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Pflicht und Verlangen

Pflicht und Verlangen

Titel: Pflicht und Verlangen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: E Landys
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Begriffs, schien sich aber erstaunlich schnell in der
durchaus komplizierten und auch etwas ermüdenden Rechtslage
zurechtzufinden.
     » Miss
Brandon, ich muss sagen, ich wünschte mir, meine Angestellten
hätten eine derart schnelle Auffassungsgabe«, meinte David
nach einer Weile erstaunt. »An Ihnen ist ein Jurist
verlorengegangen. Schade, dass Frauen diesen Beruf nicht ergreifen
können. Ich hätte allerdings bisher nicht geglaubt, dass
Angehörige Ihres Geschlechts dafür überhaupt Interesse
aufbringen könnten.«
     » Mr
Battingfield«, erwiderte die junge Dame mit einer leichten
Schärfe in der Stimme, »leider wird viel zu oft davon
ausgegangen, dass wir Frauen uns eigentlich nur für nichtige
Dinge interessieren, was mitnichten der Fall ist. Kleine Mädchen
sind sicher genauso wissbegierig wie kleine Jungen. Nur die Tatsache,
dass ihnen jeder Zugang zu einer wirklich tief gehenden Bildung
verwehrt wird – damit meine ich echte, wissenschaftliche
Bildung –, führt zumindest bei einem Teil von ihnen dazu,
dass sie schließlich resignieren und sich in ihr Schicksal als
Ehefrau und Mutter ergeben. Andere oder vielleicht sogar viele, das
mag ich zugeben, sind allerdings durchaus zufrieden, ja glücklich
mit dem, was ihnen die gesellschaftliche Übereinkunft zugesteht.
Aber eben nicht alle. Ist es nicht so, dass auch junge Männer
über unterschiedliche Fähigkeiten und Geistesgaben
verfügen? Warum sollte das bei Frauen anders sein? Einer der
besonderen und von mir sehr geschätzten Wesenszüge Ihres
Bruders ist es, diese vorgenannte Tatsache durchaus anzuerkennen, ja
geradezu zu begrüßen.«
    David
schmunzelte und betrachtete sie mit Interesse. Das war es also, was
John so überaus beeindruckte: ein eigenständiger,
forschender Geist, der auch bereit war, lange bestehende
Übereinkünfte infrage zu stellen zu Gunsten einer besseren
Gesellschaftsordnung. Aufrichtigkeit gepaart mit Eloquenz und darüber
hinaus weiblicher Liebreiz: So einer Frau musste sein Bruder
zwangsläufig verfallen mit Leib und Leben. Dann aber und weil
ihn der Schalk ritt, antwortete er ihr: »Verehrte Miss Brandon,
hätten Sie meinen Ausführungen wirklich sorgfältig
zugehört, hätten Sie bemerkt, dass ich jedenfalls einen
weiblichen Juristen zu schätzen wüsste. Allein, es ist mir
noch keiner begegnet zu meinem außerordentlichen Bedauern,
wiewohl ich nun erkenne, dass dies keinesfalls im Verschulden der
Damenwelt liegt. Auch ich schätze intelligente Frauen sehr, habe
ich doch selbst das Glück, mit einer solchen verheiratet zu
sein.«
    Da
begann sein Gegenüber ebenfalls zu lächeln und sagte
kokett: »Und hätten Sie, werter Mr Battingfield, meinen Ausführungen sorgfältig zugehört, hätten Sie
bemerkt, dass ich nur ganz allgemein über die Weigerung, die
Bildungsfähigkeit einer Frau anzuerkennen, referierte, nicht
aber über Ihre persönliche Einstellung dazu, die, wie ich
nun bemerke, durchaus unvoreingenommen ist.«
    David
legte den Kopf zurück und lachte schallend. »Miss Brandon,
Sie würden selbst einen erfahrenen Juristen das Fürchten
lehren. Sie wissen, worauf es in unserer Profession ankommt, ohne es
studiert zu haben.«
    Schließlich
fand David einen geeigneten Präzedenzfall, den man heranziehen
konnte. Nach einem solchen hatte er gesucht, um der geplanten
Stiftung von Miss Brandon die notwendige rechtliche Unantastbarkeit
zu verschaffen. Es musste lediglich ein Mann als Stiftungsvorstand
berufen werden, wie in dem betreffenden Präzedenzfall
geschildert wurde. Aber dieser musste selbstredend ein
außerordentlich vertrauenswürdiger Mensch sein, da die
Stifterin ihm sozusagen eine freie Verfügungsgewalt in die Hand
legte. Allerdings ließe sich das Risiko, das damit verbunden
war, sicher durch ein Vertragswerk mit entsprechenden Auflagen
verringern. Ahnend, dass Miss Brandon ihn selbst um die Wahrnehmung
dieser Aufgabe bitten würde, erwähnte er, dass er einfach
schon zu sehr eingebunden sei in seine bestehenden Geschäfte und
die Stiftung seines Bruders, ihr jedoch einen jungen,
vielversprechenden und überaus integeren Anwalt namens Mr
Alexander Plummer empfehlen könne und zudem einen
vertrauenswürdigen und erfahrenen Buchhalter.
    Charlotte
dankte ihm sehr und ließ sich die entsprechenden Adressen von
ihm geben. Dann hatte sie noch etwas auf dem Herzen. »Mr
Battingfield, Sie hatten mir ja im Auftrag Ihres Bruders geschrieben,
dass mir das Recht gewährt würde, in Millford Hall zu
leben, so ich es

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