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Phantom des Alexander Wolf

Phantom des Alexander Wolf

Titel: Phantom des Alexander Wolf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: G Gasdanow
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es nicht erklären. In manchen Gefängnissen werden die Häftlinge auf Ehrenwort einen Tag oder zwei in die Stadt gelassen. Sie sind genauso gekleidet wie alle, können genauso im Restaurant speisen oder im Theater sitzen. Dennoch heben sie sich von den anderen ab, nicht wahr? Ich wurde für einige Zeit freigelassen; ich kann weder so denken noch so leben wie alle, weil ich weiß, dass ich erwartet werde.«
    »Das ist eine Form des Wahnsinns.«
    »Mag sein. Im übrigen, was ist Wahnsinn?«
    »Du verstehst jedenfalls, dass es so nicht weitergehen kann. Ich kann so nicht leben.«
    »Jedes andere Leben würde dir jetzt uninteressant vorkommen, bar jeder Anziehungskraft. Du wirst nie wieder so sein, wie du früher warst.«
    »Warum?«
    »Erstens, weil das wenig wahrscheinlich ist.«
    »Und zweitens?«
    »Zweitens, weil ich das nicht zulassen würde.«
    »Du willst sagen, du würdest mich zurückhalten?«
    »Ja.«
    »Auf welche Weise?«
    »Das ist unwichtig, ganz gleich, wie.«
    Hätte dieses Gespräch nicht stattgefunden, wäre sie wohl noch eine Zeitlang mit ihm zusammengeblieben. Aber der Gedanke, sie könnte zu etwas genötigt oder durch Drohung von etwas abgehalten werden, war ihr unerträglich.
    Und nachdem sie ihn verlassen hatte, fand sie bestätigt, dass an seinen Worten doch viel Wahres gewesen war. Seine Nähe hatte sie vergiftet, vielleicht für lange Zeit, vielleicht für immer. Und erst jetzt, zum erstenmal in all den Monaten und Jahren, hatte sie gleichsam das Gefühl, es sei vielleicht nicht unumkehrbar. Sie sagte wortwörtlich diesen Satz:
    »Und erst jetzt denke ich allmählich, vielleicht ist es nicht unumkehrbar.«
    Ich verließ das Fenster und setzte mich neben sie auf den Diwan.
    »Wie warm du bist«, sagte sie.
    »Er weiß natürlich nicht, wo du dich befindest?«
    »Nein, er weiß nur, dass ich weggefahren bin. Ich glaube nicht, dass er mich aufspüren könnte. Dürfte ich mich hinlegen? Mich hat ermüdet, dass ich es dir erzählt habe. Dabei habe ich immer gewusst, dass ich irgendwann einmal jemandem von meinem Leben erzählen werde, weil er mich danach fragen wird und weil ich in diesen Momenten ihn lieben werde. Siehst du, wie lange ich schon von dir weiß?«
    »Ja, natürlich. Und später wirst du jemandem von mir erzählen. Und wirst sagen: Er schrieb Nachrufe und Sportberichte und Artikel über eine zerstückelte Frau – was noch, Lenotschka?«
    »Auch noch, dass du mehr begriffen hast, als du zu sagen verstandst, und dass deine Intonationen ausdrucksstärker waren als die Wörter, die du benützt hast. Aber vielleicht werde ich das auch niemandem sagen.«
    * * *
    Wieder kehrte ich durch die verlassenen nächtlichen Straßen nach Hause zurück, und obwohl ich am liebsten nur geschlafen und an nichts gedacht hätte, konnte ich mich doch dem Nachdenken über diesen Mann, von dem Jelena Nikolajewna erzählt hatte, nicht entziehen. Was war ihm bloß zugestoßen, was hatte diese schreckliche Form einer seelischen Krankheit bei ihm hervorgerufen? Ich wusste, dass die Suche nach dem Ausgangspunkt, an dem jedes seelische Leiden einmal begonnen hat, immer qualvoll und schwierig ist und meist vollkommen fruchtlos. Selbst wenn ich eine absolut richtige Antwort auf diese Frage gefunden hätte, wäre es mir zudem gar nicht möglich gewesen, sie zu überprüfen. Und schließlich – was ging mich eigentlich dieser Mensch an? Ich sah mich nur ein weiteres Mal bestätigt, dass kraft eines stetig wiederkehrenden Zufalls, vielleicht auch kraft anderer Gründe, die mir unbekannt waren, jeder meiner Liebesaffären ein unnötig tragisches Element beigemischt war, und fast nie war es meine Schuld. Gewöhnlich war es die Schuld eines meiner Vorgänger, doch dafür büßen musste zwangsläufig ich. In einigen Fällen hatte mich das Schicksal ganz besonders verhöhnt. Ich konnte nicht vergessen, wie ich einmal einer Frau begegnet war, einer in vielfacher Hinsicht bemerkenswerten Frau, die sich aber durch einen unbegreiflich schauderhaften Charakter auszeichnete; ich verbrachte einige Jahre mit ihr, bedauerte sie aufrichtig und tat alles, damit sie weniger unglücklich wäre, denn sie selbst war das erste Opfer ihrer eigenen Unzulänglichkeiten. Eine größere Zeitspanne innerer Ruhe beeinflusste sie schließlich vorteilhaft – und danach verließ sie mich, wobei sie besonders hervorkehrte, sie hege mir gegenüber keine üblen Gefühle, und mit unbewusster Einfalt meinte, schon das müsste mir als fast

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