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Phantasmen (German Edition)

Phantasmen (German Edition)

Titel: Phantasmen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kai Meyer
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mit dem Rücken gegen das Taxi. »Das hätten wir sehr viel einfacher haben können. Wenn einer von uns nicht auf den cleveren Einfall gekommen wäre, in einem Hubschrauber Amok zu laufen, dann könnten wir jetzt –«
    »Rain.« Wieder Emma, sehr sanft. »Er kennt einen Weg, das hier zu beenden.«
    Schweigen. Blicke. Noch mehr Schweigen.
    »Behauptet er das?«, fragte ich schließlich.
    Sie nickte und schien nicht den leisesten Zweifel zu haben.
    Ich musterte ihn mit neuem Interesse. »Vielleicht kann Gollum ein paar Riesenadler organisieren, die uns gleich zum Scheißschicksalsberg fliegen.«
    Emma verzog keine Miene. »Er will sie aufwecken.«
    »Flavie und die anderen? Nichts leichter als das.«
    »Im Ernst, Rain. Er sagt, Whitehead wird das nicht zulassen, aber er müsse es trotzdem versuchen. Und das kann er nur, wenn wir ihm helfen.«
    »Wir?« Ich breitete die Arme aus. »Herrgott, Emma, sieh dich doch um. Wir stecken bis zum Hals in Geistern, und sobald wir auch nur einen Schritt machen, überstehen wir nicht mal die nächste Smilewave.«
    »Er spürt es früh genug. Auch wenn wir ihnen zu nahe kommen. Mit seiner Hilfe finden wir vielleicht einen Weg.«
    »Er hat einen eingebauten Geisteralarm?«
    »So was in der Art.«
    Mir war klar, dass Sarkasmus uns nicht weiterhalf. Ich zwang mich zu akzeptieren, dass es in unserer Lage besser war, einen Tourguide wie ihn zu haben als gar keinen.
    »Hat er einen Namen?«
    Der Mann öffnete wieder den Mund, brachte aber nur ein Stöhnen zu Stande. Vielleicht lag es daran, dass sein Rachen jahrelang mit Schläuchen vollgestopft gewesen war.
    »Tomasz.« Sie sprach es nicht englisch aus, sondern am Ende mit sch . Dann warf sie dem Probanden einen fragenden Blick zu, als hätte sie etwas nicht richtig verstanden. Mit einem Nicken forderte er sie auf fortzufahren. »Whitehead will versuchen, über Tyler an Flavie heranzukommen. Aber er hat gar nicht vor, das Tor zu den Kammern wieder zu schließen. Ganz im Gegenteil. Er hat den Verstand verloren. Er glaubt, dass sein toter Bruder für all das hier verantwortlich ist.«
    » Jeremy Whitehead?«
    »Ja. Timothy Whitehead denkt, dass sein Zwillingsbruder dahintersteckt. Oder« – wieder ein Blick zu dem Probanden – »das, was von ihm übrig ist, drüben in den Kammern.«
    Einen Moment lang stand mir der Mund offen. »Jeremys Geist will sich an Timothy rächen, weil der ihn ermorden ließ, und dafür lässt er mal eben die Welt untergehen?« Ich stieß mich vom Taxi ab und blickte hinüber zum brennenden Wrack des Helikopters und zu den Geistern, die allmählich zwischen den Flammen und Rauchschlieren sichtbar wurden. »Das ist Unsinn, Emma.«
    Zu meinem Erstaunen nickte sie. »Aber Whitehead glaubt fest daran.« Ich hatte ihren altklugen Blick beinahe vermisst. Früher hatte sie mich damit zur Weißglut gebracht, aber jetzt spürte ich, wie er einen Hoffnungsschimmer in mir weckte. »Vor allem glaubt er, dass die Verbindung zum Licht aufrechterhalten werden muss. So nennt er das wohl. Der Tempel des Liebenden Lichts ist nicht nur eine Geldmaschine, er ist trotz allem auch eine Religion. Whitehead glaubt an das, was er predigt. Das Licht am Ende des Tunnels ist für ihn eine Verheißung, ganz gleich, was um ihn herum geschieht. Und Flavie und die anderen sind die Brücke dorthin. Er wird sie um keinen Preis einreißen.«
    »Und wenn sie sterben?«
    »Das lässt er nicht zu. Seine Leute haben sie tief in Salazars Hypnosekoma fallen lassen. Anders als Tomasz« – sie deutete auf den Probanden – »sind sie längst nicht mehr in der Lage, von selbst zu erwachen.«
    »Weißt du eigentlich, wie sich das anhört?«
    Ihre Gewissheit blieb ungebrochen. »Flavie und die sieben anderen haben das hier angerichtet. Sie haben das Tor zu den Kammern aufgerissen, aus Wut und Hass auf diejenigen, die ihnen all das angetan haben. Sie sind es, die den Geistern die Möglichkeit geben, herüber in unsere Welt zu strömen. Und es kommen immer mehr von ihnen. Sie sind die einzige Waffe, die die Probanden noch haben. Das Instrument ihrer Vergeltung , sagt Tomasz. Die acht sind nicht wirklich tot und können auch nicht mehr leben, weil Whitehead das nicht zulässt. Aber wenn er sie weckt, dann wird sich der Durchgang schließen.«
    »Sagt Tomasz.«
    »Genau.«
    »Wir haben schon mal gedacht, dass wir die Regeln begriffen haben. Und jetzt schweben da oben die Geister von Nine-Eleven und nichts hat mehr Gültigkeit.« Ich machte eine

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