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Pferdekuss

Pferdekuss

Titel: Pferdekuss Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christine Lehmann
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mich mit Todt zusammengetan hatte.
    »Ich hab’s immer gewusst«, schrie sie und ließ Hunting Star steigen. »Immer warst du gegen mich. Bei Papa hast du dich eingeschmeichelt, damit er euch das Gestüt gibt, Todt und dir.«
    Meine schweißverklebten Jeans brachten mich zu Fall. Hunting Stars Hufe knallten vor meiner Nase in den Bo den. Aber er wollte mich nicht treten. Da half auch Siglindes Gerte nicht.
    »Und jetzt«, fluchte sie, »hast du es auf Hajo abgesehen.« Ich bedeckte Ohren und Kopf mit den Armen und betete, dass sich Hunting Star mit seinen beschlagenen Hufen beim Tänzeln, Steigen und Herabfallen nicht verschätzte.
    Erst ein Aufschrei Siglindes riss mich aus meiner Lähmung, ein Schrei voller Schrecken und Angst. Der Boden bebte unter den Hufen eines herangaloppierenden Pferdes. Siglinde wendete ihren Hunting Star und jagte davon, ihr auf den Fersen Falko und Hajo.

29
     
    Falko schloss an Hunting Stars Flanke auf. Siglinde ließ ihn seitlich ausbrechen, doch Falko und Hajo machten den Schwenk mit. Den Fuchs packte der Rennehrgeiz. Beide Pferde rasten die Kuppe hinauf am General vorbei, wendeten und rasten wieder herab, wieder am General vorbei, dessen Brauner wie ein Denkmal stand. Falko und Hajo waren zu einem Pferdemenschen verschmol zen, während Siglinde sich bereits im Widerstreit mit ihrem durchgehenden Vollblüter befand. Sie rasten auf den Bach zu. Einige der Junghengste spritzten beiseite. Hunting Star flog mit einem gewaltigen Satz über den Bach und bretterte drüben den Hang wieder hinauf.
    Falko und Hajo machten jedoch am Bach kehrt.
    Der Araber hatte inzwischen nicht mehr viel von dem prallen Prachtpferd, das auf der Weide den Übermut austobte. Er war nass bis zu den Fesseln, scheckig vor Schweiß, eckig und hohläugig. Sein Atem rasselte, der Schaum flockte ihm aus dem Maul. Aber wenn wir gewollt hätten, hätte er sich für uns zu Tode gerannt. Schnaufend schmierte er den Schaum an meinen Ärmel. Hajo streckte mir die linke Hand hin. Ich ergriff sie, setzte den Fuß auf seinen und saß hinter ihm auf dem Pferd, ehe ich begriff, wie es ging. Falko setzte sich in Schritt. Ich krallte mich in Hajos T-Shirt. Das zentaurische Gebilde hielt mich fest. Zu dritt auf vier Beinen wankten wir bergan auf den General zu, während Siglinde weit weg am Nordzaun ihren Hunting Star wendete.
    Gallion war auf seinem Braunen zu einem Reiterstandbild erkaltet. Das Pferd stellte nur kurz die Ohren, denn wir näherten uns von schräg vorn, was ein Pferd als friedlich interpretiert. Kinn und Nase des Generals ragten in die Sonne. Seine Augen lagen im Schatten des Mützenschirms. Die Jodpurhosen bauschten, die Stiefelspitzen glänzten exakt parallel zum Pferdebauch.
    Falko hielt an.
    »Das wirst du büßen«, sagte ich. »Das war ein Mordversuch und ich bin Zeugin.«
    Er hob das Kinn. »Willst du mich anzeigen? Aber was ist denn geschehen? Eine Herde ist außer Kontrolle geraten. Wenn wir, meine Tochter und ich, nicht gewesen wären, dann wäre dieser …«, er hob das Kinn noch ein Stück, »… polnische Zigeuner jetzt tot.«
    Hajos Bauchdecke zuckte unter meinen Armen.
    Gallion sah uns an. Seine Augen glühten. »Wer glaubt dir denn, wenn du was anderes sagst? Du hast dich mit einem Mörder gemeingemacht. Und der wird seine Strafe bekommen, so wahr ich Gallion heiße.«
    »Du irrst«, sagte ich.
    Aber er wandte sein Pferd ab.
    »Du irrst dich, Schwiegervater«, schrie ich. »Heide Bongart ist von demselben Menschen umgebracht worden, der auch deinen Sohn in den Tod geschickt hat. Du willst es bloß nicht wahrhaben.«
    Der Braune zauderte, schien halten zu wollen, doch der General trieb ihn weiter mit steifem Nacken und mageren Schultern, trieb ihn in den Trab und schickte das Pferd den Hang hinauf. Auf der Kuppe stieß Siglinde mit ihrem Hunting Star zu ihm. Sie drehte sich noch einmal nach uns um. Das Haar wehte ihr übers Gesicht. Dann verschwanden sie jenseits der Anhöhe.
    Die Sonne blieb.

30
     
    Wir fielen gemeinsam von Falko. Eigentlich hatte Hajo wohl absteigen wollen, aber ich war so erschrocken, den Halt zu verlieren, dass ich ihn nicht losließ und abrutschend mit mir zog. Wir entflochten uns im Gras. Falkos weiße Haare klebten überall. Hajo stand auf und begann, die Steigbügel hochzuziehen und den Riemen hindurchzuflechten.
    »Was hast du vor?«, fragte ich.
    »Wir lassen Falko allein zum Stall laufen. Ich gehe nach Polen.«
    Das Wir gefiel mir nicht. Zwischen Hajo und mir gab es kein

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