien seine Bewohner seit Monaten verreist.
Im ersten Stock standen zwei Räume leer. Auch hier kein Stäubchen. Im Schlafzimmer befanden sich außer einem Kleiderschrank ein Schreibtisch mit einem altertümlichen Rechner, ein Kopierer und ein kleiner Aktenschrank. Oben drauf standen mehrere Stehsammler aus Pappe. Katinka suchte gezielt nach Kontoauszügen. Sie entdeckte sie in einem Pappordner. Rasch blätterte sie die kleinen Hefter durch. Ihre Finger schwitzten in den Gummihandschuhen. Ihr Blick fiel auf das perfekt gemachte Bett. Entweder hatte Wertinger seinen Schliff bei der Bundeswehr bekommen, oder er schuf die vortreffliche Ordnung, um seinem chaotischen Leben einen Halt abzutrotzen.
Weder für die beiden letzten noch das laufende Jahr fand Katinka interessante Buchungen. Wertinger hatte mehrere Reisen nach Südamerika gemacht und seine Kreditkarte genutzt, um Hotels, Restaurants, Flugtickets und Mietwagen zu bezahlen. Sie fotografierte die entsprechenden Seiten.
Seltsam, dachte sie. Er reist für die Firma, zahlt alles von seinem Privatkonto, aber es kommen nie Buchungen, dass er die Spesen ersetzt bekommen hätte.
Eine Schmeißfliege brummte gegen die Fensterscheibe. Katinka legte die Kontoauszüge sorgfältig in den Ordner zurück und betrachtete Wertingers Kleiderschrank. Ein Teil direkt aus dem Möbelhaus, dachte sie. Alles passt zusammen und sieht lebloser aus als Sperrmüll. Neugierig öffnete sie ein paar Schubladen. Socken, Unterwäsche, Kondome. Katinka nahm die Packung heraus. Sie war nicht angebrochen.
Ihr Handy klingelte in der Jackentasche. Sie erschrak bis ins Mark. Paulas Privatnummer.
»Paula, was ist los?«, flüsterte sie ins Telefon.
»Hier spricht Cuno.« Katinka hörte seinen schnellen Atem. »Es ist was passiert. Ich habe eben in Paulas Zimmer geschaut. Sie ist nicht ansprechbar. Auf ihrem Nachttisch liegt eine leere Packung Schlaftabletten.«
»Das ist nicht wahr!«, rief Katinka. Sie sah auf die Straße hinaus. Ein Audi fuhr am Gartenzaun vorbei und bog in die Auffahrt. »Scheiße.«
»Ja. Schöne Scheiße«, kam es von Cuno.
»Ruf den Notarzt, verflucht!«
»Habe ich schon!«
»Ich melde mich«, zischte Katinka und legte auf. Sie schaltete das Handy aus und rannte in den Keller. Dort lauschte sie angespannt. Er geht zur Haustür rein, machte sie sich Mut. Er hat gar keinen Grund, durch den Keller zu kommen.
Oben hörte sie Schritte. Ein Schlüsselbund fiel zu Boden. Jemand fluchte. Katinka öffnete die Kellertür. Sie quietschte ganz leise. In Katinkas Ohren klang es wie das Kreischen einer Säge. Es würde
Weitere Kostenlose Bücher