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Phantom des Alexander Wolf

Phantom des Alexander Wolf

Titel: Phantom des Alexander Wolf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: G Gasdanow
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nur, was du mir bedeutest, ich habe keinen besseren Freund. Schließlich haben wir dich Hundesohn eigentlich tot vom Boden aufgehoben, der Doktor päppelte dich lange im Krankenhaus hoch, stimmt doch, oder? Und wenn es stimmt – um wessentwillen hat denn Marina mich verlassen? Na? Das war ein Mädel, Sascha! Hast du je eine Bessere gekannt?«
    »Habe ich«, sagte Wolf mit überraschender Festigkeit.
    »Du lügst, das kann nicht sein, Sascha. Ich habe keine gekannt und werde auch keine kennen. Warum schreibst du nicht über sie, und sei es auf Englisch? Sie ist in allen Sprachen prima. Schreib, Sascha, sei ein Freund.«
    Wolf sah ihn an, ohne zu lächeln, dann lenkte er den Blick auf mich.
    »Mich interessiert Ihre Erzählung ›The Adventure in the Steppe‹«, sagte ich, »aus mehreren Gründen, die ich Ihnen, wenn Sie gestatten, in passenderer Umgebung darlegen möchte. Überhaupt würde ich mit Ihnen gerne über einige – aus meiner Sicht – wichtige Dinge reden.«
    »Ich stehe Ihnen zu Diensten«, erwiderte er. »Wenn Sie wollen, treffen wir uns übermorgen, auch hier, gegen fünf. Wladimir Petrowitsch hat mir von seinen Gesprächen mit Ihnen berichtet.«
    »Sehr gut«, sagte ich, »dann also übermorgen, um fünf, auch hier.«
    Ich ging nicht gleich. Wann immer es möglich war, betrachtete ich Wolf mit der begierigen, unverwandten Gespanntheit, die mein gesamtes Verhältnis zu ihm kennzeichnete und die erst in letzter Zeit schwächer geworden war, weil andere, stärkere Gefühle mich beherrschten. Ich bemühte mich, ihn so zu sehen, wie er mir erschienen wäre, wenn ich überhaupt nichts von ihm gewusst hätte, ich suchte die Zwangsvorstellungen wegzuschieben, die meine Einbildungskraft viel zu lange verfolgt hatten und mich jetzt behinderten. Allerdings hätte ich nicht mit Sicherheit sagen können, inwieweit es mir gelang. In Wolfs Gesicht war etwas, so schien mir, das es von anderen Gesichtern, die ich kannte, stark unterschied. Es war ein schwer zu bestimmender Ausdruck, so etwas wie tote Bedeutsamkeit, ein Ausdruck, der auf dem Gesicht eines lebendigen Menschen völlig undenkbar zu sein schien. Für jemanden, der so aufmerksam sein Buch gelesen hatte wie ich, war es eine äußerst merkwürdige Vorstellung, dass gerade dieser Mensch mit dem unbeweglichen Blick und diesem kaum wiederzugebenden Ausdruck eine so rasante und geschmeidige Prosa schreiben und mit diesen erstarrten Augen so vieles sehen konnte.
    »Beneath me lay my corpse with the arrow in my temple« – plötzlich fiel mir das Motto zu »The Adventure in the Steppe« ein. Ja, das war das Wichtigste an ihm – er glich tatsächlich einem Phantom. Wieso hatte ich das nicht von Anfang an begriffen? Für einige Augenblicke wurde mir plötzlich kalt. Und wieder sang die Stimme aus dem Grammophon Wosnessenskis Lieblingsromanze:
    Nichts braucht es, gar nichts,
Weder spätes Bedauern…
    Und mir fiel ein, dass ich mir schon seit langem vorstellte, was jetzt eingetreten war: ein Restaurant, Musik und inmitten trunkener Zigeunermelancholie das tote Gesicht des unbekannten Verfassers von »I’ll Come Tomorrow«. Ich schloss die Augen; vor mir türmte sich ein ungeheures Gemisch von Gedanken, Erinnerungen und Gefühlen, alles durchsetzt von ein paar Motiven und den Melodien, die ich in meiner Phantasie hörte, wenn ich mir Marinas Gesang vorstellte, akkompagniert von Sascha Wolf. Dann wieder erblickte ich mit ungewöhnlicher Klarheit das schwarze Korn der Pistole, schwankend wie im Schlaf, vor meinem rechten Auge. Mir war allmählich, als hätte ich Schüttelfrost, als glitte ich in Fieberwahn.
    Schließlich stand ich auf und ging, trotz der stürmischen Proteste Wosnessenskis; er reckte die Hand, die das Wodkaglas nicht losließ, in meine Richtung und wollte mich überreden, erst noch ein Weilchen hierzubleiben und dann woandershin mitzukommen. Es wäre mir vielleicht sehr schwergefallen, seine hartnäckige Einladung auszuschlagen, aber ich schützte dringende Arbeit vor. Alles, was mit Literatur oder Journalismus zu tun hatte, galt ihm beinahe als heilig, daran konnte auch seine Betrunkenheit, egal welchen Grades, nichts ändern.
    »Dann wage ich Sie nicht zurückzuhalten, lieber Freund«, sagte er. »Ich wünsche Ihnen ein erfolgreiches Mühen.«
    Ich trat aus dem Restaurant – gleich nach Hause zurückkehren mochte ich nicht. Ich ging die Rue de la Convention hinab, in Richtung der Seine. Es war gegen halb zwölf Uhr abends, es war warm, das junge

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