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Pferdesommer mit Lara

Pferdesommer mit Lara

Titel: Pferdesommer mit Lara Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ursula Isbel
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gewöhnen.«
    »Sie ist so voller Ängste«, murmelte ich. »Glaubst du, dass sie die je wieder loswird?«
    »Sicher. Oder immerhin einen großen Teil davon. Du wirst Geduld brauchen - und Liebe. Mit Liebe kann man bei verängstigten, verstörten Tieren Wunder bewirken. Das hat mir mal ein Tierschützer gesagt.«
    Eine Weile stand Lara mitten auf der kleinen Koppel, noch immer mit trübselig hängendem Kopf. Dann ging sie endlich zum Bach, langsam wie eine Schlafwandlerin, und trank lange von dem klaren, kühlen Wasser.
    Die Pferde der Theisens drängten sich am Zaun und verfolgten jede ihrer Bewegungen mit hocherhobenen Köpfen. Mit geblähten Nüstern witterten sie in den leichten Sommerwind. Ihre Augen waren blank und lebhaft, ihre Ohren gespitzt. Eine Strähne des roten Mähnenhaars fiel Robin in die Stirn und gab ihm ein verwegenes Aussehen.
    Ob Lara je wieder so werden konnte wie sie?

19
    Die Gedanken an Lara ließen mich nicht schlafen. Dauernd sah ich sie vor mir, wie wir sie aus dem Anhänger holten und auf ihre Weide brachten. Sie hatte nichts fressen wollen und schließlich hatten wir den Futtereimer für sie unter einen Baum gestellt. Abends, als wir noch einmal nach ihr schauten, war das Futter noch immer unberührt gewesen.
    Arne fand das nicht weiter schlimm. »Lass sie erst mal zur Ruhe kommen«, sagte er. »Mach dir keine Sorgen.«
    In meinem Zimmer war es heiß und stickig. Unruhig wälzte ich mich in meinem Bett von einer Seite auf die andere und stellte mir vor, wie Lara jetzt einsam auf ihrer Koppel stand. Die enge, dunkle Box des Reitstalls war wie ein Gefängnis gewesen, doch eines, das ihr vertraut war und an das sie sich längst gewöhnt hatte. Hier aber, auf Eulenbrooks Koppel, war alles neu und sicher auch beängstigend für sie.
    Als die Kirchturmuhr vier schlug, hielt ich es nicht länger aus. Ich tappte zum Schrank, schlüpfte in ein dünnes Trägerkleid und schlich im Mondlicht über die Terrasse in unseren winzigen Garten. Mein Fahrrad lehnte an der Rückwand der Garage; es war nicht abgesperrt.
    Der Kies knirschte unter den Reifen, unheimlich laut, wie mir schien, doch nichts rührte sich im Haus, kein Licht flammte auf. Die Straße wirkte im Mondschein wie ein silberner Strom, eingefasst von den dunklen Wällen der Hauswände. Kein Mensch begegnete mir, kein Wagen, nicht einmal der Zeitungsausträger.
    Der erste helle Streifen zeigte sich am Horizont, als ich die Felder erreichte. Ich fuhr am Wäldchen vorbei, hinter dem Eulenbrook versteckt lag. Die Nacht hatte keine Abkühlung gebracht, aber hier wehte ein leichter Lufthauch durch die Bäume und strich mir wie eine weiche Berührung übers Gesicht.
    Der Weg führte auf der alten Holzbrücke über den Bach. Ich hätte mich auch im Dunkeln zurechtgefunden, doch der Vollmond wirkte wie ein Scheinwerfer und ließ die Sterne verblassen. Aus dem Wäldchen kam der Schrei eines Käuzchens. Ein zweites antwortete aus der Ferne.
    Robin und Jago standen irgendwo zwischen den Büschen verborgen. Nur Fee streifte über die Wiese, umflossen von überirdischem Licht. Sie blieb stehen und sah zu mir herüber, als mein Rad über den Trampelpfad holperte.
    Der würzige Geruch nach Pferden und Heu hing in der Luft. Ein leises Schnauben mischte sich in die Käuzchenrufe und von irgendwoher kam das unheimliche keuchende Bellen eines Rehbocks.
    Noch konnte ich Lara nicht sehen, denn sie stand auf dem rückwärtigen Teil der Koppel, der sich zum Bach hin absenkte. Ich lehnte mein Fahrrad gegen das Gatter und streichelte Fee, die gekommen war und mir ihre Nase entgegenstreckte.
    Sie folgte mir ein Stück am Drahtzaun entlang. Plötzlich schlug mein Herz schwer und angstvoll. Ein Gefühl von drohendem Unheil überkam mich wie eine Welle, sodass ich einen Augenblick lang stehen bleiben und tief Luft holen musste. Solche Panikattacken bekam ich manchmal und wusste inzwischen, dass sie mit Ronjas Tod zusammenhingen.
    Jetzt fing ich an zu laufen, lief immer schneller, bis ich den hinteren Teil der Koppel erreichte. Das Mondlicht zauberte silberne Teiche ins Gras, doch die Büsche und Bäume wirkten schwarz und bedrohlich. Wo war Lara?
    Keuchend blieb ich stehen, um das Gatter auszuhängen. Meine Stimme war heiser, als ich Laras Namen rief. Ein unterdrücktes Schnauben kam als Antwort, und mir wurde leichter ums Herz, doch nur für einen Moment, nur so lange, bis ich begriff, dass Fee mir weiter gefolgt war und auf der Nachbarkoppel stand, dicht am Zaun,

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