Pforten der Nacht
Schwalbengasse geredet, aber wieso eigentlich nicht? Wenn er das ohnehin alles überdenken sollte, wie der Mönch gesagt hatte, konnte er es ebenso gut hier tun wie anderswo.
»Stella«, erwiderte sie nach kurzem Zögern. »Ist das nicht ein schöner Name?« Wahrscheinlich log sie und war in Wirklichkeit Lieschen oder Trude, aber was machte das schon aus? Ihr Blick wurde prüfend. »Du bist zum ersten Mal hier?«
»Sieht man das?«
Sie lachte wieder, anders, kehliger. »Ja, das tut man. Um die Nase bist du ganz weiß, und ich möchte wetten, du hast feuchte Hände!«
»Hab ich nicht. Und bewaffnet bin ich außerdem! Willst du meinen Dolch sehen?«
»Huch - wie gefährlich! Lass ihn lieber stecken! Oder willst du am Ende noch, dass ich Angst vor dir bekomme?«
Johannes zögerte kurz, dann schüttelte er den Kopf und berührte ihren Ausschnitt. Ihre Haut war weich, fast unerträglich weich. Unwillkürlich musste er an die Samtballen denken, die er als Knirps in den geheimnisvollen Mitgiftkisten seiner Mutter hatte streicheln dürfen, wenn sie ausnahmsweise einmal guter Laune war. Stella, oder wie immer sie auch heißen mochte, war nicht mehr ganz jung, aber sie fühlte sich kaum anders an als ein unschuldiges Mädchen.
Beinahe wie Anna … Sie schoss ihm kurz durch den Kopf, aber er wollte jetzt nicht an sie denken.
Er trank, gierig, bis ihm ein dünnes Rinnsal Branntwein aus dem Mund floss. Schneller, als er es für möglich gehalten hatte, war Stella neben ihm und leckte sein Kinn sauber. Dann berührten ihre Lippen seinen Mund, und einen Lidschlag lang spürte er ihre vorwitzige Zunge. Schauer überliefen ihn, und sein Glied wurde hart.
»Mehr?« Aus der Nähe waren ihre Augen heller. Kleine, goldene Flecken tanzten in der Iris. Aber er sah auch die dünnen Schmutzringe um ihren Hals. »Vielleicht willst du mir ja deinen gefährlichen Dolch doch noch zeigen?«
Er nickte. Unfähig, sich zu rühren.
Stella küsste ihn wieder, gierig, feucht. Jetzt spielte ihre Zunge mit seiner, übernahm die Führung, zog sich wieder zurück, um unerwartet vorzuschnellen. Ihr Atem war süß, sie schmeckte wie eine reife, verbotene Frucht. Plötzlich ließ sie ihn los. Beide atmeten heftig. Er konnte nicht aufhören, ihre Brüste anzustarren, die sich hoben und senkten. In den warmen Schenkenmief mischte sich ein frischer Geruch, der aus dem tief ausgeschnittenen Mieder kam. Zarte bläuliche Adern unter dem milchigen Weiß. Ob sie gerade stillte? Ob sie ihn auch von ihrer Milch kosten lassen würde, wenn er sie darum bat?
Draußen leuchteten die ersten Fackeln durch das Dunkel, feurige Geister, die zum Tanz riefen. Es war eine klare, kühle Nacht, noch ganz unter der Herrschaft des Winters. Vereinzelt hörte man ferne Rasseln und Trommeln, schüchtern beinahe, noch wie zur Probe. Alle bewegten sich wie von unsichtbaren Fäden gezogen hinunter zum Alten Markt, wo das Spektakel bald beginnen würde.
Die Schweinshaut vor dem Fenster war an einer Seite eingerissen, kühle Luft strömte herein. Er vergrößerte den Spalt und erstarrte. Der Mann, der breitbeinig ins Hurenhaus gegenüber stolzierte, ein kicherndes Mädchen an jeder Seite, das seinen Nacken kraulte, war niemand anderer als sein Bruder Rutger. Hier also verbrachte er seine Abende, wenn er behauptete, noch wichtige Aufgaben im Kontor erledigen zu müssen!
Sie war seinem Blick gefolgt.
»Du hast noch Zeit«, sagte sie vielsagend, »bevor es richtig losgeht. Genug jedenfalls, um vor dem Schwerttanz der Schmiede das Paradies gründlich kennenzulernen.«
»Und das liegt ausgerechnet zwischen deinen Beinen?« Er hatte Lust, laut zu sein. Sie roh zu behandeln. Einfach nur zu tun, wonach es ihn im Augenblick verlangte. Mit schmalen Augen musterte er sie. Ein warmes, williges Stück Fleisch. Waren das im Grunde nicht alle Frauen?
Stella lachte, packte seine Hand, schob sie unter ihren Rock. Ihr Schoß war heiß und feucht. Er wollte zurückzucken, sie aber hielt ihn fest.
»Ich liebe männliche Jungfrauen«, flüsterte sie. »Besonders, wenn sie so hübsch und sauber sind wie du. Du hast doch Geld?«
Er nickte. Er wollte nur eins: dass sie weitermachte.
»Viel Geld?«
»Genug«, stieß er hervor.
Alles in ihm strebte dieser Hitze entgegen, dieser Feuchte. Wenn er schon kein Mönch werden sollte, wenn er doch nach Italien musste und sich mit Kot beschmutzen, konnte er ebenso gut dieser Dirne beiliegen! Sie war nicht die Welsche, die sein Vater bestieg. Und erst
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