Phantastische Weihnachten: 24 Geschichten zum Weihnachtsfest (German Edition)
annahm.
Als er die Tür öffnete, blickte er in die Augen eines anderen Elfen, die ihn erwartungsvoll musterten. Ein rotes Gewand lag über dessen Schultern, eine braune Zipfelmütze trug er auf dem Kopf.
„Xaramas, hast du nicht Lust, Weihnachten zu feiern? Party ohne Ende“, fragte er.
Xaramas schaute ihn irritiert an. „Was musst du mich stören? Du weißt doch, dass ich was Besseres zu tun habe.“
„Was soll denn daran so besonders sein? Geschenke verteilen und das ganze Jahr Zeit damit verbringen, für die Menschen etwas herzustellen, was sie noch nicht einmal wertschätzen. Außerdem haben sie längst den Glauben an uns verloren.“
Xaramas wurde ungehalten. „Aber nur, weil Elfen wie du sich keine Mühe bei den Geschenken gegeben haben.“ Mit diesen Worten knallte er die Tür mit einem Rums wieder zu und ging den Weg zurück, den er gekommen war. Diese garstigen kleinen Elfen! Immer mussten sie ihn aus den Gedanken reißen – und dann ausgerechnet mit solchen Fragen! Er hatte was Besseres zu tun. Weihnachten war für ihn viel mehr als eine Party.
Höchste Eile war angesagt, es blieb nur noch eine halbe Stunde, dann würden die ersten Menschen zur heiligen Messe aufbrechen. Dann schlug seine Stunde.
Er packte die Sachen zusammen und ließ sie in einem großen Beutel verschwinden. Den Behälter hatte er mal in einem Kramladen gesehen und sofort die Chance ergriffen und ihn mitgenommen. Seinem Onkel hatte er auch einen mitgebracht.
Viele Kisten, Schächtelchen, Plätzchentüten und Dosen verschwanden in dem Beutel, sodass er schon längst aus allen Nähten hätte platzen müssen, doch er war nicht wie die Gewöhnlichen aus Stoff, die schon bei den kleinsten Strapazen ihren Geist aufgaben. Er war nicht gerade groß und doch hätte die halbe Welt darin unterkommen können, denn alles schrumpfte auf eine gewisse Größe zusammen, bis es problemlos in dem Sack herumwirbelte.
Xaramas zog sich nun wieder so an, wie er es Weihnachten immer tat. Wie ein Bettler. Er holte seine alten, halb zerfetzten Sachen aus dem Schrank und zog sich seine kaputten Schuhe an. Dann bedeckte er seinen Kopf mit einer Mütze, zog sich eine löchrige Jacke an und warf sich den Sack über die Schultern, in dessen Inhalt die Menschen sein Hab und Gut vermuteten, und stampfte hinaus in den Schnee. Der verwilderte Garten schien dem Besitzer Platz zu machen, die Pflanzen bogen sich zu den Seiten und ermöglichten einen Durchgang. Schon jetzt war Xaramas aus der Puste. Bei jedem Atemzug atmete er weiße Wolken aus. Schließlich blieb er einige Sekunden stehen, um Luft zu holen. Die Straßenlaternen schienen auf die leeren Gassen, und dann fing es an zu schneien. Weiße Schneeflocken purzelten sanft und leicht herunter. Wie jedes Jahr. Immer hielt sein Onkel dieses Versprechen.
Xaramas lächelte zufrieden und setzte seinen Weg fort. Als er das Südende der Stadt erreicht hatte, begann er. Es grenzte an ein Wunder, das alle Menschen – und damit meinte er wirklich alle – sich anlässlich des Weihnachtsfestes in die Kirche begaben. Das war die Zeit, die der Elf ausnutzte, um heimlich, still und leise die Geschenke in die Wohnungen der Bewohner zu schmuggeln. Für ihn war es ein leichtes Spiel.
Er zückte einen Schlüssel, der seltsam geformt war, und steckte ihn ins Schloss. Auch das war eine der einzigartigen Kleinigkeiten, die er einmal aus dem Kramladen in der Arbenwelt mitgenommen hatte. Eigentlich hatte er ihn für seinen Onkel an sich genommen, doch der bevorzugte immer noch die alte Methode wie vor zweihundert Jahren. Die Geschenke durch den Kamin zu werfen. Dass dabei die ein oder andere Sache kaputtging oder manches im Kamin steckenblieb, kam ihm nicht in den Sinn, aber wenigstens erreichten die Geschenke bei ihm pünktlich ihr Ziel. ‚Meistens‘. In Amerika kam er immer einen Tag zu spät, beziehungsweise hatte er bis heute nicht gelernt, dass er aufgrund der Zeitumstellung besser dort anfangen sollte und die anderen Kontinente zuletzt. Doch sein Onkel hatte sich inzwischen zu sehr dran gewöhnt, um sich nochmal zu ändern.
Der Elf nahm den Sack vom Rücken, flüsterte die Namen, die er zuvor auf der Klingel gelesen hatte, und die Geschenke für die Familie flogen direkt in seine Hand. Sorgsam legte er sie unter den Weihnachtsbaum und stellte eine große Packung Plätzchen für die Familie hinzu. Dann hievte er den Sack wieder über seine Schultern und verschwand.
Eine Stunde später hatte er fast alle Häuser
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