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Pforten der Nacht

Titel: Pforten der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brigitte Riebe
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Lea ist durchaus heiratsfähig und genau im richtigen Alter!« Sie schniefte leise. Dann änderte sich ihr Tonfall. »Ich wäre schon froh, wenn sie überhaupt einen Mann fände«, sagte sie bekümmert. »Sag selber, ist die Ehe nicht die Bestimmung jedes Menschen?«
    »Schon richtig«, kam es seufzend von Jakub, der sich damit abgefunden zu haben schien, dass an einen raschen Schlaf noch nicht zu denken war, »vorausgesetzt allerdings, die Verbindung ist glücklich. Dann und nur dann strahlt über der Vereinigung von Mann und Frau Gottes Ruhm. Entwickelt sich aber keine Einheit zwischen den beiden, zehrt an ihrem Bund ein dunkles Feuer, das beide verglühen lässt.« Er griff nach ihrer Hand. »Nicht alle haben das Glück, sich so zu lieben, wie wir beide es tun. Meinst du ernsthaft, meine Taube, Lea verzehrt sich nach diesem jungen Schlächter mit den wilden Haaren und den dicken Backen, der stottert, sobald man ihn nur anspricht?«
    »Warum denn nicht? Sind doch nichts als Äußerlichkeiten! Hauptsache, sein Herz ist gut. Und außerdem ist sie so ein braves, liebes Kind.«
    »Das tun wird, was wir es heißen, nur, um uns nicht zu verletzen?« Er schüttelte den Kopf. »Hast du nicht selber vorhin gesagt, sie sei so gut wie erwachsen? Außerdem scheint mir, du kennst unsere Kleine doch nicht so gut! Lea ist lieb, hat aber ihren eigenen Kopf. Und dass darin etwas von einem Aaron sein sollte, ist mir bis jetzt noch nicht aufgefallen.«
    »Es muss aber sein, Jakub!« Recha machte sich los, sprang auf und lief so unruhig in der kleinen Kammer hin und her wie ein gefangenes Tier. »Wir beide leben schließlich nicht ewig!«
    »Auch der fürsorglichste Ehemann wird sie nicht vor den Anschuldigungen schützen können, die man jetzt allerorts gegen uns Juden erhebt«, sagte Jakub nachdenklich. »Ebenso wenig wie ich es kann, als Onkel oder Vater. Ich kann nur hoffen, dass sich dieser Sturm wieder legt und die Christen hier wie andernorts zur Besinnung und damit Vernunft kommen. Leben und arbeiten sie denn nicht schon seit Jahrhunderten Seite an Seite mit uns? Dann müssten sie freilich längst wissen, dass wir nichts mit ihren Hostien im Sinn haben. Und wie wir es in unseren Sitten und Bräuchen mit Menschen- und Tierblut halten!«
    »Davon rede ich doch nicht, Jakub!« Jetzt stand sie vor ihm, mit ängstlich geweiteten Augen und zerrauften Locken. »Er wird kommen und dich fragen - er! Und was wirst du ihm dann antworten? Antworte!«
    »Er? Welcher er? Wen meinst du?«
    »Na ihn, den Färber mit dem Wolfsmaul, Guntram natürlich! Sind dir seine Blicke nicht aufgefallen? Siehst du nicht, wie er sich wie ein hungriges Tier die Lefzen schleckt, wie er um unser Haus streicht? Nicht unseretwillen hat er uns damals vor den feigen Mordbrennern und Plünderern bewahrt, das sag ich dir! Und jetzt ist die Zeit reif, um seine Belohnung einzufordern.«
    »Lea?«
    »Lea«, bekräftigte sie dumpf. »Aber bevor ich sie ihm zum Weib gebe, muss er mich erst mit eigenen Händen erwürgen.«
    »Du hasst ihn ja richtig, Recha! Solche Worte habe ich noch niemals aus deinem Mund gehört. Weshalb? Weil er Christ ist und du Angst hast, das Kind könne schließlich doch zum Glauben ihrer Mutter …«
    »Nein, nicht deshalb!«, unterbrach sie ihn schnell und lauschte hinüber zur Tür, ob nicht dahinter ein Geräusch laut geworden war. »Und sprich gefälligst leiser! Oder sollen sie beide aufwachen und alles mitanhören - Lea und Esra?«
    »Eines Tages werden sie es vermutlich ohnehin erfahren müssen«, sagte Jakub müde. »Manchmal denke ich, wir hätten es ihnen schon längst sagen müssen. Sie haben ein Recht darauf, zu wissen, von wem sie stammen. Außerdem ist es alles andere als eine Schande. Miriam hat Simon so sehr geliebt, dass sie freiwillig übergetreten ist. Ohne Zwang. Aus eigener Überzeugung. Wären alle Frauen ihren Männern auf ähnliche Weise verbunden, es gäbe viel weniger Leid und Streit auf dieser Welt!«
    »Es ist etwas Finsteres um ihn.« Recha redete weiter, als habe sie seine Antwort gar nicht gehört. »Und in ihm. Etwas, das ich nicht benennen kann, manchmal aber beinahe mit beiden Händen greifen. Dämonen umschwirren ihn, Mächte der Finsternis. Gefallene Engel. Das, was die Christen Teufel nennen. Er ist kein guter Mensch, Jakub, glaub mir, auch wenn er damals für uns eingetreten ist. Ich fürchte mich vor ihm. Und mein kleines Mädchen bekommt er nie und nimmer. Das schwöre ich. Bei meinem Leben!«
    »Und du

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