Phantastische Weihnachten: 24 Geschichten zum Weihnachtsfest (German Edition)
Gameboy. Ein MP3-Player. Doch auf einmal stutzte er. „Ich wünsche mir, mich von meinen Eltern verabschieden zu können“ stand auf dem Wunschzettel in einer ungelenken Kinderhandschrift. Absender war Philipp, 6 Jahre alt.
Engel Albert stand auf. Die Müdigkeit war wie weggeblasen. Er musste unbedingt wissen, was sich hinter diesem Wunsch verbarg. Mit eiligen Schritten ging er zum himmlischen Fernseher, der ihm anzeigte, was in den Wohnungen und Häusern auf der Erde geschah. Und da sah er Philipp. Der Junge saß in einem kleinen Zimmer, das inmitten eines großen Gebäudes lag, und malte in einem Malbuch. Draußen schneite es dicke Flocken, ein paar Kinder bauten einen Schneemann, andere machten eine Schneeballschlacht, doch Philipp saß alleine, seine großen, traurigen Augen auf das Malbuch gerichtet. Und Engel Albert ahnte, was sich hinter seinem Wunsch verbarg. Denn das Gebäude, in dem Philipp saß, war kein gemütliches Heim mit Eltern, einem Haustier und einer Großmutter, die mit den Kindern Weihnachtsplätzchen buk, sondern ein Waisenhaus.
Noch in dieser Nacht flog Engel Albert auf die Erde. Es war die Nacht vor Weihnachten, die Erde lag ganz still. In ein paar Häusern brannten Lichter, weil fleißige Heinzelmännchen die Weihnachtsstuben vorbereiteten und Engel die Geschenke unter den Weihnachtsbaum legten. Aber sonst schlief alles tief und fest.
Leise huschte Engel Albert in Philipps Zimmer.
„Philipp“, flüsterte er. „Wach auf!“
Zuerst bewegte sich der Junge nicht, aber als Engel Albert ihn schließlich sanft an der Schulter zupfte, wachte er auf.
„Wer bist du denn?“, fragte er mit großen Augen, als er den strahlenden Engel an seinem Bett erblickte.
„Ich bin Engel Albert, und ich bin hier, um dir deinen Wunsch zu erfüllen“, antwortete Albert. Dann reichte er dem Jungen seine dicken Wintersachen. „Komm mit.“
Nur wenig später liefen die beiden aus dem Waisenhaus hinaus in die Winternacht. Das heißt, Engel Albert schwebte lautlos über die Erde, und Philipp lief, so dass der Schnee unter seinen Füßen knirschte. Sie gingen durch die Stadt bis zum Waldrand, wo die Tannen unter der Schneelast leise ächzten.
„Hier“, flüsterte Albert. „Wir sind da.“
Es war kaum zu erahnen und für einen zufälligen Spaziergänger mit Sicherheit absolut unsichtbar, aber an einer der Tanne leuchtete ein feines, zartes Licht. Es schien von innen zu kommen, so fein war es, und auch etwas Musik war zu hören, so sanft und weich wie ein fernes Glockenläuten.
Engel Albert berührte den Stamm der Tanne mit seiner Hand, da öffnete er sich plötzlich und eine Tür erschien. Zusammen mit Philipp betrat er den Stamm, der sich innen als eine große, helle Halle entpuppte. Und auf einmal wehte ein starker Wind in der Halle, so dass Philipp seine Mütze festhalten musste, es wirbelte und drehte um ihn herum.
„Was passiert hier?“, rief Philipp durch den windigen Trubel.
„Das ist ein geheimer Weg in den Himmel“, erklärte Albert. „Der ist eigentlich nur für Engel bestimmt, du darfst niemandem verraten, dass ich dich hergebracht habe.“
Philipp war so mit Staunen beschäftigt, dass er ganz vergaß zu antworten. Denn plötzlich legte sich der Wind, und vor ihnen breitete sich der Himmel aus. Strahlend hell und wunderschön.
„Wow“, staunte Philipp. Aber noch viel mehr staunte er, als plötzlich zwei Menschen auf ihn zukamen, seine Eltern. „Mama! Papa!“, rief er und lief auf die beiden zu. Der Vater breitete seine Arme aus, um den Jungen aufzufangen. Dann schwang er ihn in einem hohen Bogen durch die klare Luft des Himmels. Philipp lachte aus vollem Herzen, wie auch seine Mutter und sein Vater. Und plötzlich kam auch noch Murkel, sein kleiner Hund, der vor Jahren eines Tages einfach verschwunden war, aus einer Wolke aufgetaucht, und bellte Philipp glücklich an.
Philipp wandte sich an Albert. „Meine Eltern sind eines Morgens ins Auto gestiegen, aber ich war zu müde, um tschüss zu sagen. Und sie sind nie mehr wieder gekommen“, erklärte er.
„Ich weiß“, sagte Engel Albert. Es war ein böser Unfall, der die beiden aus dem Leben gerissen hatte, Alberts Engelkollege hatte damals noch versucht, die Kollision zu verhindern, aber es war ihm nicht geglückt. Die Eltern hatten ihren Sohn nie wieder gesehen. Und Philipp musste lernen, ohne ihre Liebe und Fürsorge auszukommen, so dass sich seine kleinen Schultern unter der Last der Einsamkeit und Traurigkeit beugten. Doch
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