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Pflicht und Verlangen

Pflicht und Verlangen

Titel: Pflicht und Verlangen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: E Landys
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zwingend
notwendig ist in der Stellung als Vorstand und erster Beirat der
Brandon Stiftung. Wie sieht es denn aus? Konnte Mr Plummer nun den
Vertrag über den Erwerb des zweiten Wohnheims zur Zufriedenheit
aller abschließen?«
    » Oh,
sicher«, sagte Mary eifrig, »alles hat wunderbar
geklappt. Selbst die Unterrichtsräume im Nachbarhaus konnten
angemietet werden.«
    » Ja,
er ist ein sehr fähiger Mann, unser lieber Mr Plummer«,
sagte Charlotte mit einem noch breiteren Lächeln, spielte aber
ohne Pause weiter. »War es draußen eigentlich schon sehr
kühl?«
    » Nein,
eigentlich gar nicht! Mir ist sogar recht warm geworden«,
meinte Mary in einem verträumten Tonfall, der ihr selbst nicht
aufzufallen schien.
    » Das
will ich meinen«, sagte Charlotte. »Kein Wunder, wenn man
bedenkt, welche Kapriolen ein verliebtes Frauenherz schlägt.«
    » Du
weißt es also?«, fragte Mary erschrocken.
    Charlotte
lachte und hörte auf zu spielen: »Mary, ich müsste
blind und taub sein, wollte ich nicht bemerken, wie ihr euch anseht.
Was soll die Geheimniskrämerei? Warum heiratet ihr nicht
endlich? Man kann es ja schon nicht mehr aushalten. Der Mann sieht
dich an wie ein waidwundes Reh! Willst du ihn nicht endlich von
seinen Qualen erlösen?«
    Ihre
Freundin eilte zu ihr hinüber, setzte sich neben sie auf die
Klavierbank und umschlang sie zärtlich. »Dann würde
es dir nichts ausmachen, liebste Charlotte? Ich hatte solche Angst,
es dir zu sagen!«
    Charlotte
löste sich aus der Umarmung und schaute sie mit leichter
Verärgerung an. »Warum das denn? Glaubst du, ich neide dir
dein Glück? Was hältst du von mir?«
    Sie
hielt kurz inne und fuhr milder fort: »Mary, du hast mir so
viel Liebe und Fürsorge angedeihen lassen, das reicht für
zwei Leben. Es ist an der Zeit, dass du ein wenig Eigennutz
walten lässt, um deine Worte zu benutzen.«
    » Ja,
vielleicht hast du recht! Ich liebe ihn auch so sehr. Wer hätte
gedacht, dass ich hier meinen Märchenprinzen finde? Obwohl er
Jurist ist und noch zur Miete wohnt!«
    » Märchenprinzen
wachsen an den absonderlichsten Orten, das lehren uns schon die
Märchen!«, neckte Charlotte.
    » Die
Stiftung würden wir natürlich weiterführen wie
bisher«, sagte Mary nun eifrig. »Alexander meint, dass es
sogar hilfreich wäre für die öffentliche Reputation
der Stiftung, wenn wir Mann und Frau wären.«
    » Dann
wird das wohl so sein«, stimmte Charlotte mit übertriebenem
Ernst zu. »Wenn Alexander das sagt, dann muss es stimmen!«
    » Ach,
du, necke mich nicht!«, sagte Mary und knuffte sie zärtlich.
    » Warum
aber hast du dann so sehr gezögert?«, fragte Charlotte und
meinte es nun wirklich ernst.
    » Weil
ich dich nicht traurig machen wollte! Ich finde mein Glück und
du weißt immer noch nichts von John. Ich kann es nicht mit
ansehen wie du dich sorgst. Ich wünschte so sehr für dich,
er kehrte zurück.«
    » Aber
das würde doch auch nichts ändern«, meinte Charlotte
düster. »Sicher, wenn er heute hierher käme und mich
fragte, ob ich ihm folgen wolle, ich würde bedenkenlos Ja sagen.
Ich schickte ihn nicht mehr fort. Aber trotzdem weiß ich keine
Lösung für unser Problem. Was soll ich nur tun? Was soll
nur aus uns werden? Vielleicht kommt er nicht mehr zurück, das
würde ich nicht ertragen … Ach, Mary, du hast recht,
dieses hoffnungslose Warten macht mich ganz krank. Nur die Arbeit
lenkt mich davon ab.«
    Sie
ließ den Kopf hängen, raffte sich dann aber wieder auf:
»Aber das soll dich nicht davon abhalten, glücklich zu
sein und zwar so sehr du nur irgend kannst. Wenn es eine Frau
verdient hat, glücklich zu sein, dann du, meine liebste Mary!«
    In
diesem Augenblick klopfte jemand ungeduldig an die Eingangstür.
Rosie, das Hausmädchen, ging um zu öffnen. Es war Alexander
Plummer mit einer Zeitung in der Hand. Er war recht blass und wirkte,
als hätte er eben eine schlechte Nachricht erhalten. Mary ging
ihm entgegen und gab ihm zu seiner allergrößten
Verwunderung vor Charlottes Augen einen Begrüßungskuss,
obwohl sie sich gerade erst von ihm verabschiedet hatte. »Sie
weiß es, und sie beglückwünscht uns, Alexander!«,
flüsterte sie ihm zu. In den Zügen des jungen Mannes
kämpfte nun eine absonderliche Mischung aus Freude und
Besorgnis. »Das ist wunderbar, Mary, aber ich fürchte, ich
habe schlechte Nachrichten – oder auch nicht. Ich weiß
nicht, was ich dazu sagen soll! Seht selbst!«
    Er
schlug die Zeitung unter der Rubrik der Todesanzeigen auf.

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