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Pferde, Wind und Sonne

Pferde, Wind und Sonne

Titel: Pferde, Wind und Sonne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Federica de Cescco
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in ihrem Bett hin und her. Mit einer ungezwungenen, witzigen
    Bemerkung hätte sie jetzt Mireille zum Lachen bringen können, und alles wäre wieder in Ordnung gewesen. Aber die aufmunternde Wirkung des Johannisbeerlikörs war bereits verflogen. Obgleich Karin sich den Kopf zerbrach, wollte ihr nichts Gescheites einfallen. »Bei der nächsten Gelegenheit werde ich ihr die Wahrheit sagen«, gelobte sie sich im stillen. Es war keine überzeugende Entschuldigung, aber sie genügte, ihr Gewissen zu beruhigen. Im übrigen war Mireille nicht nachtragend; morgen würde sie schon alles vergessen haben.
    Das Gewitter verzog sich. Der Donner grollte noch in der Ferne, und ab und zu erhellte ein Blitz das Zimmer. Ein frischer Geruch nach feuchter Erde und saftigen Pflanzen drang zum Fenster herein. Karins Gedanken verschleierten sich. Das Gesicht ins Kopfkissen gedrückt, schlief sie plötzlich ein.
     

Zwölftes Kapitel
     
     
     
    Am folgenden Morgen strahlte die Sonne aus blauem Himmel. Ein kühler Wind bewegte das nasse Laub, das wie gewaschen glänzte. Im Hof trockneten die Wasserpfützen auf dem gelben Lehmboden.
    »Das Gewitter hat gutgetan«, sagte Mireille, während sie ihre Brotscheibe mit Erdbeerkonfitüre bestrich. Wie Karin angenommen hatte, war ihre schlechte Laune bereits verflogen; sie lachte und redete wie gewöhnlich. Alain hingegen war noch mißmutiger und nervöser als sonst; gespannt lauschte er auf die undeutliche Stimme von Tante Justine, die in ihrem Arbeitszimmer telefonierte.
    »Es ist schon das vierte Mal, daß sie heute morgen telefoniert«, stieß er hervor.
    »Und was geht dich das an?« sagte Mireille. »Das ist doch ihre Angelegenheit, oder?«
    »Möchte wissen, was sie ausbrütet...«
    »Kannst ja an der Tür lauschen, wenn du’s wagst!«
    Mit aufgestützten Ellbogen rührte er wie abwesend in seinem Kaffee. Ein leichtes Klicken, Tante Justine hatte aufgehängt. Eine Tür fiel ins Schloß. Tante Justines schwere Schritte waren über ihren Köpfen zu hören. Sie stieg die Treppe herunter, setzte sich an den Tisch und schenkte sich einen Kaffee ein.
    »Ich werde den Landrover nehmen«, sagte sie. »Ich habe in Saintes-Maries eine Verabredung.«
    Alain richtete herausfordernd den Kopf auf. »Und mit wem, Wenn ich fragen darf?« Tante Justine trank stumm ihren Kaffee.
    Alain verlor die Beherrschung. »Es handelt sich um >Glanzstern<, nicht wahr?«
    »Du willst dich mit einem deiner Pferdehändler treffen!«
    Sie leerte in aller Ruhe ihre Tasse und stellte sie auf den Tisch. »Das wirst du noch früh genug erfahren«, sagte sie trocken, erhob sich und nahm ihren Hut vom Haken.
    Karin stieg das Blut zu Kopf. Ihr Ellbogen stieß gegen die Milchkanne. Die Milch floß über das Wachstuch. Eine Entschuldigung stammelnd, stürzte Karin in die Küche, um einen Lappen zu holen. Als sie zurückkam, war Tante Justine schon hinausgegangen. Man hörte, wie der Motor ansprang. Die Reifen knirschten auf dem nassen Boden, als sich der Wagen in Bewegung setzte. Mireille blickte zuerst ihren Bruder an, dann Karin. Beide hatten das gleiche verstörte Gesicht. Sie zuckte bedauernd die Schultern. »Da hilft nichts. Tante Justine geht mit dem Kopf durch die Wand.«
    Alain stieß den Stuhl zurück und rannte die Treppe hinauf. Er nahm zwei Stufen auf einmal. Mireille betrachtete nachdenklich Karin, die mit rotem Kopf den Tisch abwischte. Wieder knarrte die Treppe. Alain raste hinunter und hielt ein in braunes Papier gewickeltes Paket unterm Arm. Er lief auf die Haustür zu, aber Mireille war schneller und versperrte ihm den Weg.
    »Wo willst du hin? Und was hast du da?«
    »Das geht dich nichts an!«
    »Und ob mich das etwas angeht!«
    Stumm und wütend rangen sie eine Weile miteinander. Sie waren beide gleich stark. Plötzlich riß das Papier: Ein halbes Dutzend Päckchen Gauloises fiel auf den Boden. Mireille ließ verblüfft die Arme sinken. »Seit wann rauchst du denn diesen Mist?«
    Alain holte zu einem Fußtritt aus, dem sie geschickt auswich. Er bückte sich und sammelte die Zigarettenpäckchen wieder auf. »Laß mich in Ruhe! Die sind nicht für mich.«
    »Für wen denn sonst?«
    Alain blickte sie wütend an. »Für Pierre, wenn du’s unbedingt wissen willst!«
    »Seit wann kaufst du ihm Zigaretten?« Mireille begriff überhaupt nichts mehr. »Was soll das?«
    »Er hat mir versprochen, mich über >Glanzstern< auf dem laufenden zu halten.«
    »Was meinst du damit?« mischte sich Karin plötzlich ein. Sie war

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