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Pferdekuss

Pferdekuss

Titel: Pferdekuss Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christine Lehmann
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Generals, aber nicht mit dir, sondern mit seiner Toch ter. Er wollte sie unter Druck setzen. Er hat sie vor die Wahl gestellt, entweder zuzulassen, dass ihr Hauptbe reiter mit dem Vertrag eines Stallburschen zwei erstklassige Pferde sein Eigen nennt und sich zum freien Züchter mausert, oder dafür zu sorgen, dass du sie heira test. Dich hat er vor zwei in seinen Augen glänzende Al ternativen gestellt: zwei Fohlen oder seine Tochter und das gesamte Gestüt. Daran hättest du merken können, dass er nicht mit dir gewettet hat, sondern mit seiner Tochter. Er wusste nicht, dass du sie nicht haben willst. Er glaubte, sie wolle dich nicht, weil sie ihre Vorrangstellung mit keinem Mann teilen will. Aber er traut ihr nicht zu, dass sie das Gestüt allein leiten kann. Er wollte ihr einen Mann an die Seite stellen. Das war allerdings, bevor ihm klar wurde, dass du Analphabet bist. Darum hat Siglinde das auch bei ihm gegen dich ausgespielt. Um diesem Kuhhandel zu entkommen, hättest du die Wette ablehnen müssen. Du hättest sagen müssen: Ich will die Wette nicht gewinnen. Dann hätte Siglinde sich geschmeichelt gefühlt und der General hätte dich für ei nen klugen Mann gehalten.«
    Es war furchtbar zu sehen, wie Hajo das Paradoxon der Wette begriff, die er in jedem Fall hatte gewinnen sollen, und sein Scheitern daran, das sich zu all denen fügte, die er in seinem Leben bereits erlitten hatte, und wie ihm klar wurde, dass der General ihn benutzt hatte wie einen Tölpel, um seine Tochter zu überlisten. Er sah wieder so verletzt aus wie gestern auf der Weide, als ich mich fragte, was ihm Siglinde angetan hatte. Hajo war zwischen die Mühlsteine des Gallion’schen Dramas geraten. Er hatte nicht analysieren können, welches Spiel der General angezettelt hatte, aber seit Arabals Tod ahnte er sehr deutlich, dass Siglinde sich dafür nicht an ihrem Va ter, sondern an ihm rächte. Wortlos wandte er sich ab und schritt den Hang hinauf.
    Falko setzte sich seufzend wieder in Bewegung.
    »He«, schrie ich Hajo hinterher, »lauf nicht weg. Du kannst nicht immer kneifen. Außerdem schuldest du mir Dank. Die beiden wollten dich eben umbringen, falls du das nicht gemerkt haben solltest.«
    Hajo drehte sich um und kam blitzschnell den Hang herab. Er rutschte herab, rutschte mit den Ledersohlen auf dem Gras aus und in mich hinein. Er packte mich, verlor das Gleichgewicht, riss mich runter und lag plötzlich auf mir.
    Falko blieb knucksend stehen, das schaumtropfende Maul genau über mir, die Hufe neben mir.
    Eine Sekunde lang geschah gar nichts. Hajo lag auf mir, wie ein Raubtier beim Kehlbiss darauf lauernd, dass das Opfer durch Bewegung Leben signalisiert, um es sofort totzubeißen.
    »Was willst du eigentlich?«, fragte er schließlich. »Du mühst dich ab, damit ich meinen Namen schreiben kann. Du kommst und rettest mir das Leben. Wozu denn? Wozu so viel Aufwand für einen Stallburschen, eh? Ist das wirklich nichts weiter als Nächstenliebe? Du erscheinst in einem unverschämt unpassenden Kostüm im Stall, lässt dir von Hamsun einen Knopf abbeißen und schaust Palas beim Sprung zu. Gib zu, seitdem denkst du daran. Seitdem spielst du mit dem Gedanken. Was wolltest du denn sonst gestern Nacht bei mir und Hamsun im Stall, hm?«
    Er griff mir ins Haar.
    Ich hieb ihm den Unterarm gegen den Kehlkopf. »Nein!«
    »Was heißt hier nein?«
    »Nein heißt nein. Ich will nicht. Ich will nicht mit dir. Ich will nichts mehr mit Pferden zu tun haben. Ich gehe nach Stuttgart zurück. Ich komme nie wieder.«
    »Du willst. Und heute ist heute.«
    »Ich werde dir empfindlich wehtun«, sagte ich so ru hig wie möglich, »wenn du nicht augenblicklich loslässt.«
    »Das kündigt man nicht an, wenn man es tatsächlich vorhat.«
    Ich hakte den Fuß des Beins, auf dem er nicht lag, unter seinen Schenkel, zog den Arm weg, auf den er sich stützte, und kippte ihn von mir. Das waren zwar nicht die angekündigten Schmerzen, aber Hajo brauchte einen Moment, um sich zu orientieren. Währenddessen sprang ich auf. Ich hätte wegrennen müssen, bekam aber nicht genügend Energie zusammen, auch weil ich gar nicht damit rechnete, dass er so frech war, mich erneut anzuspringen. Ich konnte zwar ausweichen, aber er bekam mich am Handgelenk zu fassen. Gute Reiter ließen nie einen Zügel los, den sie einmal ergriffen hatten. Hajos Kondition war außerdem sichtlich besser als meine. Rei ten war ein Zähigkeitssport.
    »Mit mir spielst du nicht«, sagte er mit der

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