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Pforten der Nacht

Titel: Pforten der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brigitte Riebe
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Rücken trug das Symbol ihres grausamen Triumphes.

Vier
    Guntram Brant bearbeitete seine Hände und Unterarme schon eine ganze Weile mit Wasser und Seife, aber so fest er auch bürstete, richtig sauber wollten sie nicht werden. Er verzog den Mund. Schlimm genug, dass die Leute Tag für Tag über sein Gesicht tuschelten! Sie mussten an der bunt gescheckten Haut den Färber nicht sofort erkennen. Außerdem war er fest entschlossen, die Chance zu nutzen, einer von vielen zu sein - heute Nacht, wo niemand seinen Makel zu sehen brauchte. Den haben seine Alten am Karfreitag gezeugt, flüsterten die Leute hinter seinem Rücken. Wenn nicht noch viel Schlimmeres. Dafür muss er sein ganzes Leben büßen.
    Doch sosehr er sich abmühte, noch immer waren die blauen Streifen deutlich zu erkennen, die er dem ständigen Umgang mit gestampfter und anschließend gepresster Waidasche verdankte, die großen bräunlichen Flecken, die von der Färberröte stammten, in letzter Zeit säckeweise aus dem Thüringischen nach Köln eingeführt. Weiter oben, am Ellenbogen, befanden sich dunkle Reste, Spuren von getrockneter Rauschbeere, mit der sich Barchent tiefschwarz färben ließ, daneben ein schmaler Streifen Safran, Zeugnis des erzbischöflichen Seidenornats, den sie neulich im Färbebad gehabt hatten.
    Ein einträglicher Auftrag, der Hermann, seinen Schwager und Meister, auf der Stelle in beste Laune versetzt hatte. Leider hatte der Erzbischof, der kein Maßhalten kannte, seine Schulden noch immer nicht bezahlt. Dementsprechend rasch war Windecks anfängliche Euphorie auch wieder verflogen. Und selbst wenn Walram von Jülichs Hofmeister die Rechnung doch noch begleichen würde, was hatte er schließlich schon davon?
    Missmutig schrubbte Guntram weiter. Aus ganzem Herzen hasste er sie, die Beizen und Alaune, die Farben wie Waid, Sandelholz, Grünspan und Krapp! Seine Seele hätte er dafür gegeben, niemals im Leben mehr das stechende Aroma von Gallapfel riechen zu müssen und das säuerliche von Pottasche und Weinsteinsäure. Nie wieder mit dem großen Schöpflöffel in stinkenden Brühen herumrühren, niemals wieder die schweren Ballen wässern, aufspannen und trocknen. Kein Färber mehr sein zu müssen, sondern endlich das erlernen zu dürfen, zu dem es ihn seit Kindertagen unwiderstehlich zog!
    Denn von früh bis abends mahlen, mischen und panschen - waren das vielleicht Aufgaben für einen jungen Mann, der nichts mehr liebte als Zahlenreihen und Mechanik? Der im Handumdrehen für das Minoritenkloster einen Brunnen mit einer zylindrischen Winde konstruiert und die erhebliche Kraftersparnis zusätzlich durch ein Tretrad noch gesteigert hatte? Der stolz auf seine geschickten Finger war und, wäre es nach ihm gegangen, nächtelang den Himmel mit seinen Sternenfigurationen beobachtet hätte? Der nur davon träumte, die Zeit mit einem selbst gebauten Chronometer möglichst exakt zu bestimmen, weil er jahrelang vergeblich darum gebetet hatte, sie möge schneller vergehen?
    Seine Mutter tot, bevor er sich erinnern konnte, sein Vater bald darauf gestorben. Kein Erbe, keine Liebe, keine Wärme. Für den Waisen gab es nur noch den Färber Hermann, Sophies Witwer, der irgendwann die dumme Maulwürfin gefreit und ihn eher widerwillig mit seinen Töchtern aufgezogen hatte. Und Regina, die im Beginenkonvent ihr eigenes Leben führte, das ihn ausschloss. Damals war die Zeit sein schlimmster Feind gewesen, ein unerbittlicher Gegner, der ihn klein und schwach gehalten und viel zu lange in die Knie gezwungen hatte. Manchmal hatte er schon befürchtet, niemals zum Mann heranzureifen, der sich gegen die Gemeinheiten der Welt wehren konnte.
    Jetzt aber war er erwachsen und stark. Inzwischen liebte er die Zeit und träumte davon, sie sich wie eine begehrenswerte Frau untertan zu machen. Natürlich hatte er mittlerweile gelernt, sich vorzusehen. Es reichte, was er an Spott über sein Äußeres zu ertragen hatte, seitdem er denken konnte. Vielleicht lag darin der Ansporn für all seine Konstruktionen. Denn eine Vorstellung trieb ihn wie eine unsichtbare Feder voran: es denen eines Tages zu zeigen, die heute noch mit dem Finger auf ihn zeigten oder sich heimlich bekreuzigten, wenn sie ihm begegneten. Den Weibern, die die Finger hinter dem Rücken verkreuzten und ihre Kinder schützend an die Brust zogen, den Männern, die seinen Blick entweder feige mieden oder ihm frech entgegenstarrten. Besonders aber seiner Schwester Regina, der stolzen Begine.
    Allein an

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