Pflicht und Verlangen
gewesen.
Terencys Vater sei deshalb seinem Sohn gegenüber, der aus dieser
unglücklichen Verbindung stamme, äußerst misstrauisch
eingestellt, da dieser wohl der Mutter in Aussehen und Wesen sehr
gleiche, ja auch schon seit frühester Jugend eine fatale
Veranlagung zur Grausamkeit gezeigt habe«
» Das
würde zumindest einiges erklären«, gab John zu, »aber
nicht entschuldigen. Terency wirkt auf mich nicht völlig dem
Wahnsinn verfallen, mag aber wohl Anlagen dazu haben. Gentlemen, ich
muss Ihnen leider sagen, dass dieser Mann, der auch den Tod Ihrer
bedauernswerten Verwandten zu verantworten hat, nicht geläutert
aus der Ferne heimgekommen ist. Ich habe Grund zu der Annahme –
und auch Beweise –, dass er dort weitermacht, wo er aufgehört
hat. Es ist dringend notwendig, dass ihm das Handwerk gelegt wird.«
Der
ältere Gentleman wiegte bedenklich den Kopf. »Das wird
vermutlich schwierig zu bewerkstelligen sein. Wie Sie wissen, ist die
Familie des Herzogs wirklich sehr einflussreich. Die Verurteilung
eines ihrer Mitglieder – und das auch noch aus solchen Gründen!
– würde auch ein schlechtes Licht auf die Familie selbst
werfen und wird deshalb wohl mit äußerster Anstrengung
verhindert werden.«
Nun
brachte sich auch sein Neffe ein: »Allerdings, wenn wir etwas
dazu beitragen können, werden wir gerne behilflich sein.«
» Ich
werde darauf zurückkommen, Gentlemen«, sagte John und
erhob sich. »Ich danke Ihnen für Ihre Offenheit. Sie haben
mir sehr geholfen.« Mit einer knappen Verbeugung zog er sich
zurück. Er musste über das Gehörte nachdenken und
einen Plan entwerfen, wie Terency endlich beizukommen war. Bei
näherer Betrachtung, so musste er zugeben, hatte Charlotte sich
für das einzig richtige Vorgehen entschieden. Von ihrer Tante
war ja offenbar keine Hilfe zu erwarten. Diese machte sich, ob
ahnungslos oder nicht, zu Terencys williger Helferin, genau wie der
unglückliche Familienvater damals. Die Hilflosigkeit seiner
Opfer war es, die Terency erregte und es war darum die beste
Verteidigung, sich nicht hilflos zu geben, sondern ihm so kühn
wie möglich die Stirn zu bieten, was Charlotte bisher mit
Bravour gelöst hatte. Sie hatte die Sachlage völlig richtig
beurteilt und den für sie einzig gangbaren Weg eingeschlagen.
Weiter seinen Überlegungen nachhängend, begab er sich
hinunter in den Garten und setzte sich auf eine freie Bank, von wo
aus er seinen Blick in die weite Landschaft um Rockbury Castle
schweifen lassen konnte. Er war unsicher darüber, was der
nächste Tag bringen würde.
Als
die Zeit für das an diesem Tage wegen der bevorstehenden Jagd
früher angesetzte Dinner herankam, begab sich John mit den
anderen Gästen zum Festsaal. Auch Charlotte und ihre Tante waren
bereits anwesend. Am Gesicht Lady Millfords war leicht abzulesen,
dass es wieder zu Auseinandersetzungen gekommen war. Charlotte wirkte
in sich gekehrt und setzte sich an ihren Platz zur Rechten von
Terency, der sie nur flüchtig begrüßte und sich dann
anderen Gästen zuwandte. Lady Millford, der dieses zur Schau
gestellte Desinteresse offensichtlich größte Sorge
bereitete, fing daraufhin an, leise, aber umso nachdrücklicher
auf Charlotte einzureden. Diese ließ es schweigend über
sich ergehen. John, der diesmal die Auswahl des Sitzplatzes seinem
Schwager überlassen musste, saß zu weit weg um zu hören,
was gesprochen wurde. Jedoch kam es, wie er während des Dinners
mit Erleichterung bemerkte, glücklicherweise nicht zu weiteren
Disputen zwischen Terency und Charlotte.
Möglicherweise
hatte dieser sich ja seit seiner Niederlage beim morgendlichen Ritt
besonnen und gab auf. John wagte es kaum zu hoffen, wollte es aber
gerne glauben. Alles, was Charlotte weg von der unmittelbaren Gefahr
brachte, war ihm willkommen. Dass Lady Millford ihre Nichte dafür
umso mehr ihren Unwillen spüren ließ, erbitterte ihn zwar,
war in diesem Moment aber das kleinere Übel.
Nach
dem Dinner erhob sich die Festgesellschaft wie am Abend zuvor und
verteilte sich ihren Interessen gemäß. Auf einen Ball
wurde an diesem Abend verzichtet, die Teilnehmer der Jagd mussten für
den frühen Morgen gut ausgeruht sein. Als dennoch unter den
jüngeren Leuten der Wunsch aufkam zu tanzen, erbot sich
Charlotte willfährig, dazu am Piano aufzuspielen. So war sie
beschäftigt und entschuldigt und konnte sich sowohl den
Vorwürfen ihrer Tante wie auch Terency entziehen. Dieser schien
jedoch nach wie vor jedes Interesse an ihr verloren zu
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