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Phantasmen (German Edition)

Phantasmen (German Edition)

Titel: Phantasmen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kai Meyer
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rot.
    »Falls sie wirklich noch hier ist, was hast du dann vor?«, fragte ich leise.
    »Ich befreie sie.«
    »Blödsinn. Da draußen sind noch immer eine Menge bewaffnete Männer, die nicht einfach dabei zusehen werden.«
    »Er hat keinen Plan«, stellte Emma fest.
    Nein, natürlich hatte er keinen. Denn wie hätte der auch aussehen sollen? Eine Waffe stehlen, alle über den Haufen schießen und Flavie wie ein schlummerndes Dornröschen in die Freiheit tragen, um sie im Schein der aufgehenden Sonne wach zu küssen?
    Tyler richtete sich auf. »Ich geh jetzt da rein. Kommt mit, wenn ihr wollt.«
    Emma nahm seine Stelle an dem Loch in der Tür ein. »Das Gebäude muss die eigentliche Hot Suite sein. Es gibt bestimmt nur einen einzigen Zugang, eine Schleuse oder so was.«
    »Hinter den Wagen«, sagte Tyler. »Sie stehen genau davor.«
    Emma nickte, während sie durch die Öffnung spähte. »Wenn wir es bis zu den … Dingern da drüben schaffen, hätten wir eine bessere Sicht auf das, was da vorgeht.«
    Ich hatte sie auch gesehen: drei kleine Elektrofahrzeuge, offene Metallgestelle mit Rädern, eine Mischung aus Golfcart und Strand-Buggy. Früher mussten sie zur Fortbewegung innerhalb der Höhle gedient haben, vielleicht bei Wartungsarbeiten außerhalb der Hot Suite. Sie parkten links vor der Fassade, etwa zwanzig Meter vom ersten Lionheart-Transporter entfernt. Um dorthin zu gelangen, mussten wir die offene Fläche überqueren.
    Augenblicke später rannten wir so schnell wir konnten auf die drei Gefährte zu. Haven und die meisten seiner Männer hielten sich im Inneren der Hot Suite auf, nur drei waren bei den Wagen zurückgeblieben. Keiner bemerkte uns.
    Jetzt konnte ich auch die Aufzugplattform nach oben sehen. Sie lag einen Steinwurf von der Tür zum Treppenhaus entfernt und war groß genug, um alle sechs Wagen des Konvois auf einmal ans Tageslicht zu bringen.
    Wir erreichten die Buggys und warfen uns dahinter auf den Boden. Tyler lag hinter dem ersten, Emma und ich zwischen dem zweiten und dritten; meine Schwester trug noch immer den Rucksack auf dem Rücken. Wir mussten die Köpfe heben, um an den Sitzen vorbei hinüber zum Konvoi zu blicken.
    Die Eingangsschleuse der Hot Suite befand sich am Ende eines kurzen schlauchähnlichen Gangs, der wie ein Betonarm aus dem grauen Klotz ragte. Ein paar Trümmer lagen umher, rundum ein Teppich aus Glasscherben. Bevor die Salazars die Anlage ein für alle Mal sich selbst überlassen hatten, mussten sie alles verriegelt haben. Haven hatte das Sicherheitsschott kurzerhand gesprengt. Seine Männer liefen mit knirschenden Schritten durch die Überreste, während sie Kisten und Plastiksäcke aus dem Gebäude schleppten und auf den Ladeflächen verstauten.
    Emma stieß mich sachte mit dem Ellbogen an. »Wenn Gott tot ist –«, begann sie.
    »Oh, bitte , jetzt nur ja kein Vortrag.«
    »– dann müsste sein Geist auch in den Kammern sein, oder? Und wenn er da drüben ist, dann wird er irgendwann wiederauftauchen, genau wie all die anderen Geister.«
    Ich blickte zu den Männern hinüber. Sie redeten leise miteinander, während sie Kisten auf die Ladeflächen hievten.
    »Wenn Tiere sterben«, entgegnete ich leise, »dann kehren sie auch nicht zurück.«
    »Aber Gott ist kein Tier.«
    »Jedenfalls kein Mensch.« Ich konnte nicht fassen, dass ich mit ihr dieses Gespräch führte. Hier und jetzt. Überhaupt. Gott konnte mir gestohlen bleiben. Und ihr auch, hatte ich angenommen.
    »Wenn er aber nun ein Geist wäre«, flüsterte sie, »wie lange würde es dann dauern, bis er erscheint?«
    Ich fing einen mörderischen Blick von Tyler auf. Sicher bedauerte er gerade, dass er uns nicht irgendwo zurückgelassen hatte.
    »Paar Milliarden Jahre«, sagte ich so leise wie möglich. »Mindestens. Und jetzt sei still!«
    »Vorausgesetzt, das Ganze beschleunigt sich nicht.«
    »Warum sollte es das tun?«
    »Warum nicht?«
    »Ist gut jetzt, Emma. Heb dir das für später auf.«
    Daraufhin schwieg sie tatsächlich, aber ich sah ihr an, dass das Thema sie weiter beschäftigte. Mehr offenbar als die bewaffneten Söldner ganz in unserer Nähe.
    »Seid ihr jetzt fertig?«, fragte Tyler.
    Ich zuckte die Achseln.
    Er schien noch etwas sagen zu wollen, als am zerstörten Eingang der Hot Suite ein Aufruhr entstand. Stimmen riefen im Inneren durcheinander, etwas rumpelte. »Macht den Weg frei! Holt die Schaufeln und räumt den Schutt zur Seite!«
    Es vergingen einige Minuten, in denen die drei Männer mit

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