Pflugstein: Kriminalroman (German Edition)
gekommen. Außerdem ist inzwischen allgemein bekannt, dass wir ein Paar
sind. – Warum lächelst du?«
»Weil du
zum ersten Mal das Wort Paar in den Mund genommen hast«, entgegnet sie aufgekratzt.
»Verstehe«,
gibt er schmunzelnd zurück. »Übrigens war die Dosis Äther, mit der man dich betäubt
hat, ziemlich hoch. Überdies warst du an Händen und Füssen gefesselt.«
»Wie schrecklich.
Das erinnert mich an meinen Albtraum«, redet sie dazwischen.
»Inwiefern?«
»Weil ich
mich nicht bewegen konnte.«
»Verstehe.
Ein großes Glück, dass dich dieser Pilzsucher gefunden hat.«
»Ich möchte
mich unbedingt bei ihm bedanken.«
»Später
wirst du dazu noch genügend Zeit haben«, beruhigt er sie.
»Gibt es
außer dem Stein und den Reifenabdrücken noch andere Spuren?«
»Ja, wir
haben eine Kaugummiverpackung sichergestellt. Vielleicht ist sie der Täterschaft
aus Versehen auf den Boden gefallen. Immerhin war es dunkel.«
»Könnte
die nicht auch vom Pilzsammler stammen?«
»Es wird
sich weisen.«
»Vielleicht
kannst du mit diesem Corpus Delicti den Täter endlich überführen?«
»So einfach
ist das nicht. Leider hat es in der Nacht heftig geregnet. Auch hat der Pilzsucher
eine Menge Fremdspuren gelegt. Du hättest die Kriminaltechniker hören sollen, wie
sie geflucht haben.«
»Findet
man eigentlich immer Spuren?«
»Jedes Verbrechen
hinterlässt Spuren, seien es augenfällige oder solche im unsichtbaren Bereich. Wichtig
ist, die Spuren sofort sicherzustellen und auszuwerten. Die erste Regel bei der
Tatortarbeit lautet deshalb: Suchen – finden – sichern. Denn es gibt beim Tatort
gewöhnlich nur einmal eine Chance zur Spurensicherung.«
Sie sieht
ihn forschend an. »Mir scheint, dass du weißt, wer der Täter war. Deshalb hast du
mich heute auch nicht mehr überwachen lassen.«
Er steht
ächzend auf, reibt sein steifes Kreuz und geht hinüber zur Glasschiebetüre.
Sie hievt
sich ebenfalls hoch und folgt ihm nach draußen auf die Terrasse. »Valentin, wer
war es?«, bedrängt sie ihn.
»Schade,
dass du die Täterschaft nicht gesehen hast«, weicht er ihrer Frage aus.
»Vielleicht
brauch ich einfach noch ein bisschen Zeit.«
Er schenkt
ihr einen verständnisvollen Blick.
»Bin ich
jetzt nicht mehr in Gefahr?«, fragt sie hartnäckig weiter.
»Höchstens
vor dir selbst«, gibt er vielsagend zurück.
»Hat der
Täter ausgesagt?«, fragt sie unverblümt.
Er vollführt
ein paar Dehnübungen und verzieht dabei sein Gesicht. »Du lässt wohl nie locker«,
antwortet er schließlich.
»Ich ahne,
wer es war. Von Anfang an kam er mir suspekt vor, aber ich wollte es einfach nicht
wahrhaben.«
»Alles zu
seiner Zeit. Mach dir vorerst mal keine Sorgen. Hast du schon etwas gegessen?«
»Ja, und
du?«
»Wenn du
nichts dagegen hast, wärme ich mir die restlichen Spaghetti auf.«
»Fühl dich
ganz wie zu Hause.«
»Danke,
Viktoria. Danke, dass du mich in dein Leben lässt. Du bist eine wunderbare Frau.«
Sie schenkt
ihm ein warmes Lächeln. »Ich muss mich jetzt hinlegen. Ich glaube, ich habe mir
heute ein bisschen zu viel zugemutet.«
»Ja, dieser
Meinung bin ich auch. Darf ich heute Nacht bei dir bleiben?«
Sie strahlt
ihn an.
88
Möller kann lange nicht einschlafen.
Die Schmerzen in seinem Rücken quälen ihn.
Viktoria
zugewandt betrachtet er sie im fahlen Mondlicht. Sie war ihm immer so unerschütterlich
stark vorgekommen. Jetzt ist er eines Besseren belehrt worden. Um ein Haar hätte
er sie verloren. Besorgt beobachtet er, wie sie sich von einer Seite auf die andere
wälzt und im Schlaf abstruse Worte murmelt. Ja, er wird mit ihr verreisen, wohin
sie will. Auch wenn er nicht weiß, nicht wissen will, wie es zwischen ihnen weitergeht.
Er müht
sich auf und begibt sich in die Wohnküche, um dort ein Glas Wasser zu trinken. Ein
Gefühl von Leere macht sich in ihm breit. Inzwischen weiß er aber, dass sich diese
Leere immer dann einstellt, wenn das Ende einer Ermittlung naht. Von seinem Kollegen
hat er vor wenigen Stunden erfahren, dass alles rund läuft. Auf der Kaugummiverpackung
hat man tatsächlich einen Fingerabdruck sichern und zuordnen können.
Kaum hat er sich wieder neben Viktoria
gelegt, reißt sie sich durch einen wilden Schrei aus dem Schlaf. Er will sie beruhigen,
doch sie schüttelt ihn ab, als kämpfe sie um ihr Leben. Erst als sie ganz wach ist,
lässt ihre Anspannung nach.
»Es ist
immer derselbe Traum«, erklärt sie ihm verzweifelt. »Ich liege unter riesigen
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