Pferdekuss
Wir . Ich war nicht auf der Flucht, schon gar nicht mit ihm.
»Das gefällt mir nicht.«
Hajo kam um Falkos Kopf herum. »Mir auch nicht.« Er schnallte die Zügel auf und schlang die beiden Riemen dem Pferd um den Hals, damit sie nicht herunterhängen oder ihm über den Kopf rutschen konnten. »Aber was bleibt mir anderes übrig. Der Alte wird jetzt die Po lizei holen. Und wenn man dann Heides Halsketten und Ohrringe in meinem Zimmer findet …«
Hajo prüfte eingehend den Sattelgurt, während Falko das Maul ins Gras senkte, um sich zu vergewissern, dass er ein ganz normales Pferd war, dessen Lebensinhalt dar in bestand, immer mit vier Hufen im Fressen zu stehen.
»Sind sie denn dort?«, sagte ich.
Um seine Lippen spielte ein äußerst fataler Zug. »Ich habe heute Mittag nachgeschaut, nachdem du mir unterstellt hast, ich könnte Heides Gold haben. Es liegt zwischen meiner Wäsche.«
Es war gar nicht schön, dass sich meine Prognose erfüllte. »Und was hast du damit gemacht?«
»Wo sollte ich denn so schnell hin damit? Komm, steh auf, wir müssen Falko bewegen.«
Ein überhitztes Pferd musste man immer bewegen, sonst erkältete es sich oder kollabierte. Hajo zog mich auf die Füße. Falko folgte uns unwillig grunzend. Auch wenn Hajo sich in die Büsche nach Polen schlug, würde die Polizei ihn kriegen. Sie schrieb ihn zur Fahndung aus, notfalls per internationalem Haftbefehl. Etwa eine Stunde hatte der General jetzt Zeit, Kommissarin Feil davon zu überzeugen, dass nur Hajo Heide umgebracht haben konnte. Und er würde es umso entschlossener tun, je mehr ihm dämmerte, dass einzig seine Tochter ein Interesse an Heides Tod gehabt haben konnte.
»Auf eine Frage«, sagte ich und blieb stehen, »bist du mir bislang immer eine Antwort schuldig geblieben. Wer hat deinen Arabal vergiftet?«
Falko runkste mir mit dem Schädel gegen den Rücken und grunzte.
»Arabals Tod«, sagte Hajo, »hat nichts mit Heide zu tun.« Er ließ den Blick über die mittlerweile wieder friedlich grasende Herde der Einjährigen schweifen und streckte den Arm aus. »Siehst du die beiden Braunen dort, die mit den Keilköpfen. Du siehst, dass sie im grö ßeren Rahmen stehen als die Shagyas? So sehen die Söhne des Mu’niqi Arabal aus. Es sind Fohlen von den beiden stärksten Stuten unserer Herde, die beide in der Linie von Kuhaylan stehen. Schau sie dir an, diese bei den Fohlen. Vor allem Samhun, der größere, hat alle Chan cen, nächstes Jahr in Iffezheim den Preis der Zweijährigen zu gewinnen. Er wurde früh im Jahr geboren, und er hat die ranghöchste Stute, Sahara, als Mutter. Er hat das Zeug, ganz vorn mitzulaufen. Ich habe dem alten Gallion gesagt, er soll ihn an einen Rennstall verkaufen, und er wird sehen, dass ich recht habe. Er soll dreihunderttausend verlangen, denn dem Rennstall, der ihn kauft, wird er innerhalb eines Jahres das Dreifache an Preisgeldern bringen. Aber Gallion hat nur einen Blick für Military- Pferde. Er hat mich ausgelacht. Ob ich mein Leben dar auf verwetten würde, hat er gesagt …«
Hajo blinzelte in die Sonne hinter mir.
»Ich habe Nein gesagt. Da hat er mir eine Wette vorgeschlagen. Wenn Samhun nächstes Jahr in Iffezheim gewinnt, dann hätten mir die beiden nächstjährigen Foh len von Arabal und den Leitstuten gehört.«
Unnötig zu sagen, dass er damit schlagartig zum Millionär geworden wäre.
»Und was hast du dagegengesetzt?«
»Er hat meine Freiheit verlangt, meine Dienste lebens länglich für das Gestüt, freie Kost und Logis und Ta schengeld nach seinem Gutdünken und …« Hajo biss sich auf die Lippen und blickte mich scheel an. »Und ich sollte Siglinde heiraten.«
»Wie bitte? Was … was seid ihr Männer doch für Pferdehändler.«
»Hätte ich ablehnen sollen? Siglinde war dabei. Hätte ich vor ihr sagen sollen: Nein, diese Wette will ich nicht? Wovor hast du Angst, hätte der General gefragt: dass du verlierst und meine Tochter heiraten musst? Ja, willst du sie denn nicht?«
»Aber genau das hast du doch gesagt, als du die Wette annahmst. Du willst zwei Fohlen gewinnen, aber nicht sie. Du hast sie tödlich gekränkt. Sie hat sich gerächt und Arabal vergiftet. Sie hat der Wette die Basis entzogen. Du kannst deinen Gewinn nicht einstreichen, wenn Sam hun den Pokal holt. Aber wenn du verlierst, dann könnte sie ihren Gewinn fordern, denn dann braucht Arabal keine Fohlen mehr zu zeugen.«
»So haben wir nicht gewettet.«
»Doch, genau so, du Dummkopf. Das war die Wette des
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