Phantom
ich muß von vorne anfangen. Also gehe ich zu dieser bescheuerten Fete, weil ich mich von den Jungs habe breitschlagen lassen. Ich sitze am Tisch und denke an nichts Böses, und auf einmal kommt diese Tanda daher. Nach zwe i Bieren fragt sie mich nach meiner Telefonnummer. Stelle n Sie sich das vor!«
»Haben Sie sie ihr gegeben?«
»Ich sage: ›He, wenn Sie was von mir wollen, dann geben Sie mir Ihre Nummer, und ich rufe Sie an!‹ Und sie sagt: ›So ein altmodischer Blödsinn!‹ und lädt mich zum Bowling ein. So fing es an. Und geendet hat es damit, daß sie mir eröffnete, sie sei vor ein paar Wochen einem anderen Wagen hinten draufgebrummt und habe eine Anzeige wegen rücksichtslosen Fahrens bekommen. Ich sollte die Sache für sie regeln.«
»Tut mir leid.« Ich holte seine Geschenke unterm Weihnachtsbaum hervor und gab sie ihm. »Ich weiß allerdings nicht, ob Ihre Probleme mit den Damen dadurch verringert werden.«
Er wickelte ein Paar rote Hosenträger und eine passende Krawatte aus. »Wirklich hübsch, Doc. Mann!« Er stand auf, murmelte: »Diese verdammten Entwässerungspillen!« und verschwand.
Als er zurückkam, fragte ich ihn: »Wann waren Sie das letzte Mal beim Arzt?«
»Vor ein paar Wochen.«
»Und?«
»Was glauben Sie?«
»Ich glaube, daß Sie einen hohen Blutdruck haben.«
»Ach, ja?«
»Was genau hat der Arzt gesagt?« wollte ich wissen.
»Hundertfünfzig zu hundertzehn. Und meine verdammte Prostata ist vergrößert. Darum muß ich diese Entwässerungspillen nehmen. Andauernd renne ich aufs Klo, aber jedes zweite Mal ist es blinder Alarm. Der Arzt sagt wenn es nicht besser wird, macht er eine TUR.«
Eine TUR ist eine transurethrale Resektion, kein gefährlicher Eingriff, aber es gibt Schöneres. Marinos Blutdruck machte mir jedoch mehr Sorgen: Er war ein Bilderbuchkandidat für einen Schlaganfall oder einen Herzinfarkt.
»Und meine Knöchel sind geschwollen«, fuhr er fort, »meine Beine tun weh, und ich habe oft scheußliche Kopfschmerzen. Der Arzt meint, ich soll das Rauchen und den Kaffee aufgeben, vierzig Pfund abnehmen und meinen Streß drosseln.«
»Ja, das sollten Sie wirklich tun.« Ich nickte ernst. »Aber ich habe nicht den Eindruck, daß Sie diese Ratschläge beherzigen wollen.«
»Sie sind gut! Der Bursche verlangt von mir, daß ich mein ganzes Leben umkremple! Wären Sie dazu bereit?«
»Nun, ich habe keinen hohen Blutdruck, ich habe vor zwei Monaten und fünf Tagen zu rauchen aufgehört, und wenn ich vierzig Pfund abnehmen würde, wäre ich nicht mehr vorhanden.«
Er starrte vor sich hin.
»Wissen Sie was?« sagte ich. »Ich mache mit. Wir reduzieren gemeinsam unseren Kaffeekonsum und gehen gemeinsam ins Fitneßcenter.«
»Und was tun wir da?«
»Ich spiele Tennis, und Sie machen Gymnastik.«
»Nicht im Traum!«
»Sie sind nicht besonders kooperativ, Marino.«
Unvermittelt wechselte er das Thema: »Haben Sie eine Kopie von Jennifer Deightons Fax?«
Ich holte meinen Aktenkoffer aus dem Arbeitszimmer, ließ die Schlösser aufschnappen und gab ihm einen Ausdruck des Textes, den Vander mit Hilfe seines Spezialgeräts entdeckt hatte.
»Das stand auf dem leeren Blatt, das auf ihrem Bett lag?« fragte er verblüfft.
»So ist es.«
»Aber wieso hat sie es da hingelegt? Normalerweise konnte doch niemand bemerken, daß was draufstand.«
»Das weiß ich auch nicht. Was ist mit dem Anrufbeantworter?
Hat sich da etwas ergeben?«
»Noch nicht. Aber wir sind noch lange nicht mit allen Leuten durch.« Er zog eine Schachtel Zigaretten aus der Brusttasche, hielt jedoch mitten in der Bewegung inne. »Verdammt!« Er knallte die Packung auf den Couchtisch. »Sie werden mich jetzt jedesmal nerven, wenn ich mir eine anzünde, was?«
»Nein, ich werde Sie nur ansehen. Schweigend.«
»Erinnern Sie sich an das Interview mit Ihnen, das vor ein paar Monaten auf PBS gesendet wurde?«
»Vage.«
»Jennifer Deighton hat es aufgezeichnet. Wir ließen die Kassette laufen, die im Videorecorder steckte – und da waren Sie.«
»Wie bitte?« Ich schaute ihn verblüfft an.
»Natürlich waren nicht nur Sie drauf – außerdem noch irgendein Quatsch über eine archäologische Ausgrabung und die Dreharbeiten zu einem Hollywoodfilm hier in der Ge gend.«
»Warum sollte sie ein Interview mit mir aufzeichnen?«
»Sie interessierte sich ganz offensichtlich für Sie. Deshalb auch die geheimnisvollen Anrufe.«
»Was haben Sie sonst noch über sie herausgefunden?«
»Ich muß eine
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