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Pforten der Hoelle

Pforten der Hoelle

Titel: Pforten der Hoelle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vampira VA
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und Decke des Zimmers, und Aprils in den vergangenen Wochen geschürte Phantasie hauchte den Gestalten unheimliches Leben ein.
    »Nein, niemals«, antwortete May leise von der anderen Seite des Zimmers her.
    Während ihrer ziellosen Flucht hatten die Schwestern kaum einmal über das gesprochen, was vorgefallen war, jedenfalls nicht wirklich und ausführlich. Erst hier in New York, wo sie sich in einer wenig wohnenswerten Gegend verkrochen hatten, versuchte April das Thema aufzugreifen. Weil es ihr regelrecht auf der Seele brannte. Wenn sie es schon weder vergessen noch verdrängen konnte, würde es vielleicht helfen, darüber zu reden.
    »Sie nannte die Nacht unserer Geburt immer eine ganz besondere Nacht«, fuhr sie fort.
    »Ja. Walpurgisnacht. So nennt man diese Nacht drüben in Europa.«
    April und May hatten in Deutschland das Licht der Welt erblickt, als ihr Vater noch als Captain der U.S. Army dort stationiert gewesen war. In der Nacht vom 30. April zum 1. Mai. Dabei hatte April noch vor Mitternacht den Schoß ihrer Mutter verlassen, May indes wenige Minuten danach. So war es also gekommen, daß sie, obgleich sie Zwillinge waren, an unterschiedlichen Tagen Geburtstag feierten - weil die mitt're Nacht sie trennte; jene Grenze, die einen Tag vom anderen schied - und deren Bedeutung noch größer zu sein schien, als die beiden Mädchen heute zumindest ahnten.
    »Es heißt, die Hexen würden sich in dieser Nacht versammeln, um mit dem Teufel zu buhlen«, erinnerte April sich weiterer Einzelheiten aus den Geschichten ihrer Mutter.
    »Ich dachte immer, Mama wollte uns mit diesen Dingen erschrecken, wenn wir nicht brav waren«, sagte May. April konnte ihr stilles Lächeln fast hören.
    »Ich bin sicher, daß sie nichts anderes wollte.«
    »Ich nicht.«
    »Du meinst ...?« fragte April, beinahe alarmiert. Sie richtete sich ein wenig auf, sah hinüber zum Matratzenlager ihrer Schwester. Mays Gesicht schimmerte fahl im Zwielicht der stickigen Bude. Ein Zucken durchlief ihren Körper, als sie im Liegen die Schultern hob.
    »Wer weiß?« meinte sie. »Vielleicht wußte sie viel mehr, als sie uns je erzählt hat.«
    »Glaubst du, sie hätte uns belogen?« fragte April.
    »Nicht belogen. Nur einen Teil der Wahrheit verschwiegen.«
    »Aber .«
    »Sieh uns doch an!« schnaubte May. »Was aus uns geworden ist! Dieses Schicksal kann kein Zufall sein. Es muß Gründe haben.«
    Obwohl Erregung in ihren Worten mitschwang, klang ihre Stimme doch erschöpft. Sie hatte wenig geschlafen in den vergangenen Wochen. Denn im Schlaf, in ihren Träumen konnte es ohne ihr bewußtes Zutun geschehen. April hatte fast noch weniger Schlaf gefunden. Denn an ihr war es, über Mays Schlaf und Träume zu wachen. Weil nur sie kontrollieren konnte, was May zu bewirken imstande war.
    Mehr denn je waren April und May die beiden Teile eines Ganzen, das die Mitternacht einst gespalten hatte. Ein Geist und eine Kraft, verteilt auf zwei Körper. Ying und Yang.
    Immer wieder war es in den vergangenen Wochen zu »Zwischenfällen« gekommen. Einmal ausgelöst durch den übermächtigen Schock, den die Mordnacht im Haus ihrer Eltern bedeutet hatte, genügten mittlerweile wesentlich nichtigere Anlässe, um May reagie-ren zu lassen. Wann immer sie sich auch nur bedroht fühlte, war sie drauf und dran, die Wirklichkeit niederzureißen und freizulassen, was jenseits davon lauerte. Und es hatte in dieser Zeit sehr viele Situationen für die beiden alleinreisenden Mädchen gegeben, in denen zumindest ein gefahrvoller Hauch geweht hatte. Und nicht immer hatte April ihre Schwester rechtzeitig »bezähmen« können .
    Obwohl jeder neuerliche dieser »Zwischenfälle« an ihrer Kraft und Substanz zehrte, hatte April sich inzwischen halbwegs damit arrangiert und befand sich in einer Art ständiger Alarmbereitschaft. Daß sie darüber binnen weniger Wochen wenigstens optisch um Jahre gealtert war, nahm sie hin.
    Gerade in den letzten Tagen jedoch hatte sie eine neue Entwicklung Mays beobachten können: Sie schien immer weniger zu versuchen, sich zu beherrschen. Mehr noch - May schien Gefallen zu finden an dem, wozu sie in der Lage war. Oder wenigstens doch nahm sie die Gefahren, die sie heraufbeschwor, mehr und mehr auf die leichte Schulter, wenn es ihr und April zum Vorteil gereichte.
    Fehlt nur noch, dachte April, daß sie irgendwann vorschlägt, mit dieser Show in Las Vegas aufzutreten.
    Zu ihrer Überraschung ging dieser Gedanke kaum mit Ironie einher. Denn soweit

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