Pferdesommer mit Lara
weigerte, auch nur einen einzigen Schritt weiterzugehen.
»Sie hat keine Lust mehr«, sagte Arne. »Und zwingen mag ich sie nicht. Lass uns morgen weitermachen, ja?«
Er half mir beim Absitzen. Ich war zugleich erleichtert und frustriert.
»So schwierig hab ich mir das echt nicht vorgestellt«, murmelte ich, während ich den Reithelm absetzte.
Auch Arne wischte sich den Schweiß von der Stirn. Der Sonnenbrand auf seinem Nasenrücken leuchtete.
»Nächstes Mal probieren wir das Traben mal mit Sattel. Du wirst sehen, das ist leichter. Im Übrigen ist Reiten Übungssache, wie alles andere auch. Natürlich gehört Einfühlungsvermögen dazu, aber das hast du. Und du bist leicht und beweglich. Ich gehe jede Wette ein, dass aus dir eine gute Reiterin werden kann. Hast du Lust, mit mir Eis essen zu gehen, wenn wir Fee trocken gerieben haben?«
Ich schüttelte den Kopf. »Morgen vielleicht.«
Jetzt wollte ich nur noch nach Hause und duschen und mich in meinem Zimmer verkriechen. Der Frust über mein lächerliches Gehopse hatte sich in mir festgesetzt, egal was Arne auch sagte. Ronja hätte sich bestimmt nicht so dumm angestellt. Sie war ja auch im Sportunterricht immer viel besser gewesen als ich.
Eigentlich hat sie alles besser gekonnt, dachte ich auf dem Nachhauseweg düster. Wir waren wie die zwei Seiten des Mondes gewesen, sie die helle und ich die dunkle. Jedenfalls kam es mir manchmal so vor.
Abends gab es eine längere Diskussion zwischen meinem Vater und mir. Natürlich ging es dabei um Lara.
»Das Tier ist krank!«, sagte er. »Fünfhundert Euro oder mehr für ein krankes Pferd, von dem man nicht weiß, ob es je wieder ganz gesund wird, das ist ein hohes Risiko. Wir wissen auch nicht, was an Tierarztkosten auf uns zukommen würde. Hast du dir das mal überlegt?«
Mama war auf meiner Seite, das spürte ich, doch sie war klug genug, es zu verbergen. »Vielleicht wäre es gut, wenn sich ein Tierarzt die Stute ansehen würde, ehe man sie kauft«, schlug sie vor. »Rede doch mal mit Arne Theisen darüber, Rikke. Die Theisens hatten ihre Pferde bis vor Kurzem in diesem Stall stehen und kennen dort bestimmt noch einen Tierarzt, der Lara untersuchen kann.«
Ich sagte, das wäre eine gute Idee. Mein Vater saß da und musterte mich mit gerunzelter Stirn.
»Bist du sicher, dass du dir die ganze Arbeit und Verantwortung aufhalsen willst und das auch durchhalten würdest? Ein Pferd Tag für Tag versorgen, es putzen und füttern, seinen Stall ausmisten und mit ihm ausreiten - das ist keine Kleinigkeit. Du hast doch schon jede Menge für die Schule zu tun! Und dann denkst du, du könntest mir auch noch im Laden helfen … Wie willst du das alles auf die Reihe kriegen?«
»Ich gebe den Kurs im Jazztanzen auf«, sagte ich. »Der macht mir sowieso keinen Spaß mehr. Das sind schon mal drei Stunden pro Woche und fünfundzwanzig Euro im Monat, die ich einspare.«
»Aha. Und wie willst du die Kaufsumme zusammenkriegen?«
»Ich hab vor zwei Stunden mit Großvater telefoniert. Er sagt, ich könnte das Geld, das er mir fürs Fahrrad schenken wollte, auch für ein Pferd ausgeben.«
Das mit den Geburtstags- und Weihnachtsgeschenken, auf die ich in den kommenden Jahren verzichten wollte, hörte sich mein Vater kommentarlos an. Doch sein Gesichtsausdruck kam mir jetzt nicht mehr ganz so abweisend vor wie am Anfang.
»Natürlich könnte ich deine Hilfe im Laden brauchen«, sagte er. »Drei oder vier Stunden pro Woche wären prima. Mit dem Geld, das du dabei verdienen würdest, wären die monatlichen Kosten für das Pferd abgedeckt. Ist denn dieser junge Typ zuverlässig? Ich meine, bist du sicher, dass er nicht eines schönen Tages daherkommt und sagt, er oder sein Vater hätten sich die Sache anders überlegt und wollten jetzt Geld dafür haben, dass die Stute in ihrem Stall steht?«
Jetzt hatte sich das Blatt gewendet, das wusste ich. Mama lächelte mir verstohlen zu.
»Total sicher, ja!«, erwiderte ich und gab mir Mühe, ruhig und vernünftig zu bleiben. »Arne liebt Tiere. Und es ist ihm wichtig, dass die Stute weiterleben darf und einen guten Platz hat. Er würde sie ja selbst nehmen, wenn sie nicht schon drei Pferde hätten.«
»Du weißt doch überhaupt nicht, wie man ein Pferd versorgt!«
»Das kann man lernen. Arne hilft mir dabei, er hat es versprochen.«
Mein Vater warf mir einen scharfen Blick zu. »Arne hier, Arne da. Man hört ja in letzter Zeit fast nichts anderes mehr von dir. Ich hoffe, das ist ein
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