Phantastische Weihnachten: 24 Geschichten zum Weihnachtsfest (German Edition)
nun konnte er sie wiedersehen. Er vergrub sein Gesicht im Haar seiner Mutter, wie er es als ganz kleiner Junge immer getan hatte. Er roch den Duft ihrer Haut, spürte die Wärme ihrer Hände. Er setzte sich auf die breiten Schultern seines Vaters und tobte mit ihm über den Boden. Für eine kurze Zeit war er wieder unbeschwert und glücklich, doch dann musste Engel Albert mit ihm zurück auf die Erde.
Dieses Mal verabschiedete sich der Junge lange von seinen Eltern. Auch Hund Murkel umarmte er noch einmal kräftig, dann stand er wieder an Albert Seite.
„Danke“, sagte er, nachdem er seinen Eltern ein allerletztes Mal „Auf Wiedersehen“ gewinkt hatte. Eine Träne zitterte im rechten Augenwinkel, aber seine Schultern waren ein bisschen aufrechter. „Jetzt weiß ich, dass es ihnen im Himmel gut geht.“
„Gern geschehen,“ antwortete Albert. „Sie sind auch glücklich, dass du so ein tapferer Junge bist.“ Er zögerte einen Moment, dann beugte er sich zu dem Jungen. „Vergiss nicht, Philipp, du darfst niemandem erzählen, dass ich das für dich getan habe. Es ist für Engel streng verboten, Menschen in den Himmel zu bringen und dann wieder zurück zu führen.“
Der Junge nickte. „Ich erzähle es niemandem.“
Nachdem er Philipp wieder in sein Bett gebracht hatte, kehrte Engel Albert zurück in den Himmel und sortierte die Gameboys, Spielekonsolen, Computer und iPhones. Er musste sich beeilen, um die Geschenke rechtzeitig abzuliefern, doch als er danach mit den Geschenken auf der Erde aus der Tanne stieg, blieb er wie angewurzelt stehen. Denn vor ihm stand ein Kind neben dem anderen. Das ganze Waisenhaus befand sich vor der himmlischen Tanne! Riesige Kinderaugen sahen ihn an, manche bittend, andere neugierig.
„Es tut mir leid, ich habe mein Versprechen nicht gehalten“, sagte Philipp geknickt, der ganz vorne vor der Kinderschar stand. „Meine Freunde möchten auch gerne noch einmal ihre Eltern sehen.“
Engel Albert seufzte tief und kämpfte mit sich. Doch dann nickte er. Er stellte den Sack mit den vielen Geschenken zur Seite und öffnete die Tür zum Himmel. Ein Kind nach dem anderen schlüpfte hinein, bis der Himmel von fröhlichem Kinderlachen widerhallte. Die Kinder spielten mit ihren Eltern, spürten die nie vergessenen Umarmungen und Küsse, hörten ihre Stimmen, die sie sonst nur noch in ihren Träumen hören konnten, fühlten die Liebe, die ihnen einst gehörte. Es rollten ein paar Tränen, aber in allen Kinderaugen leuchtete das helle Licht des Glücks. Auch dann noch, als sie später unter dem Christbaum im Waisenhaus saßen, Weihnachtslieder sangen und ihre Familienfotos ganz fest in den Händen hielten.
Und obwohl Engel Albert das komplette Weihnachtsfest im Himmelsarrest verbringen musste, weil er gegen die himmlischen Regeln verstoßen hatte, so war auch er glücklich. Auch für ihn war es das schönste Weihnachten seit sehr, sehr, sehr, sehr langer Zeit.
13. Dezember
Konferenz mit den Sternen
Von Sabrina Heilmann
„Maman, erzählst du uns eine Geschichte?“, fragte meine achtjährige Tochter Amalia, nachdem ich sie zugedeckt hatte. Luce, mein Sohn, wurde sofort hellhörig, krabbelte zu seiner zwei Jahre älteren Schwester ins Bett, und so sahen sie mich nun an, mit ihren großen dunklen Augen, die sie zweifelsohne von meiner Mutter geerbt hatten.
„Eine Geschichte soll ich euch erzählen? Welche wollt ihr denn hören?“ Ich sank auf den letzten freien Platz im Bett und kuschelte mich zu meinen Kindern in die Decke.
„Eine neue Geschichte“, sagte Amalia.
„Ja, eine neue“, stimmte mein Sohn zu. Denkt nicht, dass meine Kinder sich immer wieder mit den gleichen Geschichten zufrieden gaben. In der Woche wollten sie mindestens vier neue hören. Ich war ihnen schutzlos ausgeliefert, während mein Mann vorm Fernseher saß und die Beine hochlegte.
„Seid ihr sicher, dass ihr nicht die Geschichte von Linda und dem Drachen hören wollt?“, fragte ich, in der Hoffnung, doch noch mit einem blauen Auge davonzukommen.
„Nein, wir wollen eine Weihnachtsgeschichte hören“, drängelte mein Sohn. Ich wusste es. Heute war der 1. Dezember und meine Kinder waren schon völlig in Weihnachtsstimmung.
„Und Onkel David soll darin vorkommen“, kam meine Tochter auf eine großartige Idee und rief damit eine versteckte Erinnerung hervor.
David und ich kannten uns seit der Schulzeit, zogen sogar in eine WG und waren noch heute unzertrennlich. Ich konnte mit ihm über all meine
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