Pferdesommer mit Lara
das Leben schön sein konnte, sogar ohne Ronja, dass es nicht nur aus einer Kette von trüben, hoffnungslosen Tagen bestand.
Die Stirn an Fees Hals gedrückt, murmelte er: »Ich bin ein ziemlich bescheidener Lehrer. Aber du machst Fortschritte, hast du das gemerkt?«
»Bescheidene«, sagte ich, und wir lachten uns über unsere ausgestreckten Hände mit den Bürsten hinweg an.
Lara stand am Zaun, der die beiden Koppeln trennte. Vor fast drei Wochen hatten wir sie nach Eulenbrook gebracht. Wir ließen sie noch immer allein auf ihrer kleinen Weide stehen, da wir nicht sicher waren, wie sie mit den anderen Pferden - Fee, Jago und Robin - zurechtkommen würde. Sie schien eine Einzelgängerin zu sein, war nach wie vor sehr scheu und voller Ängste und kümmerte sich kaum um die andere Stute und die beiden Wallache.
Die Einzige, die sie manchmal mit gespitzten Ohren beobachtete, war Bonnie, Arnes Labrador-Mischlingshündin. Vielleicht hatte es in Laras früherem Leben ja einmal einen ähnlichen Hund gegeben, der wie Bonnie übermütig durch die Wiesen gerannt war und schnaubend in Maulwurfshügeln gewühlt hatte.
Manchmal dachte ich, dass Bonnie so ziemlich die Einzige war, vor der Lara keine Angst hatte. Sogar Schwalben, die in niedrigem Flug über die Koppeln segelten, konnten sie so erschrecken, dass sie entsetzte Luftsprünge machte und ihr durchdringendes Panikgewieher ausstieß.
Dass sie jetzt am Zaun stand und zu uns herübersah, deutete ich als gutes Zeichen.
»Ich bin immer happy, wenn Lara für irgendwas in ihrer Umgebung Interesse zeigt«, sagte auch Arne. »Wir müssen sie heute unbedingt noch putzen, sie sieht wie ein Erdferkel aus.«
Laras Fellpflege war eines der vielen Probleme, mit denen wir zu kämpfen hatten. Sie ließ sich an einigen Körperstellen nur ungern berühren, scheute zurück, wenn man es am wenigsten erwartete, riss sich los und stürmte davon. Dann stand man mit seiner Bürste in der Landschaft und machte ein dummes Gesicht.
»Aber ihre Haut hat sich gebessert«, sagte ich, wie um mich selbst zu trösten. »Die verkrusteten Stellen sind fast verschwunden. Wahrscheinlich hilft der Tee, den wir ihr jeden Tag ins Futter mischen.«
»Oder die homöopathischen Kügelchen, die Doktor Jansen uns für sie gegeben hat. Und die frische Luft und das gute Futter. Es ist wohl alles zusammen.«
Arne fuhr sich mit dem Handrücken über die Stirn und hinterließ einen Schmutzstreifen. »Nur mit ihren Hufen sieht’s noch nicht besonders gut aus. Das wird eine längere Geschichte werden. Strahlfäule heilt nicht so schnell aus.«
Jetzt ließ Lara wieder einmal den Kopf hängen. Die Fliegen surrten um ihre Nase und setzten sich auf ihre Augen. Ich legte die Bürste ins Gras, zog das Fläschchen mit Citronell-Öl aus der Jeanstasche, ging zu ihr und fing an, sie mit dem scharf riechenden Öl zu betupfen - am Hals, unter dem Kinn, um die Ohren herum und auf der Blesse, die sich von ihrer Stirn bis zu den Nüstern zog.
Immerhin wich sie jetzt nicht mehr zurück, wenn ich sie berührte. Sie beschnupperte mich sogar leicht an der Schulter und blies mir ihren warmen Atem ins Haar.
Zur Abwechslung schwirrten die Fliegen jetzt um mich herum und folgten uns, als wir zum Bach gingen. Dort wusch ich Laras Augen mit dem klaren Wasser aus. Die Entzündung der Lidränder hatte nachgelassen, aber ihre Augen tränten noch immer, besonders wenn es windig war.
Bonnie kam uns nachgelaufen, planschte im seichten Wasser, sah mich herausfordernd an und kläffte. Ich warf einen Stein, und sie machte sich mit heftig wedelndem Schwanz auf die Suche danach, tauchte mit dem Kopf unter, scharrte mit den Vorderpfoten und schleppte schließlich einen anderen riesigen Stein ans Ufer, wo sie ihn sorgfältig an einer bestimmten Stelle neben einem Haufen anderer Steine ablegte, den wir »Bonnies Steinbruch« nannten.
Lara beobachtete sie aufmerksam. Das Wasser tropfte von ihren Nüstern, und für den Bruchteil einer Sekunde glaubte ich, ein Funkeln in ihren Augen zu entdecken, das ich noch nie bemerkt hatte.
Dann kam Arne mit Fee und sagte: »Wir waschen beiden die Fesseln und säubern ihre Hufe. Vielleicht ist es einfacher mit Lara, wenn sie vorher sieht, dass Fee keine Probleme macht und alles ganz harmlos ist.«
Laras Hufpflege war immer eine verteufelte Prozedur, zu der man jede Menge Vorsicht und Geduld brauchte. Wir vermuteten, dass dabei früher jemand sehr grob mit ihr umgegangen war und sie vielleicht verletzt
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