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Pferde, Wind und Sonne

Pferde, Wind und Sonne

Titel: Pferde, Wind und Sonne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Federica de Cescco
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euch schön braten lassen?«
    Bei Tisch war seine Munterkeit verschwunden, und er verhielt sich ziemlich schweigsam. Karin sah ihn ein paarmal Blicke mit Pierre wechseln, dem jungen Gardian, der einen goldenen Ohrring trug. Die Männer waren müde, große Schweißplacken zeichneten sich auf ihren Hemden ab.
    »Wenn ein Gewitter in der Luft liegt, sind die Stiere unerträglich« sagte Constantin. »>Caraque< ist bei ganz schlechter Laune.«
    »Hoffentlich kommt Regen«, bemerkte Tante Justine. »Wenn der Blitz einschlägt, ist die Feuergefahr groß.«
    »Vor einigen Jahren wäre der >Mas< fast abgebrannt«, fügte Mireille hinzu. Sie erzählte Karin, daß die Männer die ganze Nacht gegen das Feuer angekämpft hätten, das durch einen Blitzschlag im Schilf ausgebrochen war.
    Der Nachmittag zog sich dahin. Karin wollte eine Stunde schlafen, aber die Hitze unter dem Dach war erstickend. Gegen Abend überzog sich der Himmel und lastete bleischwer auf Mensch und Tier. Die unbewegliche, schwüle Luft roch nach moderndem Holz und Schlamm. Die Erde brannte unter den Füßen. Man konnte kaum atmen.
    Karin dachte an die Nacht, die bald einbrechen würde. Konnte sie sich hinauswagen, trotz des drohenden Gewitters? Das Abendessen verlief in drückender Stimmung. Niemand wollte zugreifen. Später saßen sie vor dem Fernsehgerät, von dem eine Corrida in Nîmes übertragen wurde, was Tante Justine Gelegenheit gab, gegen den aus Spanien übernommenen Stierkampf zu wettern.
    »Da, seht euch das an! Fünf Jahre braucht es, um einen Stier großzuziehen. Er ist ein edles, tapferes Tier. Die da füttern ihn mit Hormonen groß, sägen ihm die Hornspitzen ab und schwächen ihn durch Lanzenstiche. Man rede mir ja nicht von einem ehrlichen Kampf! Der Matador könnte ebensogut sein rotes Tuch vor einem Beefsteak schwenken! Diese auf geputzten Affen sollten es einmal wagen, einem unserer Stiere entgegenzutreten!«
    »Das ist wahr«, pflichtete Mireille ihr bei. »Unsere Stiere haben Zeit, ihre List und Schlauheit zu schulen. Von einem Kokardenlauf zum anderen werden sie aufmerksamer. Stell dir mal >Caraque< in einer spanischen Arena vor. Der Torero müßte bestimmt beide Beine unter die Arme nehmen!«
    Auf dem Bildschirm setzte der Matador die Degenspitze zum Todesstoß an. Lässig und stolz stand er da und reizte den geschwächten, blutenden Stier. Als dieser mit letzten Kräften angreifen wollte, bohrte er ihm den Degen in den Nacken. Die Klinge prallte jedoch an einem Knochen ab, während das Tier auf schwankenden Beinen zurückwich.
    »So eine Tierquälerei!« grollte Tante Justine, stand brüsk auf und stellte das Gerät ab.
    »Wir sind alle nervös«, sagte sie. »Gehen wir schlafen. Hoffentlich entlädt sich das Gewitter bald.«
    Übermüdet vom Schwimmen, schlief Mireille sofort ein. Karin lag in Schweiß gebadet da. Das Gewitter kam näher; zwischen den Wolkenfetzen leuchtete dann und wann die riesige Mondscheibe hervor. Gegen Mitternacht hielt Karin es nicht mehr aus. Sie zog Shorts und T-Shirt an und verließ auf Zehenspitzen das Zimmer.
    Kurz darauf sattelte sie >Rosa< so flink und geschickt als möglich. Die Nacht war feucht und drückend. Kein Flügelschlag war in den Bäumen zu hören, kein Zweig rührte sich. Karin ritt durch eine Welt, in der alles den Atem anzuhalten schien. Die Seen schimmerten wie flüssiges Blei. In der Ferne donnerte es leicht, aber kein Luftzug kam auf.
    »Viel Zeit bleibt mir nicht«, dachte Karin. »Ich muß mich beeilen...«
    Sie schlug wieder den Weg zum Strand ein. Eine Ahnung sagte ihr, daß >Glanzstern< dort sein würde. Wieder donnerte es. >Rosa< erklomm schnaubend die Dünen; ihr Fell glänzte vor Schweiß. Gerade als Karin den Strand erreichte, leuchtete der
    Horizont schwefelgelb auf. Eine riesenhafte, dunkle Wolkenwand schien dem Meer zu entsteigen. Dunstflocken jagten über das Wasser. Abermals grollte Donner. Karin biß sich auf die Lippen. Wäre es nicht klüger, umzukehren?
    In dieser Sekunde erblickte sie den Hengst. Er kam mit leichtem tänzelndem Schritt aus einer Mulde hervor. Jede seiner Bewegungen hob die Kraft seiner Schultern, die Härte seiner Flanken hervor, während er den gewölbten Hals spielerisch auf und nieder hob. Dieses Mal war er allein.
    Karin unterdrückte einen Freudenschrei. Absteigen und >Rosa< fesseln war die Sache eines Augenblicks. Schon näherte sie sich dem Hengst, der wie eine Statue unbeweglich dastand.
    »>Glanzstern!<« rief Karin mit gedämpfter Stimme.

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