Pflicht und Verlangen
Ihnen!«
Mrs
Sooner griff dankbar nach ihrer Hand. »Gott segne Sie, Miss
Millford! Wir wollen hoffen, dass es nicht zum Schlimmsten kommt.«
Zweites
Buch
Kapitel
15
Dullham
Manor, im Februar 1818
Meine
liebe Mary!
Sicher
hast du dich schon gewundert, weil du so lange nichts von mir gehört
hast, obwohl ich dir versprochen hatte, bald zu schreiben. Viel ist
seit eurer Abreise aus Millford Hall geschehen, was du auch an der
obigen Adresse erkennen kannst.
Tatsächlich
schreibe ich dir aus Dullham Manor, dem Anwesen unseres Nachbarn Lord
Battingfield, dem Baron of Dullham. Ihr habt ihn auf dem Ball auch
kennengelernt, es war jener Gentleman, der nach meinem Tanz mit
Edward zu uns getreten ist, du erinnerst dich sicher.
Lord
Battingfield und seine Gemahlin waren so freundlich, mich für
eine gewisse Zeit zu sich einzuladen, damit der Nachlass meines
Vaters, von dem ich euch berichtete, zügiger geordnet werden
kann. Dr. Banning, der hiesige Pfarrherr und Philosoph, hatte sich
erboten, mir dabei mit Rat und Hilfe zur Seite zu stehen. Er war
übrigens auch auf dem Ball, zusammen mit Mr Townsend, der das
Pianoforte meiner Mutter so wunderbar gerettet hat. Leider kann Dr.
Banning, da er noch viele andere Verpflichtungen hat, nur einen Tag
in der Woche für die Sichtung des Nachlasses erübrigen. Es
hat sich bald herausgestellt, dass es viel zu lange dauern würde,
wenn ich mich dieser immensen Aufgabe nur einmal in der Woche widmen
könnte. Deshalb haben die Gentlemen mich dazu überredet,
mich während eines länger dauernden Aufenthaltes auf
Dullham Manor in weitaus größerem Umfang als eigentlich
vorgesehen darum zu kümmern. Ich muss zugeben, dass es keiner
großen Überredungskunst bedurfte. Ich kann dir kaum
beschreiben, welche Freude und Befriedigung es mir bereitet, mich mit
dem Lebenswerk meines geliebten Vaters beschäftigen zu dürfen,
ganz abgesehen von der wissenschaftlichen Arbeit, die mich ungemein
fesselt. Mit fortschreitender Tätigkeit ist es umso notwendiger,
Fundstücke und Aufzeichnungen miteinander in Einklang zu
bringen, deshalb verbringe ich viel Zeit in der Bibliothek über
den Schriften. Nebenher arbeite ich immer noch an einer Abschrift der
Tagebücher meines Vaters, was mir ebenfalls viel Freude macht,
obwohl es auch manchmal schmerzlich ist, so mit der Vergangenheit
konfrontiert zu werden.
Lady
Millford ließ mich zwar nur ungern ziehen, aber da es für
mich auf Millford Hall außer der Unterhaltung meines Onkels
gerade wenig zu tun gibt und der Verkauf der Fundstücke und
Aufzeichnungen meines Vaters, so ist zu hoffen, zu meiner
finanziellen Versorgung beitragen kann, konnte sie nicht wirklich
dagegen sein. Zumal die Bitte um einen längeren Besuch
meinerseits auf Dullham Manor erstaunlicherweise besonders von Lady
Battingfield geäußert wurde.
Ich
muss dir gestehen, dass ich doch recht froh bin, meiner Tante für
eine gewisse Weile zu entkommen. Vielleicht mangelt es mir an
Dankbarkeit, denn die Millfords haben mich seit dem Tode meiner
Eltern ja versorgt, für meine Erziehung gesorgt und mich sogar
adoptiert. Trotzdem fällt es mir schwer, für Lady Millford
familiäre Gefühle zu entwickeln, obwohl ich mich wirklich
darum bemühe.
Es
tut mir auch sehr leid, euch mitteilen zu müssen, dass sich der
Gesundheitszustand Sir Alistairs noch weiter verschlechtert hat. Wir
hoffen auf den Frühling und dass dieser ihm wenigstens etwas an
Lebenskraft zurückgeben kann. Er ist sehr schwach geworden und
kann nur für kurze Zeit das Bett verlassen. Vielleicht ist das
auch der Grund für die angespannte Gemütslage meiner Tante.
Sie macht sich wohl große Sorgen um ihren Mann und auch um das,
was aus Millford Hall werden soll, wenn der Lord stirbt und kein
männlicher Erbe in Sicht ist.
Der
Gentleman, von dem du damals sprachst, ist also nötiger denn je,
leider aber nicht in Sicht. Obwohl ich vor dem Eintreffen eines
solchen fast genau so viel Furcht empfinde wie vor seinem Ausbleiben.
Wenn doch nur diese Erwartung an mich nicht immerzu unausgesprochen
im Raum stünde! Es ist eine Bedrückung, die jede Freude,
die wir jungen Frauen doch angesichts der Aussicht auf Liebe und
Heirat empfinden sollen, im Keim erstickt.
Von
Mr Terency haben wir seit seinem verfrühten Aufbruch nichts mehr
gehört. Was ihn damals so überhastet abreisen ließ,
kann ich dir leider nicht sagen. Ich hoffe sehr, dass er die
Einladung zur Fuchsjagd vergessen hat. Es ist mir eine höchst
unangenehme Vorstellung,
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