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Phantom

Phantom

Titel: Phantom Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Cornwell
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ersten Mal nicht in Anzug und Weste sah. Die schwarze Skihose brachte seine langen muskulösen Beine zur Geltung, die sonst unter konservativem Flanell verborgen waren, und sein farbenfroher Anorak erinnerte mich an einen Sonnenuntergang in Key West. Seine Augen leuchteten, das Gesicht war vom Fahrtwind gerötet. Er wirkte plötzlich viel lebendiger und nicht so distanziert gutaussehend wie sonst Connie hielt mit einem scharfem Schwung neben ihm.
    »Fein, daß Sie da sind!« Ich konnte Wesley nie sehen oder seine Stimme hören, ohne an Mark erinnert zu werden: Sie waren Kollegen und enge Freunde gewesen – und vom Aussehen her hätten sie Brüder sein können.
    »Wo ist Lucy?« fragte Connie.
    »Im Augenblick kämpft sie mit dem Schlepplift.« Ich deutete zum Übungshang hinüber.
    »Ich hoffe, es ist Ihnen recht, daß ich eine Stunde für sie gebucht habe«, sagte Wesley.
    »Es ist mir mehr als recht, tausend Dank! Sie amüsiert sich bestimmt hervorragend.«
    »Ich werde hierbleiben und ihr zuschauen«, meinte Connie.
    »Und dann gehe ich was Warmes mit ihr trinken; sie wird sicher durchgefroren sein. Ben, du siehst aus, als hättest du noch immer nicht genug.«
    »Haben Sie Lust auf eine Abfahrt?« wandte Wesley sich an mich.
    Solange wir in der Schlange vor dem Lift standen, sprachen wir nur über Belangloses. Als endlich ein Sessel für uns kam, ließ Wesley den Sicherheitsbügel einrasten, und wir schwebten langsam dem Gipfel entgegen. Die Luft war berauschend sauber. Man hörte nichts als das Zischen der Skier, wenn unter uns jemand zu Tal fuhr, und ein gelegentliches Schaben, wenn die Skier mit einer Eisplatte in Berührung kamen.
    »Ich habe mit Dauney gesprochen«, sagte Wesley nach längerem Schweigen. »Sie brauchen ihn nur anzurufen und einen Termin mit ihm zu vereinbaren.«
    »Das hört sich vielversprechend an, Benton. Wieviel wissen Sie eigentlich?«
    »Marino hat mich auf dem laufenden gehalten. Meiner Meinung nach haben die Fälle, mit denen Sie im Moment befaßt sind, miteinander zu tun.«
    »So sehe ich es auch. Sie wissen, daß ein Fingerabdruck von Ronnie Waddell in Jennifer Deightons Haus gefunden wurde?«
    »Ja.« Er schaute zu der Baumreihe hinüber, hinter der die Sonne unterging. »Welche Erklärung haben Sie dafür?«
    »Er muß kürzlich bei ihr gewesen sein.«
    »Das läßt nur den Schluß zu, daß ein zum Tode Verurteilter auf freiem Fuß ist und am 13. Dezember ein anderer an seiner Stelle hingerichtet wurde. Aber wer macht bei einem solchen Betrug mit, der ihn das Leben kostet?«
    »Ich habe keine Vorstellung.«
    »Was wissen Sie über Waddells kriminelle Vergangenheit?«
    »Nur wenig – mein Informationsmaterial betrifft hauptsächlich den Mord an Robyn Naismith.«
    »Ich habe ihn vor Jahren einmal besucht.«
    Ich sah ihn abwartend an.
    »Er zeigte sich wenig kooperativ, behauptete, er könne sich nicht daran erinnern, Robyn Naismith getötet zu haben. Das ist allerdings nichts Ungewöhnliches: Die meisten Gewaltverbrecher, mit denen ich bisher zu tun hatte, leiden unter angeblichem Gedächtnisverlust oder leugnen rundweg, die ihnen zur Last gelegten Taten begangen zu haben. Ich habe mir vor Ihrem Eintreffen Waddells Assessment Protocol durchfaxen lassen. Wir werden es uns nach dem Abendessen ansehen.«
    »Ich bin sehr froh, daß ich herkommen durfte, Benton.«
    Der Hang unter uns wurde immer steiler. Benton schaute nachdenklich vor sich hin, und dann fragte er plötzlich: »Wie geht es Ihnen, Kay?«
    Ich wußte sofort, was er meinte. »Besser. Aber es gibt noch immer schlimme Momente.«
    »Die wird es sicher noch lange geben – aber mit der Zeit hoffentlich seltener. Und vielleicht gibt es irgendwann Tage, die ganz unbeschwert sind.«
    »Die gibt es jetzt schon«, sagte ich.
    »Wir sind den Attentätern auf der Spur. Ich glaube, wir wis sen, wer die Bombe gelegt hat.«
    Wir hoben die Spitzen unserer Skier und beugten uns vor, als der Lift uns wie Vogelkinder entließ, die aus dem Nest geschubst werden. Meine Beine waren nach der langen Fahrt kalt und gehorchten mir nur widerstrebend, während Wesley in weichen Schwüngen den Berg hinuntertanzte. Hin und wieder blieb er stehen und schaute sich nach mir um. Ich winkte ihm mit dem Skistock zu, während ich vorsichtig Parallelschwünge machte und doch immer wieder über den Pistenrand hinausfuhr. Nach der halben Strecke hatte ich mich warmgelaufen und fror nicht mehr. Jetzt konnte ich meine Gedanken wieder auf andere Dinge

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