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Phantastische Weihnachten: 24 Geschichten zum Weihnachtsfest (German Edition)

Phantastische Weihnachten: 24 Geschichten zum Weihnachtsfest (German Edition)

Titel: Phantastische Weihnachten: 24 Geschichten zum Weihnachtsfest (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Verschiedene Autoren
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„Sie haben lange Wurzeln, die tief ins Erdreich ragen. Wenn die beim Ausgraben beschädigt werden, geht der Baum ein. Wir holen nur die Kleinen. Wie kommst du überhaupt darauf?“
    Emilia schob ihren Teller beiseite und streckte die Arme aus. Der Vater nahm sie auf den Arm.
    „Der Baum-Opa hat es mir gesagt. In der Nacht. Er will nicht, dass seine Familie auseinandergerissen wird.“
    Nach und nach begann Emilia ihren Traum zu erzählen: „Der alte Tannenbaum hat zu mir gesprochen. Er hat mich gefragt, ob es mir gefallen würde, wenn ich und Markus plötzlich von dir und Mama getrennt wären. ‚Nein‘, habe ich gesagt, ‚wir sind doch eine Familie.‘ ‚Wir sind auch eine Familie‘, hat er geantwortet.“
    Die Kleine schmiegte ihren Kopf an den Hals des Vaters.
    „Er hat behauptet, dass seine Enkel es nicht vertragen, wenn wir sie in einen Topf pflanzen und ins Haus holen. Sie brauchen die Kälte und den Waldboden – und wenn die Erde gefroren ist, können sie nicht mehr zurück. Stimmt das wirklich?“
    Der Vater wollte das Kind nicht belügen und so nickte er schließlich.
    „Dann will ich keinen Weihnachtsbaum!“, entschied Emilia.
    „Wir holen einen von woanders“, schlug die Mutter vor und begann den Frühstückstisch abzuräumen.
    „Ein Fest ohne Baum, das geht gar nicht. Wohin soll der Weihnachtsmann eure Geschenke legen?“
    „Auf den Tisch im Wohnzimmer, wo der große Nussknacker steht“, bemerkte die Kleine naseweis.
    „Bitte Mama, keinen abgehackten Baum. Ich habe es dem Opa versprochen.“
    Als sich Markus der Bitte anschloss, gaben die Eltern nach.
    „Im Supermarkt gibt es ganz echt aussehende Kunststoffbäumchen, die sind sogar schon geschmückt und mit ein bisschen Fichtennadelduft...“ Der Vater hob ergeben die Schultern.
    „Und was machen wir mit den schönen alten Baumspitzen, die ich noch von den Urgroßeltern habe, und die bisher zu keinem Fest fehlen durften?“
    Emilia sah die Mama an. Da kam ihr eine wunderbare Idee. Sie kletterte auf deren Arm und flüsterte ihr etwas ins Ohr.
    „Was?“ Verblüfft ließ die ihre Tochter herunter gleiten.
    Als Emilia ihren Vorschlag laut äußerte, schauten auch Markus und der Vater erstaunt drein.
    Doch wer konnte der Kleinen schon etwas abschlagen.
    „So machen wir das. Einverstanden?“, vergewisserte sich der Vater.
    „Ja. Und am ersten Weihnachtstag besuchen wir unsere Baumfamilie auf der Lichtung“, sagten Emilia und Markus einstimmig.

7. Dezember
Merry Midlifecrisis
Von Anne Brodzinski
    Guten Tag.
    Ich möchte mich zuerst vorstellen. Mein Name ist Rudolph oder kurz: Rudi. Bei einigen kommt vielleicht die Erkenntnis, immerhin wurde ohne meine Zustimmung ein nicht sehr nettes Lied über mich geschrieben und wird auch noch alljährlich gesungen.
    Ja, ich bin ein Rentier. DAS Rentier überhaupt, wenn man sich der Sache bewusst wird. Und um eines klarzustellen: Ich habe keine rote Nase, hatte sie nie gehabt. Der Songtext beruht auf der Eifersucht eines Rentierkollegen und meiner damals leicht angeschwollenen Nase aufgrund eines bösen Virus’. Berühmt zu sein ist eine heikle Angelegenheit und erfordert ziemlich viele Nerven und ein gesundes Selbstbewusstsein. Aber das ist nicht das, worüber ich heute reden möchte.
    Es geht genau genommen nicht um mich, sondern um ihn. Ich bin nur ein Mittel zum Zweck. Aber auch wir Rentiere haben Gefühle; vielleicht ist das schwer zu fassen, aber ich hoffe, ich kann Ihnen das irgendwie verständlich machen.
    Fangen wir ganz einfach an. Weihnachten. Jedes Kind kennt es und alle lieben es. Na ja, fast alle. Für manche ist Weihnachten das Fest der Liebe, für andere wiederum das Fest der Heuchelei, einige Familien finden an Weihnachten wieder zusammen, andere zerstreiten sich bis in alle Ewigkeit, weil die böse Großtante vergessen hat, dem geliebtem Stiefsohn des Cousins zweiten Grades Socken zu stricken.
    Weihnachten hat eindeutig an immateriellen Wert verloren. Gäbe es Aktien, ich glaube, sie würden sogar rapide in die Höhe steigen, aber der eigentliche Sinn ist nur noch schwer zu finden. Schade. Ich hätte es nie für möglich gehalten, Ostereier und Schokoladenweihnachtsmänner friedlich nebeneinander im Supermarktregal stehen zu sehen. Aber die Zeiten ändern sich, und ich als Rentier und engster Vertrauter des Weihnachtsmannes muss da wohl durch.
    Obwohl das genau genommen nicht das wahre Problem ist. Die Gier und das Geldscheffeln sind gut bekannte Eigenschaften des Homo sapiens.

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