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Phantastische Weihnachten: 24 Geschichten zum Weihnachtsfest (German Edition)

Phantastische Weihnachten: 24 Geschichten zum Weihnachtsfest (German Edition)

Titel: Phantastische Weihnachten: 24 Geschichten zum Weihnachtsfest (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Verschiedene Autoren
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schlagen.
    „Ja, so machen wir das! So machen wir das!“, jubelten die Kinder und tanzten um die Jung-Tannen herum, kaum dass der Vater den Vorschlag ausgesprochen hatte.
    „Ich bekomme den kleineren, du den anderen, weil du mein großer Bruder bist“, bestimmte Emilia.
    Sie war so aufgeregt, dass es mit dem Pilze sammeln an diesem Nachmittag nicht mehr viel wurde. Doch für eine Portion für jeden zum Abendbrot würde es schon reichen.

November, an einem windig-kühlen Tag
    Obwohl es draußen inzwischen keine Pilze mehr gab und es noch fast sechs Wochen bis zum Fest waren, quengelte Emilia immer wieder. Sie wollte in den Wald, nach ihrer Familie Baum sehen. Deshalb nutzten die Eltern ein sonnig-kaltes Wochenende, um mit den Kindern hinauszufahren.
    „Ein Waldspaziergang an der frischen Luft kann uns allen nur guttun“, hatte die Mutter zugestimmt.
    An der Lichtung angekommen, hielt es Emilia nicht mehr bei den Eltern. Sie rannte los, kam als erste bei ihrer Baumfamilie an und stutzte.
    Statt der fünf Bäume standen dort nur noch vier. Die alte Tanne lag gefällt mit ihrem mächtigen Stamm am Boden, die Zweige waren abgetrennt und bildeten einen großen, stacheligen Berg.
    „O, nein! Wer hat das nur getan?“
    Emilia war die Vorfreude vergangen, als sie den Baum so hilflos und kahl vor sich liegen sah.
    „Jetzt haben sie keinen Opa mehr. So wie wir. – Ist er jetzt dort oben im Baumhimmel?“, fragte sie mit Tränen in den Augen.
    Die Eltern sahen sich betreten an. Schon im Oktober beim Pilze sammeln hatten sie die rote Markierung am Stamm des Baumes bemerkt, deren Bedeutung sie kannten. Dass ihre Kleine dessen Schicksal so sehr berühren würde, hatten sie jedoch nicht geahnt.
    Beide trauerten insgeheim um den kürzlich verstorbenen Großvater, und um den Kindern den Verlust leichter zu machen, hatten sie vom Himmel gesprochen, von dem aus der Alte nun auf sie herabsehen würde.
    „Natürlich ist er im Baumhimmel und passt von dort auf seine Kinder und Enkel auf, damit ihnen nichts geschieht“, versicherte der Vater.
    Emilia ließ sich jedoch nur schwer beruhigen.
    „Und wenn jemand unsere Bäumchen wegholt, was dann? Lass sie uns gleich mitnehmen, ja?“, bat sie und wischte sich die Tränen weg.
    „Das geht nicht. Ich habe noch keine Lizenz vom Förster.“
    Der Vater hockte sich auf den Boden und zog seine Tochter zu sich heran. „Wir können die Bäumchen jetzt noch nicht fällen, dann sind sie bis zum Weihnachtsfest nicht mehr frisch und nadeln.“
    Emilia machte sich energisch los. „Du sollst sie doch gar nicht umhauen, dann sind sie tot und die Eltern haben keine Kinder mehr. Das will ich nicht!“ Sie fing erneut zu weinen an.
    „Ich denke du willst die Bäumchen geschmückt in euren Kinderzimmern. Wie stellst du dir vor, wie das gehen soll?“ Tröstlich streichelte der Vater die feuchte Wange der Kleinen. Die zuckte ratlos mit den Schultern. „Jedenfalls nicht umhauen!“ Eigensinnig stampfte Emilia mit dem Fuß auf.
    Markus, der an der Hand seiner Mutter etwas abseits gestanden hatte, fiel etwas ein.
    „Wir könnten die Bäumchen ausgraben und wie unsere Blumen in einen Topf pflanzen. Nach Weihnachten bringen wir sie dann zu ihren Eltern zurück in den Wald.“
    „Ja, das ist toll.“ Augenblicklich versiegte der Tränenstrom und Emilia lachte über das ganze Gesicht.
    „Können wie sie gleich ausgraben und mitnehmen?“
    Noch immer befürchtete das Mädchen, dass jemand anderes ihren Lieblingen etwas antun könnte.
    „Nicht so stürmisch mit den jungen Pferden“, wiegelte der Vater ab. „Wir haben keinen Spaten dabei. – Wir holen sie am nächsten Wochenende“, versprach er, als er Emilias enttäuschtes Gesicht sah. „Versprochen!“
    In den kommenden Tagen gab es für Emilia nur ein Thema: ihre Weihnachtsbäumchen. Schon am Morgen, wenn die Mutter sie zur Kita brachte, redete sie von nichts anderem. Doch am Sonnabend war sie beim Frühstück ungewöhnlich still.
    „Was ist los, Emilia? Heute Nachmittag fahren wir in den Wald und holen die kleinen Tannen. Freust du dich nicht darüber?“
    Verwirrt bemerkte der Vater, dass die Tochter grüblerisch dreinschaute und ihr Honigbrot kaum anrührte.
    „Können wir nicht alle vier Bäume zu uns in den Garten holen? Dann hat die Baumfamilie ein neues Zuhause und kann zusammen bleiben. Und niemand tut ihr was. Keiner haut sie um.“
    „Aber Kind, so große Bäume kann man nicht mehr verpflanzen“, versuchte der Vater zu erklären.

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