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Phantom

Phantom

Titel: Phantom Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Cornwell
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rauchen! Soll ich rausgehen?«
    »Natürlich nicht.«
    »Bei der Durchsuchung ihres Arbeitszimmers stießen wir auf eine Scheidungsurkunde. Offenbar hatte sie 1961 geheiratet. Zwei Jahre später wurde sie geschieden und nahm wieder ihren Mädchennamen Deighton an. Danach zog sie von Florida nach Richmond. Ihr Exmann heißt Willie Travers. Er ist einer von diesen Gesundheitsfreaks – die Richtung heißt irgendwas mit ›ganz‹.«
    »Ganzheitliche Medizin?«
    »Genau! Er wohnt noch in Florida, in Fort Myers Beach. Ich habe ihn angerufen. Er war nicht sehr gesprächig, aber ein paar Würmer konnte ich ihm aus der Nase ziehen. Er sagt, sie hätten nach der Trennung ein freundschaftliches Verhältnis gehabt und sich öfter gesehen.«
    »Er kam hierher?«
    »Nein. Sie flog zu ihm. Sie trafen sich ›um der alten Zeiten willen‹ sagt er. Das letzte Mal war sie im November dort, um Thanksgiving herum. Ich quetschte auch noch was über die Geschwister der Deighton aus ihm raus. Die Schwester ist viel jünger, verheiratet und lebt im Westen. Der Bruder ist der älteste – Mitte der Fünfzig – und leitet in Columbus einen Supermarkt. Vor ein paar Jahren wurde ihm wegen Krebs der Kehlkopf entfernt.«
    »Moment mal!« warf ich ein.
    »Ich weiß, was Sie sagen wollen: Der Bursche, der Sie im Büro anrief, kann nicht John Deighton gewesen sein: Er hatte keinen Sprechapparat. Der Knabe wußte zwar, daß Jennifer Deightons Bruder in Columbus, South Carolina, lebt, aber über sein Gesundheitsproblem war ihm augenscheinlich nichts bekannt.«
    »Haben Sie Travers gesagt, daß seine Frau ermordet wurde?« fragte ich.
    »Ich sagte ihm, die Todesursache stehe noch nicht fest.«
    »War er in Florida, als sie starb?«
    »Sieht so aus. Ich frage mich, wo Ihr Freund Nicholas Grueman zum fraglichen Zeitpunkt war.«
    »Er ist niemals mein Freund gewesen«, betonte ich. »Wann werden Sie ihn ins Gebet nehmen?«
    »Im Augenblick noch nicht. Bei Leuten wie ihm hat man nur einen Schuß frei. Wie alt ist er eigentlich?«
    »In den Sechzigern.«
    »Kräftig gebaut?«
    »Nein, eher zierlich. Und nicht besonders groß.«
    Marino schwieg.
    »Jennifer Deighton wog über achtzig Kilo«, erinnerte ich ihn. »Und ihr Mörder muß sie ins Auto getragen haben.«
    »Vielleicht hat ihm – Grueman, meine ich – jemand geholfen.
    Ich denke jetzt mal laut. Grueman vertrat Ronnie Waddell, der nicht gerade schwächlich war – oder vielleicht sollte ich besser sagen ist. Waddells Fingerabdruck wurde in Jennifer Deightons Haus gefunden. Wäre doch möglich, daß die beiden gemeinsame Sache machten.«
    Jetzt schwieg ich.
    »Übrigens, ich konnte in ihrem Haus nichts entdecken, woher die Feder stammen könnte, die Sie gefunden haben«, fügte er hinzu. »Sie hatten mich doch gebeten, mich umzusehen.« In diesem Moment ertönte sein Piepser. Er löste ihn vom Gürtel und schaute mit zusammengekniffenen Augen auf das schmale Display. »Verdammt!« fluchte er und ging in die Küche, um zu telefonieren.
    »Was ist… Was? « hörte ich ihn fragen. »Grundgütiger! Sind Sie sicher?« Eine Pause folgte, und als er wieder sprach, klang seine Stimme gepreßt vor Aufregung: »Ich bin bei ih r – wir kommen sofort!«
    An der Kreuzung West Cary und Windsor Way überfuhr er ein Rotlicht und raste mit hoher Geschwindigkeit ostwärts. Kontrollämpchen blinkten, und verschlüsselte Mitteilungen kamen krachend aus dem Lautsprecher des Fonds, während ich Susan vor mir sah, wie sie, den gelben Bademantel fest um sich gewickelt, um sich gegen eine Kälte zu schützen, die nichts mit der Raumtemperatur zu tun hatte, in ihrem abgewetzten Ohrensessel saß. Und ich erinnerte mich an die Furcht in ihren Augen.
    Ich zitterte am ganzen Körper und bekam kaum Luft. Mein Herz klopfte in meinem Hals. Die Polizei hatte Susans Wagen in einem Durchgang gefunden, der von der Strawberry Street abzweigte. Sie saß hinter dem Steuer – tot. Bisher war nicht bekannt, was sie in diesem Teil der Stadt gemacht oder was den Mörder zu der Tat veranlaßt haben könnte.
    »Was hat sie sonst noch gesagt, als Sie gestern bei ihr waren?« fragte Marino, dem ich unsere Unterhaltung zu rekonstruieren versuchte.
    »Mir fällt nichts Aufschlußreiches ein. Sie war nervös. Etwas machte ihr zu schaffen. Ich hatte den Eindruck, daß sie sich fürchtete.«
    »Und wovor? Haben Sie eine Vermutung?«
    »Nein.« Meine Hände zitterten, als ich meine Tasche öffnete, um den Inhalt noch einmal zu überprüfen.

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