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Phantom

Phantom

Titel: Phantom Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Cornwell
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zurückgerufen hatte.«
    »Herrgott noch mal!« Er riß sein tragbares Funkgerät aus der Manteltasche. »Warum haben Sie mir das nicht schon längst erzählt?« Er hob das Gerät an die Lippen. »Sieben-zehn!«
    »Weil ich es bis heute nicht für besonders bedeutend hielt.«
    »Sieben-zehn«, kam die Stimme der Vermittlung krachend und knackend herein.
    »Zehn-fünf, acht-einundzwanzig«, sagte Marino.
    Die Vermittlung stellte die Verbindung mit der Inspektion achthunderteinundzwanzig her.
    »Ich möchte, daß Sie eine Nummer anrufen«, erklärte Mari-no, als er den Gewünschten am Apparat hatte. »Haben Sie Ihr Funktelefon zur Hand?«
    »Ja.«
    Marino gab ihm Jennifer Deightons Nummer und schaltete das Faxgerät ein. Eine Reihe von Klingelzeichen, Piepsern und anderen Geräuschen ertönte.
    Marino sah mich an: »Beantwortet das Ihre Frage?«
    »Es beantwortet eine Frage, aber nicht die wichtigste.«
    Der Name der Nachbarin, die die Polizei gerufen hatte, war Myra Clary. Ich ging mit Marino über die Straße zu dem kleinen aluminiumverkleideten Haus; ein beleuchteter Plastikweihnachtsmann stand im Vorgarten, und in den Buchsbaumpyramiden hingen Lichterketten. Marino hatte kaum auf die Klingel gedrückt, als die Tür auch schon geöffnet wurde und Mrs. Clary uns hereinbat, ohne zu fragen, wer wir waren. Wahrscheinlich hatte sie uns vom Fenster aus kommen sehen.
    Sie führte uns in ein kleines Wohnzimmer, wo ihr Mann mit einer Decke über den Knien vor dem elektrischen Kaminfeuer saß und mit leerem Blick den Mann anstarrte, der auf dem Bildschirm mit verzücktem Gesicht Suppe in sich hineinlöffelte. Alles atmete Vernachlässigung. Die Möbelbezüge waren fadenscheinig und an den strapazierten Stellen speckig, die Holzflächen stumpf von zahllosen Wachsschichten, und an den Wänden vergilbten hinter staubbedecktem Glas billige Drucke. Der Geruch unzähliger Mahlzeiten hing in der Luft.
    Marino erklärte den Grund für unseren Besuch. Mrs. Clary huschte nervös hin und her, räumte Zeitschriften vom Sofa, drehte den Fernseher leiser und trug schmutzige Teller in die Küche. Ihr Mann nahm keine Notiz von ihrer Betriebsamkeit, ebensowenig von uns. Sein Kopf auf dem dürren Hals wackelte leicht.
    »Nein, vielen Dank«, lehnte Marino ab, als Mrs. Clary uns etwas zu essen und einen Drink anbot. »Setzen wir uns. Es war sicher ein aufregender Tag für Sie.«
    »Sie saß im Auto, sagen sie, und atmete die Abgase ein. Schrecklich!«
    »Wen meinen Sie mit ›sie‹?« hakte Marino ein.
    »Die Polizei. Nachdem ich dort angerufen hatte, hielt ich Ausschau, und als die Beamten kamen, lief ich rüber, um zu fragen, was passiert war. Von hier aus hatte es ausgesehen, als wäre die Garage voller Rauch. Ich kann nämlich das kleine Fenster von der Küche aus sehen.«
    Mrs. Clary hielt es nicht in dem Ohrensessel aus, der dem Sofa gegenüberstand, auf dem Marino und ich saßen. Der Haarknoten auf ihrem Kopf hatte sich teilweise gelöst, ihr Gesicht war faltig wie ein vertrockneter Apfel, und in ihren Augen standen zugleich Furcht und Neugier.
    »Sie haben ja schon mit der Polizei gesprochen.« Marino zog den Aschenbecher näher zu sich heran. »Ich möchte aber, daß Sie uns alles noch einmal erzählen, angefangen damit, wann Sie Jennifer Deighton das letzte Mal gesehen haben.«
    »Das war vorgestern.«
    »Also am Freitag«, vergewisserte Marino sich.
    »Ja, am Freitag. Das Telefon klingelte, und ich ging in die Küche, um abzunehmen, und da sah ich sie durch das Fenster: Sie bog gerade mit dem Wagen in ihre Einfahrt ein.«
    »Stellte sie den Wagen immer in die Garage?«
    »Immer.«
    »Und was ist mit gestern, haben Sie sie gestern gesehen?«
    »Nein. Aber etwas anderes. Ich ging raus, um nach der Post zu sehen, die kommt im Winter oft sehr spät; drei, vier Uhr, und noch immer ist keine Post da. Es war kurz nach halb sechs, als ich daran dachte, noch mal in den Briefkasten zu schauen, und da bemerkte ich, daß Rauch aus Jennys Schornstein kam.«
    »Sind Sie sicher?«
    »O ja.« Sie nickte. »Ich dachte noch, es sei der passende Abend für ein Kaminfeuer – aber Feuermachen war immer Jimmys Aufgabe, wissen Sie. Er konnte es wirklich gut, und wenn er etwas wirklich gut konnte, dann ließ er sich das nicht nehmen. Er hat es mir nie beigebracht. Deshalb kaufte ich das elektrische Kaminfeuer, als er kein richtiges mehr machen konnte.«
    Jimmy Clary schaute seine Frau an. Ich fragte mich, ob er verstand, was sie sagte.
    »Ich koche

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