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Phantom des Alexander Wolf

Phantom des Alexander Wolf

Titel: Phantom des Alexander Wolf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: G Gasdanow
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war, so steht zu vermuten, eine rein taktische Finte, die sein Manager mit nachhaltigem Erfolg verbreitet hat. Ein publizistischer Trick au rebours 11 , typisch für die amerikanische Sportpresse.‹
    ›Ich wüsste gerne, wie es weitergeht. Rue Octave Feuillet, das ist nicht weit von der Avenue Henri Martin, wenn ich mich nicht irre.‹
    ›Alle früheren Erfolge Dubois’ lassen sich damit erklären, dass von seinen Gegnern bisher niemand die schlichte Notwendigkeit begriffen hatte, corps à corps zu vermeiden, oder niemand über genügend Technik verfügte, um einen so schlichten Plan in die Tat umzusetzen. Dabei verlor Dubois, sobald er keine Gelegenheit hatte zu einem corps à corps, zugleich seinen größten Vorzug. Johnson begriff das mit der für ihn typischen schnellen Auffassungsgabe, und von diesem Moment an war Dubois chancenlos.‹
    ›Mir steht vielleicht eine neue seelische Reise bevor, eine Fahrt ins Ungewisse, wie es das in meinem Leben schon früher gegeben hat.‹
    ›Sagen wir es frank und frei: Trotz Dubois’ unbezweifelbarer Qualitäten beruhte sein Anspruch auf den Weltmeistertitel natürlich auf einem Missverständnis. Er ist ein ehrlicher Boxkämpe, einer der besten, die wir kennen; aber er hatte nie jene ungewöhnliche und außerordentlich seltene Kombination mannigfaltiger Eigenschaften, ohne die jemand kein Anrecht hat auf einen der ersten Plätze in der Geschichte des Boxens. Aus vielen Jahren und von Hunderten von Boxern bleiben sowieso nur ein paar Namen im Gedächtnis der Sporthistoriker; die letzten sind Carpentier, Dempsey und Tunney. Zwar könnte man Johnson, noch mit einer gewissen Willkür, in ihre Reihe stellen, Dubois dürfte bei diesem Vergleich jedoch nur eine mehr als traurige Rolle spielen, was seine Verdienste im übrigen nicht im geringsten schmälert.‹
    ›Wäre in ihrer Stimme nicht diese überraschende Intonation aufgetaucht, würde ich sie aller Wahrscheinlichkeit nach niemals wiedersehen.‹
    Ich erreichte ein kleines Café unweit der Druckerei und schrieb den Artikel, wie ich ihn unterwegs durchdacht hatte. Dann gab ich ihn in Satz, fuhr nach Hause und legte mich um halb vier Uhr morgens schlafen. Als ich die Augen schloss, sah ich zum letzten Mal die entblößten Körper der Boxer vor mir, das erleuchtete Quadrat des Rings und das überraschende Lächeln meiner Begleiterin – und schlief endlich ein zum Rauschen des Regens, das durch das halboffene Fenster meines Zimmers drang.
    Im Verlauf der gesamten folgenden Woche war ich sehr beschäftigt, ich brauchte Geld, um eine Reihe von Dingen zu bezahlen, an die ich in der letzten Zeit kaum gedacht hatte, deshalb schrieb ich jeden Tag mehrere Stunden lang. Da meistens von etwas die Rede war, worin ich mich nicht auskannte, musste ich zunächst einiges an Material durcharbeiten.
    So war es mit der zerstückelten Frau, da mussten alle Zeitungsmeldungen vor jenem Moment der Ermittlung durchgesehen werden, als ich mich einschaltete; so war es mit dem Finanzskandal, so war es auch mit dem Verschwinden des achtzehnjährigen jungen Mannes. Die ganze Arbeit war umsonst: Der Mörder der Frau konnte nicht gefunden werden, das war von Beginn der Ermittlung an offensichtlich, seit klar war, dass der Mörder keine Spuren hinterlassen hatte; der Bankrott des Finanzunternehmens endete ebenfalls unentschieden, und den Journalisten wurden Instruktionen erteilt, keine Namen zu nennen. Diese Namen gehörten sehr bekannten und geachteten Persönlichkeiten, so dass die Artikelserie anlässlich des Bankenzusammenbruchs etwas deutlich Vorläufiges hatte, und tatsächlich war einige Tage später jeder Hinweis darauf verschwunden; alle wussten, welcher Betrag der Presse für ihr Schweigen gezahlt worden war, doch das änderte nichts an dem Umstand, dass sich das Thema erschöpft hatte. Die Geschichte des jungen Mannes schließlich war auch für niemanden von uns ein Geheimnis, sie erklärte sich aus seiner »speziellen Moral«, wie das in offizieller Sprache genannt wurde; der junge Mann war schlichtweg mit seiner vollen Zustimmung entführt worden, und zwar in die ländliche Villa eines hochberühmten Malers, auch eines Mannes von »spezieller Moral«, doch ein wenig anderer Ausrichtung, so dass sein Umgang mit dem jungen Mann die vollendete Idylle darstellte. Dieser Maler fertigte Porträts von Präsidenten und Ministern, war gut bekannt mit vielen Staatsmännern, bei denen er auch weiterhin friedlich ein und aus ging – und in den

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